Fahrstunde in den Tod (Emsland-Krimi) (German Edition)
auskunftsfreudig.
Winkler
kannte diese Art von Leuten: Erst mal wichtig herumlabern, auf dicke Hose
machen und sich für unentbehrlich halten.
»Vollfahrlehrer?
Was ist das denn?« Er zog eine Augenbraue hoch und zuckte mit den Schultern.
»Einer,
der alle Scheine hat. Ich meine für Trecker, Motorrad und Lkw. Auch für ASP und
ASF und … «, gab der Allrounder von sich.
Winkler,
dem diese Buchstabenkombinationen nichts sagten, unterbrach ihn in seinem
Redefluss. »Herr Olfens, wir wollen erst mit Frau Schuster sprechen,
anschließend können wir uns noch weiter unterhalten, hätten Sie gleich Zeit für
mich?«
»Natürlich,
kein Thema! Ich muss nur eben eine Prüfung fahren, mit Olga. Wir sind in zehn
Minuten dran.« Er wies in Richtung Fahrschulwagen, in dem die Frau zum achten
Mal den Spiegel richtig einstellte.
Winkler
zog seine Stirn kraus und blickte dann in das Gesicht des Mannes mit dem
Ferrari-Capi auf dem Kopf. »Und? Packt sie es?« Er hatte zwar keine Ahnung, wie
eine Führerscheinprüfung abläuft und welche Maßstäbe heute galten, aber eins
war ihm klar: Die Frau würde nach der Prüfung mit dem Fahrrad nach Hause fahren
oder abgeholt werden. Kein Thema!, dachte er und lächelte den Vollfahrlehrer
an.
»Könnte
knapp werden«, mutmaßte Olfens, »es geht bei ihr normal los, dann, irgendwann
und ganz plötzlich haut die Dinger raus, das ist die Härte. Aber heute? Na, ja,
wir versuchen es.«
»Kein
Thema, oder?«, fragte Winkler spitz. »Das ist meine Kollegin, Petra Vogt«,
beendete er den Satz.
Sie
stand neben den beiden und reichte Olfens die Hand. »Ich habe schon von Ihnen
gehört, meine Freundin hat bei Ihnen den Führerschein gemacht, ist aber fast
zehn Jahre her. Sie hat Sie in den höchsten Tönen gelobt.«
Der
Birkenstockträger mit den vielen Scheinen lächelte und drückte sich mächtig ins
Hohlkreuz. »Wie heißt Ihre Freundin?«
»Erzähle
ich später, gehört jetzt nicht hierhin«, antwortete sie und bremste ihn
gleichzeitig aus. »Ist Frau Schuster in der Fahrschule?«, fragte sie
stattdessen.
»Ja,
sie organisiert hier den Ablauf. Ines hat noch Urlaub, deswegen unterstützt sie
mich«, haute er mal schnell wieder auf die Sahne, »außerdem muss sie sich ja um
Gerds Beerdigung kümmern.« Dann legte er eine Tauermiene auf und wiederholte
sich mit seinem Slogan: »Kein Thema!«
»Dennis,
ich gehe rein und rede mit Frau Schuster. Sicherlich hast du noch Fragen an
Herrn Olfens.« Schon machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand in der
Fahrschule. Obwohl sie ihn erst eine Minute kannte, ging ihr der Fahrlehrer
gewaltig auf den Geist. Wie hatte das ihre Freundin nur ausgehalten? Sie
beschloss, sie noch am Abend anzurufen und danach zu fragen.
»Hatte
Ihr Chef Feinde?«, riss Winkler den gerade gelobten Ferrari-Capiträger und
zukünftigen Fahrschulleiter aus seinen Gedanken.
»Feinde?
Weiß ich nicht. Aber sicherlich eine Menge Neider. Meine … äh … unsere
Fahrschulen laufen super. Die Läden in Haselünne und Geeste sind randgefüllt.«
Er machte eine Redepause, zog eine Zigarettenschachtel aus der Jeansjacke und
steckte sich eine an. Natürlich mit der Lehrhand, die andere Hand steckte noch
in der Tasche.
Beachtlich,
staunte Winkler, der kann eine Kippe mit einer Hand anzünden. Muss ich mir
merken.
Olfens
zog an dem Docht, blies den Qualm in den Meppener Himmel und wartete
offensichtlich auf eine weitere Frage.
Dem
Mann muss geholfen werden. Und ich kann es, dachte Winkler. »Wie randgefüllt?
Womit?« Er wunderte sich über seine Wortwahl und dachte: Lass den Mann reden.
Er hatte schon längst erkannt, dass er die Labertasche ausreden lassen musste:
ein redendes Buch, so wie viele Fahrlehrer.
»Mit
Schülern, was haben Sie denn gedacht? Und das liegt nicht an unseren Preisen;
gute Ausbildung spricht sich eben rum. Ergo haben die Mitbewerber, ich meine
die anderen Fahrschulen, ständig bei uns herumgeschnüffelt. Wenn ich Unterricht
hatte, fuhren die an unseren Läden vorbei und reckten die Hälse. Ich habe nie
die Vorhänge vorgezogen, sollen die doch sehen, wie voll es bei uns ist. Kein
Thema!« Er hatte aufgeraucht und die Kippe in hohem Bogen weggeschnipst; in die
Anlagen.
Na
ja, dachte Winkler, schließlich ist er hier der Boss, es sind ja seine Anlagen,
der darf das. Kein Thema!
Winkler
trat einen Schritt zur Seite, als ein weiterer Fahrschulwagen auf den Hof fuhr.
Im gleichen Moment sprang Olga aus dem anderen Auto und rannte in die
Fahrschule. Hatte
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