Fahrstunde in den Tod (Emsland-Krimi) (German Edition)
das Gaspedal ist. Winkler bedauerte
den Mann aufs Tiefste, dann dachte er über den aktuellen Fall nach.
Als
seine Gedanken ihn unweigerlich zur ›Schwarzen Witwe‹ führten, beschloss er,
sich noch am Vormittag intensiv mit ihr zu unterhalten. Eine viertel Stunde
später erreichte er sein Büro und traf auf seine Kollegen.
»Moin!
Gleich kommt unser neuer Kollege und Ersatzmann für Böttcher. Keno de Boer
heißt er. Er will sich bei uns vorstellen und soll nächste Woche hier
anfangen«, sagte er, unterdrückte einen Rülpser und setzte sich zur
Kaffeerunde, »der Junge hat mit Auszeichnung abgeschlossen.«
Erik
Eckelhoff, Nichtbesitzer eines Smartphones, stellte die Tasse auf den Tisch und
blätterte dann in seinem Notizbuch herum. Petra Vogt aß genüsslich eine Banane
und warf einen Blick aus dem Fenster. Draußen ging es mächtig voran mit der ›Mep‹,
dem Einkaufsdiamanten des Emslandes, im Mai sollte sie endlich eröffnet werden.
Die Meppener Bevölkerung war schon mächtig gespannt darauf, ob die neue
überdachte Verkaufsmeile mit der Lingener Lookentor-Passage mithalten konnte.
»Wie
heißt der?«, fragte Petra Vogt mit halbvollem Mund und blickte wieder zu
Winkler.
»De
Boer, Keno de Boer. Ist
ein ostfriesischer Name. Der Bursche kommt aus Leer, ist recht jung und
bestimmt bis in die Haarspitzen motiviert, seinen ersten Mörder zu fangen.
Damit sollten wir übrigens auch wieder unseren Tag verbringen. Erik, was hat
die Identifizierung der Leiche von Schuster so ergeben?«
Erik
blätterte in seinem Notizbuch, eigentlich mehr aus Routine, denn seine
Eindrücke hatte er noch im Gedächtnis. »Tja, wo soll ich anfangen? Zuerst habe
ich mich über einige Leute in der Empfangshalle amüsiert, ist ja jetzt egal.
Die Frau Schuster, du nennst sie die ›Schwarze Witwe‹, hat mich völlig
überrascht. Sie ist so kalt, ich glaube, wenn die sich die Hände wäscht, fallen
Eiswürfel ins Waschbecken. Null Anteilnahme, keinerlei Trauer; sie will ihren
Mann so schnell wie möglich unter die Erde bekommen.«
»Das
ist uns auch schon aufgefallen. Erik, du fährst zur Jagdhütte. In einer Stunde
wird eine Hundertschaft Bereitschaftspolizei dort erscheinen. Weis die Kollegen
ein, sie sollen mit der Suche nach der Tatwaffe beginnen. Wenn ich unseren
neuen Kollegen begrüßt habe, kommen wir beide nach. Und klapper die Nachbarn
ab, heute ist Klinkenputzen angesagt. Vielleicht hat ja jemand was gesehen?«
Eckelhoff
packte sein Notizbuch ein und erhob sich. »Gut. Ich rufe vorher noch bei der
KTI an und erkundige mich nach den Ergebnissen.« Weg war er.
Während
Winkler auf den Neuling aus Leer wartete, suchte Petra die Telefonnummer von
Gisela Lorenz raus. Sie tippte sie ins Telefon und nach geschätzten fünf
Minuten meldete sich jemand.
»Damensalon
Lorenz«, drang eine weibliche Stimme ziemlich abgehetzt durch den Hörer.
»Oh!
Entschuldigen Sie die Störung. Habe ich Sie von was Wichtigem weggeholt?« Petra
dachte an die Toilette, es kam schon öfter vor, dass sie Leute vom Klo
gescheucht hatte.
»Ja,
ich schneide gerade jemandem die Haare«, antwortete die Frau kurzatmig.
»Ach
so, ich dachte schon, es ist was Schlimmes passiert. Sind Sie Frau Lorenz?«
»Ja,
am Apparat. Ich sage Ihnen aber gleich, dass ich die nächsten zwei Wochen
ausgebucht bin.«
»Ich
möchte nicht meine Haare schneiden lassen. Mein Name ist Petra Vogt, Kripo
Meppen. Ich habe ein paar, na sagen wir mal, sehr persönliche Fragen an Sie. Es
geht um den verstorbenen Gerd Schuster. Sie habe es doch heute in der Zeitung
gelesen? Ich meine, was ihm passiert ist?«
Am
anderen Ende der Leitung wurde es ruhig.
Petra
ließ einige Sekunden verstreichen und gab der Frau Zeit, sich zu fassen. Dann
dauerte es doch etwas länger. »Hallo? Frau Lorenz? Sind Sie noch da?«
»Ja
…, kommen Sie gegen Abend …, so um achtzehn Uhr zum Salon. Geht das?«, fragte
sie mit stockender Stimme.
»Gut,
Frau Lorenz, dann bis heute Abend.«
Kapitel 13
Pünktlich um neun Uhr klopfte es an Winklers offenstehende
Bürotür. Er hob seinen Blick von der Schreibtischunterlage, auf dem er den
IKEA-Katalog abgelegt hatte, und sah in Richtung Tür.
»Guten
Morgen! Sind Sie Hauptkommissar Winkler?« Ein rothaariger Hüne von weit über
zwei Metern Körpergröße stand gebeugt im Türrahmen.
»Ja,
bin ich. Moin! Kommen Sie rein, Herr de Boer. Ist doch richtig, oder?« Winkler
erhob sich und begrüßte den schlanken Ostfriesen mit festem Händedruck. Der
drückte
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