Fahrt ohne Ende
bessere Leute muß man immer begrüßen!«
Und siehe da: der Mercedes hielt fünfzig Meter weiter plötzlich. Der Fahrer stieg aus und sagte:
»Tja, alle paßt ihr nicht ‘rein in meine Kiste. Aber zwei von euch will ich gerne mitnehmen, bis zur Kreuzung nach Gellingen, da muß ich abbiegen.«
»Wolf und Kost ja sollen mit«, entschieden die Jungen.
»Schön«, stimmte Jürgen zu. Und nach einigem Sträuben kletterten Wolf und Kostja in den Mercedes.
»Hier, die Balaleika könnt ihr noch mitnehmen.«
Dann brauste der Pkw. ab.
An der Kreuzung warteten die beiden nachher vergebens auf die Kameraden. Die hatten offenbar also Pech gehabt, es hatte sie niemand mehr mitgenommen. Als es dunkel wurde, wickelten sie sich in ihre Decken, drehten sich zusammen in die eine Kohtenbahn ein, rückten den Allen als Kopfkissen zurecht und pennten dann bestens dort im Feld an der Straße.
Am anderen Morgen wurde es allerdings empfindlich kühl. Wolf wurde zuerst wach. Er weckte Kostja.
Sie wickelten sich aus ihrem Lager heraus und starrten sich dann sehr verblüfft an.
»Toll, wie du aussiehst, ein Neger ist ein Bleichgesicht dagegen«, lachte Wolf.
»Hauptsache, dir geht‘s nicht besser!«
Was Wolf und Kostja gemacht hatten? Sie hatten‘ sich des Abends als Innenseite beim Einwickeln natürlich die innere, völlig verrußte und verqualmte Seite der Kothenbahn ausgesucht! Als sie endlich in der Nähe einen kleinen Bach entdeckt und sich einigermaßen gesäubert hatten, waren die Kameraden auch schon an der Kreuzung. Sie hatten 15 Kilometer von hier entfernt in einem Dorf gepennt, weil sie gestern abend dort erfahren hatten, daß von dem Dorf heute in aller Frühe ein Lastwagen zur Kreuzung fuhr, der sie gerne mitnahm. Und hier waren sie nun.
»Erfroren seid ihr zwei also nicht«, stellte Jürgen fest, »wir dachten schon... Aber verflixt dunkel seid ihr im Gesicht. Solltet ihr etwa...«
»Wir dunkel? Wieso? Das ist Natur, und von dir ist das nur Neid«, schnitt Wolf ab.
Das Glück war ihnen an diesem Tage sehr gnädig gesinnt. Sie kamen alle zusammen bis Bieldorf. Von Bieldorf aus waren es nur noch etwa 150 km bis zu ihrer Heimatstadt.
Das Dorf war nicht groß; ein paar Bauern- und Handwerkerhäuser und gleich in der Nähe eine kleine Siedlung, mit schönen, sauberen Arbeiterhäusern. Als sie des Nachmittags eingekauft hatten, ließen sie sich auf der Dorfwiese nieder und sangen. Es war sehr schön und voll inneren Friedens hier: die bleierne Schwüle, wie sie gestern herrschte, war von einem frischen Wind abgelöst, rings um die schmucken Häuschen der Bauern und Siedler stiegen bewaldete Hügel gegen Himmel an, und etwas weiter war ein Holzsägewerk bei der Arbeit zu sehen und zu hören. Die Jungen hatten mit ihrem Singen und Spielen bald die ganze Dorfjugend angelockt. Es dauerte nicht lange, da wagte sich ein kleines Mädchen heraus mit der Frage:
»Könnt ihr nicht mal was singen, was wir auch singen können? Wir singen doch auch so gern!«
»Was wollt ihr denn gern singen?«
»Och, unsre Lehrerin singt oft ,Auf, du junger Wandersmann‘ mit uns, das können wir schon.«
Die Jungen fanden schnell großen Spaß daran, mit den Kindern zu singen, und auf einmal fielen ihnen all die kleinen Liedchen aus der Volksschule wieder ein.
Ein Männlein steht im Walde, ganz still und stumm.
Es hat von lauter Purpur ein Mäntlein um.
Sag, wer mag das Männlein sein,
das da steht im Wald allein,
mit dem purpurroten Mäntelein.
Merkwürdig, daß ihnen das Lied auf einmal so gut gefiel! Als sie für eine Stunde mit den Kindern die alten Kinder- und Volkslieder gesungen, ihnen auch zwischendurch so allerlei erklärt und gezeigt hatten, kamen die ersten Männer herbeigestapft: schmunzelnd, die Mutz im Mundwinkel, der eine oder andere die Lieder mitsummend.
»Das hat‘s lang nicht mehr gegeben, daß hier auf der Wiese welche aus der Stadt mit den Kindern sangen«, meinte einer bedächtig. »Früher, ja, da hatten wir hier oft so Jungs und auch manchmal Mädchen mit Lauten und Fiedeln, Wandervögel warn das. Ja, früher... Aber wo kommt ihr denn her, Jungs?«
Sie standen Rede und Antwort. Ein alter Bauer fragte:
»Früher, als ich noch jung war, da haben wir auch gesungen, genau so gern wie ihr jetzt. Und da war ein Lied — wart einmal — ja:
So scheiden wir mit Sang und Klang,
leb wohl, du schöner Wald.
Ja, so hieß das Lied. Kennt ihr das?«
Jürgen kannte es. Die anderen Jungen waren noch etwas
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