Fahrstunde in den Tod (Emsland-Krimi) (German Edition)
und mit feierlichem Gesichtsausdruck den Raum. Das Flüstern in der
Trauergemeinde erstarb, als plötzlich die Eingangstür geöffnet wurde und sechs
schwarz gekleidete Männer – wohl alles Fahrlehrer – den Sarg hereintrugen.
Ihnen schritt im langsamen Gang voran Rainer Olfens, der einen Kranz in den
Armen hielt.
Winkler
schüttelte den Kopf und warf Petra einen Blick zu. Die antwortete mit
Augenrollen. Das Theater empfanden sie reichlich übertrieben. Wurde hier der
Bundespräsident beerdigt?
Nachdem
der Sarg an seinem Platz abgestellt worden war und die Träger sich links und
rechts von ihm platziert hatten, nahm die Abordnung des Schützenvereins samt
bunt bestickter Vereinsfahne hinter dem Sarg Aufstellung. Der Geistliche
ergriff das Wort und die Vereinsfahne wurde gesenkt.
»Wir
sind hier heute zusammengekommen, um Gerd Schuster auf seinem letzten Weg zu
begleiten. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen und den Verwandten. Lasset uns
beten!«
Die
Polizisten hatten sich genug an der Heizung aufgewärmt, leise und unauffällig
verließen sie die Kapelle.
Eine
halbe Stunde später und nach reichlich gutgemeinten Worten des Pastors,
marschierte die Trauergemeinde langsam hinter dem Sarg her in Richtung
Grabstätte. Winkler und Petra beobachteten aus gebührender Entfernung vor allem
die zahlreichen Trauergäste, die dem Sarg folgten. Sie wollten den Anwalt
Peters hier treffen und Winkler grübelte darüber nach, wie er den wohl erkennen
könnte.
Petra
Vogt bemerkte, wie er suchend durch die Menschenmenge schaute. Sie hatte sich
erkundigt und zeigte auf einen großgewachsenen Mann mit weißen Haaren und
hochgeklapptem Mantelkragen, der sich in der Nähe der Witwe aufhielt.
»Das
ist Rechtsanwalt Peters, der dort neben der Schwarzen Witwe«, flüsterte sie
leise und stieß ihm in die Seite.
»Wir
werden ihn gleich ansprechen. Wenn er sich entfernt, folgen wir ihm«, gab er
leise zurück.
Die
Zeremonie endete schneller als gedacht. Das lag am scharfen Ostwind, der über
den Friedhof fegte. Am Ausgang des Friedhofes trat Winkler Peters, der sich mit
Frau Schuster langsam auf ihn zu bewegte, in den Weg.
»Herr
Peters?«
»Ja.
Wer sind Sie?«
»Winkler
und Vogt, von der Kripo. Haben Sie zwei Minuten für uns?«
Der
Anwalt mit den schneeweißen Haaren blickte zu Frau Schuster, die nickte.
»Gut.
Zwei Minuten und nicht länger. Ist ja schon ein Ding, dass Sie mich hier
ansprechen. Ich habe einen guten Freund beerdigt und Sie müssen schon was
Wichtiges von mir wollen, sonst hätten Sie mich in der Kanzlei aufgesucht«,
erwiderte er gereizt.
»Herr
Peters, ist es richtig, dass Sie mit Gerd Schuster und einem weiteren Investor
an dem Projekt ›Nödiker Straße‹ finanziell beteiligt sind?«
Der
Anwalt schluckte und knirschte mit den Zähnen, dann zogen sich seine
Augenbrauen zu einem Strich zusammen. Seine Wangen blähten sich auf. »Deswegen
tauchen Sie hier auf und stören die Trauerfeier? Sind Sie noch ganz bei
Trost?«, platzte es aus ihm heraus.
Winkler
behielt die Ruhe und hielt seinem starren Blick stand. »Wir können auch ins
Präsidium fahren, jetzt sofort«, konterte er.
Der
Anwalt blies noch mehrmals die Backen auf, so wie ein Apnoetaucher kurz vor dem
Abtauchen, und seine Kiefermuskeln leisteten Schwerstarbeit. Dann beruhigte er
sich, weil Frau Schuster an seinem Ärmel gezogen hatte.
»Ja,
bin ich. Das können Sie im Katasteramt nachlesen. Sonst noch was?«
»Ja.
Es geht um den Preis. Ich weiß, dass Sie und Schuster vor einigen Jahren im
Stadtrat gesessen haben. Dazu und zu Insidergeschäften hätten wir Sie dann
gerne etwas länger gesprochen. Morgen um neun bei uns im Kommissariat. Auf
Wiedersehen, Herr Peters. Und seien Sie bitte pünktlich. Und noch etwas: Wir
wüssten gerne, wie Sie das Bargeld von Schuster nachgewiesen haben.« Winkler
drehte sich von ihm weg und verließ mit seiner Kollegin einen wütenden Anwalt,
der nach dem letzten Satz von Winkler nur schwer wieder seine Fassung fand. Der
Pfeil hatte getroffen, mitten ins Schwarze.
»Herr
Winkler, warten Sie bitte!«, rief er ihnen hinterher. »Können wir uns nicht
gleich treffen? Ich habe morgen früh bei Gericht zu tun. Können wir uns in der
Gaststätte treffen? Sagen wir, in einer Stunde?«
»Gut.
Wo findet das Kaffeetrinken statt?«, lenkte Winkler ein. Er hatte ja erreicht,
was er wollte.
»Am
Schullendamm bei Jungmann«, sagte Frau Schuster. »Können wir jetzt gehen?«
Winkler
trat zur Seite und ließ sie
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