Fahrstunde in den Tod (Emsland-Krimi) (German Edition)
Ruhe
auf das Examen vorbereiten.«
»Wenn
du willst, kannst du wieder einziehen, ich freue mich, dass du zurück bist«,
gab er zur Antwort und küsste ihre Hände.
»Danke,
Paps!«
»Dennis,
sie kann auch bei mir wohnen«, mischte sich Marianne ein, »ich habe Platz
genug.«
»Nein,
Mama, ich habe hier, glaube ich, mehr Ruhe. Trotzdem danke.«
Marianne
hatte sich wieder für das Wochenende bei ihrem Exmann einquartiert und bereits
die erste Nacht im immer noch gemeinsamen Schlafzimmer verbracht.
»Papa«,
meldete sich Svenja, »wir haben eine Überraschung für euch. Michel möchte heute
für uns alle kochen, wir machen wieder einen französischen Abend.«
Michel,
der wieder sein Brötchen in die Kaffeetasse eingetaucht hatte, nickte mehrmals.
»Oui, oui!«, bejahte er Svenjas Vorschlag und steckte sich den Rest des
aufgeweichten Brötchens schmatzend und grinsend in den Mund.
Winkler
drückte nochmals seine angehende Ärztin und beide setzten sich. »Aha, gibt es
auch wieder Rotwein?«, antwortete er und griff in den Brötchenkorb.
»Ich
hatte gedacht, wir gehen zusammen in Lingen irgendwo schön essen. Italiener
oder Grieche, vielleicht auch Kroate oder Türke. Aber Französisch? Was essen
die denn so? Muscheln, Käse und Baguette?«, gab er besserwisserisch von sich.
»Papa!«,
unterbrach Svenja ihn, »musst du immer so ironisch mit uns reden? Wir sind
keine kleinen Kinder mehr! Nur weil das kleinbürgerliche Provinznest Lingen
kein französisches Restaurant hat, muss man auf französisches Essen nicht
verzichten. Michel kommt aus Südfrankreich, aus Coutras in der Nähe von
Bordeaux.«
»Und
wo liegt das?«, fragte er kleinlaut, nachdem Svenja sich so ereifert und ihn
belehrt hatte.
»In
Südfrankreich. Wenn man an der Westküste nach Süden fährt, gibt es
Meeresfrüchte und Fische zum Niederknien. Ich hab noch nirgends so himmlische
Austern gegessen wie in Arcachon, in Aquitaine. Die kommen dort ganz frisch aus
dem Meer. Gleich neben Aquitaine befindet sich das Bordelais und Périgord mit
seinen berühmten Bordeaux-Weinen und nicht minder berühmten Speisen, wie ›foie
gras‹, einer Gänseleber, und herrlichen Trüffeln, die dort einfach über frische
Rühreier gehobelt werden«, schwärmte seine Tochter mit strahlenden Augen und
sah ihren überraschten Vater, der mit offenem Mund ihren Ausführungen zuhörte,
herausfordernd an.
»He?
Woher weißt du das denn? Warst du da schon mal? Und die hobeln Trüffeln über
Rühreier?« Das muss ja ein Vermögen kosten, schoss es ihm in den Kopf.
Katrin
beobachtete belustigt das Gespräch zwischen Vater und kleinerer Schwester, dann
blickte sie zur Mutter und kniff ein Auge zu.
»Natürlich.
Vor ein paar Wochen hat Michel mich für ein Wochenende eingeladen. Eigentlich
sein Vater, der hat dort ein Weingut.«
Winkler
fiel die Kinnlade fast auf den Tisch. Er begriff in Windeseile, welches Juwel – nämlich Michel – mit an seinem Tisch saß und änderte seine Taktik.
»In
Bordeaux?« Wenn das stimmte, dachte er, würde er noch heute nach Lingen fahren
und einen Liter von dem Rasierwasser kaufen. Investitionen in die Zukunft seiner
Kinder, das lag ihm besonders am Herzen.
Svenja
erzählte weiter. »Ja, nicht sehr groß. Es arbeiten dort ungefähr dreißig Leute.
Während der Lese sind es circa zweihundert«, erwiderte sie stolz und Michel
nickte.
Zweihundert
Leute? Hallo? Sofort reichte Winkler dem Franzosen ein Brötchen rüber. »Michel,
möchtest du auch noch Kaffee?«, fragte er den lächelnden Jungen. »Sag mal,
Svenja, versteht der mich eigentlich?«
»Natürlich.
Er hat deutsche Vorfahren. Verstehen kann er fast alles, nur sprechen eben nicht.«
»Ach
so. Ich freue mich natürlich auf den Abend. Französisches Essen ist ja auch mal
was anderes. Wo wollt ihr denn einkaufen?«
»Ach
Papa, du bist einfach klasse. Wir regeln das schon, mach dir da mal keinen
Stress.« Svenja lachte laut auf und Michel lachte mit.
Winkler
blickte zu Katrin, dann zur Exfrau. Marianne kannte Dennis und lachte
ebenfalls. Dann ergriff sie das Wort.
»Dennis,
ich habe gestern mit der Mutter von Michel gesprochen. Sie bedankt sich für die
Herzlichkeit, mit der wir ihren Sohn aufgenommen haben. Sie haben uns
eingeladen, das Weingut zu besuchen, wir können kommen, wann wir wollen.«
»Ich
glaube, es wird Zeit, dass ich mich bei Michel entschuldige«, erwiderte er
zerknirscht und klopfte verlegen auf die französischen Schultern, »du bist
herzlich willkommen,
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