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Fahrt zur Hölle

Fahrt zur Hölle

Titel: Fahrt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Minister genauso unwissend war, wie er sich gab, könnte Lüder mit dem Hinweis auf die rätselhafte Frage nach der Ladung Shiikhs Neugierde wecken.
    »Ich bin ein viel beschäftigter Mann«, sagte der Minister kurz entschlossen.
    Seine anfängliche Freundlichkeit schien sich schlagartig gewandelt zu haben. Es drängte Lüder, weitere Fragen zur »Holstenexpress« zu stellen. Aber Shiikh würde keine Auskünfte mehr erteilen. Der Mann schien gewarnt zu sein.
    Der Minister griff zum Telefon und sagte etwas auf Somali. Dann wandte er sich wieder Lüder zu. »Ich habe dafür gesorgt, dass Sie im Gästehaus der Regierung untergebracht werden. Formulieren Sie Ihre Fragen. Schaffen Sie es bis morgen früh? Dann könnte ich Ihnen am Nachmittag für eine halbe Stunde zur Verfügung stehen.«
    »Danke«, erwiderte Lüder, der sich nicht in die Abhängigkeit Shiikhs begeben wollte. »Ich möchte in einem Hotel übernachten.«
    Der Minister zog eine Augenbraue in die Höhe. »In einem Hotel?«
    Lüder bestätigte es.
    »Jemand von der Sicherheit wird Sie begleiten«, entschied Shiikh. Erneut griff er zum Telefon, sagte etwas im Befehlston und bat Lüder anschließend, im Vorzimmer zu warten.
    Nach zwanzig Minuten erschien ein drahtiger Mann mit dunklen Locken. Er gab Lüder die Hand und stellte sich vor: »Kasayah Peltini. Sie möchten ins Hotel?«
    »Ja.«
    »Groß ist die Auswahl nicht in Garoowe.« Er forderte Lüder auf, ihm zu folgen.
    Sie bestiegen einen älteren Toyota. Peltini überließ Lüder den Fond und setzte sich zum Fahrer auf den Beifahrersitz. Auf den asphaltierten Straßen herrschte wenig Verkehr. Lüder wunderte es nicht. Er befand sich in einer der abgelegensten und am dünnsten besiedelten Regionen der Welt. Rundherum war Einöde. Wer konnte sich hier ein Auto leisten? Und welches Ziel sollte man ansteuern?
    Die Häuser waren in freundlichen hellen Farben gehalten und durchweg in einem guten Zustand. Nach Landessitte waren sie fast alle von einer Mauer umgeben.
    Das Hotel »Stern von Puntland« war ein weißer Bau in der Nähe des Stadtrands. Peltini kümmerte sich um die Formalitäten, dann führte der Rezeptionist Lüder auf das schlichte, aber saubere Zimmer, während Lüders Begleiter im Foyer auf ihn wartete. Als Lüder zurückkehrte, erklärte Peltini, dass er das Abendessen bereits geordert hatte. Eine Menüauswahl hatte Lüder ohnehin nicht erwartet.
    Sie tranken mit Kardamom gewürzten Tee und aßen eine Art Pasta, die ebenfalls mit Kardamom und Kreuzkümmel abgeschmeckt war. Dazu gab es gekochte Bohnen. Lüder empfand das Essen als gewöhnungsbedürftig.
    »Pasta?«, fragte er.
    Peltini nickte. »Das stammt noch aus der Zeit, als Somalia Kolonie war. Hier im Norden herrschten die Briten, im Süden und im Osten die Italiener.« Er spielte mit einer seiner schwarzen Locken. »Ich habe italienische Vorfahren. Mein Großvater. Daher stammt auch mein Name.«
    Peltini interessierte sich für Lüders angeblichen Beruf als Journalist, auch für Details.
    »Und welche Funktion nehmen Sie wahr?«, fragte Lüder zu fortgeschrittener Stunde, nachdem er feststellen musste, dass Peltini einen Abstecher Lüders in die Sanitärräume genutzt hatte, um seine Sachen zu durchwühlen.
    »Ich bin der Leiter der Sicherheit«, erklärte sein Begleiter unumwunden.
    »Was versteht man darunter?«
    Peltini lächelte. »Nehmen Sie es wörtlich. Nachrichtendienst. Staatssicherheit. Kriminalpolizei. Alles, was mit der Sicherheit im Zusammenhang steht.«
    »Dann sind Sie auch über das Piratenunwesen informiert?« Lüder erklärte, dass er deshalb im Lande sei.
    »Auf Piraterie steht die Todesstrafe«, begann Peltini. »Es ist ein schwieriges Unterfangen, dieses Verbrechertums Herr zu werden. Die Täter sind zu allem entschlossen. Kein Wunder. Sie leben auch im Luxus. Die Jungen sorgen für ganze Großfamilien.«
    »Jungen?«
    »Manche sind erst fünfzehn oder sechzehn Jahre alt.«
    »Das sind ja fast noch Kinder«, warf Lüder ein und dachte an Thorolf oder Jonas.
    »Kinder?« Peltinis Antwort klang verächtlich. »Wenn die eine Waffe in der Hand haben, sind die gnadenlos. Die haben keine Hemmungen zu schießen.«
    »Und was machen Sie mit ihnen, wenn Sie sie fassen?«
    »Auf Piraterie steht die Todesstrafe«, wiederholte er lapidar. »Das weiß jeder. Übrigens nicht nur bei uns. Die malaysische Marine hat Piraten, darunter vier Jugendliche, dingfest gemacht und in Malaysia vor Gericht gestellt. Auch dort steht auf Piraterie

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