Fahrt zur Hölle
lächelte. »Eine Undercover-Aktion?«
»So ist es gedacht. Man glaubt, dass es am unauffälligsten ist, wenn Sie als Journalist reisen. Ein Reporter kann Nachforschungen anstellen, darf fragen und erhält vielleicht auch Antworten, weil man glaubt, über diesen Weg sein Anliegen der Weltöffentlichkeit vortragen zu können.«
»Das klingt nachvollziehbar«, antwortete Lüder. »Es gibt nur einen Haken daran. Sie sagten, ich solle reisen.«
»Es gibt keinen anderen, der diese Aufgabe übernehmen könnte. Es ist schon alles vorbereitet. Die Flüge sind gebucht, die Legende ist erstellt.«
»Bitte?« Lüder musterte den Kriminaldirektor ungläubig. »Das wirkt wie in einem ›James Bond‹.«
»Es ist die raue Wirklichkeit. Alle Beteiligten sind an Ihrer Sicherheit interessiert.« Er sah auf die Armbanduhr. »Sie haben noch heute Nachmittag einen Termin im Schifffahrtsmedizinischen Institut der Marine in Kiel, genau genommen in Kronshagen. Den hat Ihnen Flottillenadmiral Steinbrecher verschafft. Sie werden in Kenia als Achim Wolfram auftreten.«
»Den Namen habe ich schon einmal gehört«, sagte Lüder.
»Achim Wolfram ist ein erfahrener und angesehener Journalist der Kieler Nachrichten. Wenn jemand nachfragen sollte, so gibt es Sie wirklich. Das Original befindet sich derzeit nach einem Sportunfall in der Reha in Damp, ist also aus dem Verkehr gezogen. Die Redaktion der Zeitung ist informiert und spielt mit. Aus Zeitgründen bekommen Sie die Ausweispapiere sowie ein Dossier mit den wichtigsten persönlichen Eckdaten Ihres Namenspaten in Nairobi. Dort wird man Sie auch unterstützen.«
»Moment mal«, protestierte Lüder. »Ich habe nicht gesagt, dass ich in dieser Agentenburleske mitspiele. Das klingt alles sehr abenteuerlich. Welche Ausweispapiere soll ich erhalten?«
»Ausweis, Reisepass, Presseausweis, Scheckkarte, Führerschein, Versicherungskarte. Alles, was man an Papieren üblicherweise mit sich führt.«
»Und wer will diese plumpen Fälschungen herstellen?«
»Fälschungen?« Der Kriminaldirektor lachte. »Es sind alles Originale. Dafür sorgt Herr de Buur.«
»Der Bundesnachrichtendienst«, erinnerte sich Lüder an den schweigsamen Teilnehmer der Berliner Besprechung.
»Richtig. Ihr Foto ist digital so bearbeitet worden, dass es in jedem Dokument ein wenig anders aussieht. Sonst würde man darüber stolpern.«
»Das ist eine ganz andere Welt als die, in der wir uns bewegen«, staunte Lüder.
Der Kriminaldirektor nickte andächtig.
»Meine gefällt mir besser«, stellte Lüder fest.
Dr. Starke schwieg dazu. »Frau Beyer wird Sie in die Reiseplanung einweihen«, erklärte er stattdessen, stand auf und drückte dem überraschten Lüder die Hand. »Ich wünsche Ihnen viel Glück und viel Erfolg.« Er begleitete ihn bis zur Tür.
Neugierig blickte ihm Edith Beyer entgegen.
»Was ist das für eine Aktion?«, fragte die junge Frau interessiert. »Warum fliegen Sie so überraschend nach Nairobi?«
»Sein Wunsch.« Lüder zeigte in Richtung Dr. Starkes Büro. »Er möchte mich dahin schicken, wo der Pfeffer wächst. Da hat er Madagaskar mit Kenia verwechselt.«
»Wenn das so ist, sollte er selbst fliegen.« Sie schmunzelte. »Dann würde sein künstliches Braun einem echten weichen.«
»Frau Beyer …« Lüder klang gespielt entrüstet.
Sie suchte auf ihrem Schreibtisch nach Unterlagen. »Ah, hier. Das ging alles holterdiepolter. Mich hat eine Frau Dienst aus Berlin angerufen. Ihr Flug geht morgen um fünfzehn Uhr zwanzig ab Hamburg. Das Ticket und die Reiseunterlagen liegen bei der Bundespolizei für Sie bereit.«
»Hat jemand etwas von einem Visum erzählt?«, fragte Lüder.
Edith Beyer sah ihn ratlos an. »Davon weiß ich nichts. Es hieß, alle erforderlichen Unterlagen lägen in Hamburg.« Sie seufzte. »So eine Reise möchte ich auch antreten.« Gedankenverloren spielte sie mit einem Kugelschreiber. »Afrika. Sonne. Strand. Urlaub. Das ist doch etwas anderes als hier in diesem Büro.« Die junge Frau ahmte die Bewegung eines Flügelschlags nach. »Wozu brauchen Sie mich eigentlich?«, fragte sie.
Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. »Sie kochen den besten Bürokaffee der Welt. Und ohne Sie wäre das da«, er nickte in Richtung des Nachbarbüros, »unerträglich.«
Dann wünschte er Edith Beyer ein schönes Wochenende und fuhr nach Kronshagen.
Eine Stabsärztin in Marineuniform erwartete ihn schon ungeduldig. Sie gab sich wortkarg, antwortete auf seine Frage, was sie ihm
Weitere Kostenlose Bücher