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Fahrt ohne Ende

Fahrt ohne Ende

Titel: Fahrt ohne Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Klönne
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zaghaft zu Anfang des Liedes, aber als sie sahen, wie der Bauer die Pfeife aus dem Mund nahm, wie er und auch die anderen leise mitsangen, da bekamen sie Mut und auch Gefallen an dem Lied.
    Der alte Bauer lud sie dann ein, die Nacht auf seinem Hof zu verbleiben: »‘s ist alles da, was ihr braucht. Und früher, die Wandervögel, die haben oft bei uns in der Tenne geschlafen. Alsdann, wenn ihr wollt...«
    Sie wollten. Und so saßen sie des Abends auf der Herdbank in der Küche, der alte Bauer, seine Tochter und sein Schwiegersohn bei ihnen, auch die Kinder für eine halbe Stunde, dann wurden sie ins Bett beordert. Sie mußten den Stachelbeerwein der Familie probieren, die Frau flickte an der Hose von Klaus herum, der in der Turnhose auf der Bank hockte — seine Hose hatte beim Trampen einigen Schaden genommen —, und von draußen her trieb der immer stärker aufkommende Regen an die Fensterscheiben. Der Bauer erzählte alte Sagen und Geschichten, die sich hier früher einmal zugetragen haben sollten. Klaus lief es kalt über den Rücken, er wußte nicht recht, ob der unheimlichen Geschichten wegen oder deshalb, weil er nur seine Turnhose anhatte.
    »Tja«, warf der alte Bauer ein, »das sind ja alles alte Geschichten. Aber glaubt mir man, irgendwas Richtiges ist doch dran. Willi, du weißt doch noch, wie der alte Vinzenz vor ein paar Wochen den Brand gesehen hatte, oben am Himmel, zum Turm im Bielforst ‘rauf, das hatte schon seine Richtigkeit. Dieser Brand bedeutet immer Krieg, das ist schon seit Jahrhunderten so, müßt ihr wissen, Jungs. Und jetzt ist es wieder so weit.« Nach einer Pause setzte er leiser hinzu: »Da hilft ja alles nix, ‘s gibt Krieg. Es hat schon seine Richtigkeit mit dem Brand am Himmel«, murmelte er noch einmal leise.
     
    * * *
     
    Am anderen Morgen entschied Jürgen, daß sie von der nächsten Bahnstation aus mit dem Zug nach Hause fahren würden. Die Ferien waren ohnehin in drei Tagen zu Ende, und der letzte Tag, hier in Bieldorf, war kein schlechter Abschluß der Fahrt gewesen. Und außerdem...
    Sie kamen des Abends in ihrer Heimatstadt an. Vom Bahnhof aus gingen sie noch ein paar hundert Meter zusammen in die Stadt hinein: braungebrannt vom Fahrtwind, von Sonne und Sommerregen, Arme und Beine ziemlich zerschunden, aber mit hellen, glänzenden Augen in den dunkel gewordenen Gesichtern. Sie freuten sich alle ein bißchen auf ihr Zuhause, sie waren zugleich ein wenig traurig darüber, daß nun alles zu Ende sein sollte.
    Von allen Wänden, Häuserfronten und Zeitungskiosken schrien ihnen Schlagzeilen entgegen:
     
    DEUTSCH-RUSSISCHER NICHTANGRIFFSPAKT
    POLNISCHE AGRESSIONSABSICHTEN
    DEUTSCHLANDS HALTUNG IST ENTSCHLOSSEN!
     
    Am Schillerplatz ließ Jürgen die Jungen haltmachen.
    »Unsere Fahrt ist zu Ende. Aber irgendwie sind wir immer auf Fahrt. Jeder von uns. Und heute erst recht, ihr wißt, was ich meine. Wir können uns keine bequeme Ruhe leisten. .Junge Kameraden, seid bereit‘, das haben wir unterwegs oft gesungen. Nicht nur der schönen Melodie wegen. Vergeßt das nicht!«
    Jürgen gab jedem seiner Jungen die Hand. Dann trennten sie sich.
     
    * * *
     
    Am ersten Schultag konnten sie gleich wieder nach Haus gehen: In der Nacht zum 1. September waren deutsche Truppen in Polen eingerückt. Der Krieg war da. —
     

7. Kapitel
    NUR ETWAS FARBE
     
    DER DEUTSCHE BLITZKRIEG und Erfolg in Polen war auch auf Jürgens Gruppe nicht ganz ohne Wirkung geblieben. Ein Junge war unter dem Eindruck des Krieges aus der Gruppe zum Jungvolk gegangen. Der Junge war nicht mit auf Großfahrt gewesen, er war überhaupt noch nicht lange in der Gruppe. Jürgen dachte: Schade um ihn, ich hätte ihn gern in der Gruppe behalten, wenn die Eltern ihn mit auf Großfahrt gelassen hätten, wär‘ er jetzt bestimmt nicht gegangen...
    Ein paar Wochen später wußte Jürgen, daß der Junge ein feiner Kerl war; er hatte nämlich nirgendwo auch nur ein Wort über die neudeutsche Gruppe ausgeplaudert.
    Einige Wochen nach dem deutschen Sieg in Polen.
    Als Wolf des Morgens in die Klasse kommt, überfallen ihn die Klassenkameraden: »Mensch, stell dir das mal vor: wir haben heute bloß die erste Stunde, dann müssen wir ‘rauf in die Aula, da redet irgend so ein hohes Tier von der HJ.!«
    Das »hohe Tier« redete dann auch. Sehr ausgiebig sogar. Zuerst ging es um die »epochemachenden Siege der Großdeutschen Wehrmacht«, was aber nur einen Bruchteil der Schüler zur Aufmerksamkeit veranlassen kennte; die

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