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Fahrt zur Hölle

Fahrt zur Hölle

Titel: Fahrt zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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einer solchen Situation, in der wir uns hier befinden«, erklärte Lüder barsch.
    »Grundsätzlich«, beharrte Kalynytschenko auf seinem Standpunkt.
    »Ich protestiere gegen Ihr Verhalten«, mischte sich überraschenderweise Schöster ein.
    »Meinen Sie mich oder den Kapitän?«, fragte Lüder.
    »Beide«, erwiderte der Zahlmeister. »Kapitän Syrjanow. Das kann Sie Ihren Job kosten.« Es klang wie eine unverhohlen vorgetragene Drohung.
    »Ich habe nichts gesagt«, beschied ihm Syrjanow. »Mich hat allerdings gewundert, dass wir außerplanmäßig Limassol anlaufen sollten.«
    »Limassol? Das ist auf Zypern. Dort sollten die indischen Container gelöscht werden?«, riet Lüder. »Das ist logisch. Schließlich stehen sie in der obersten Reihe.«
    »Sie sollten sofort schweigen«, forderte Kalynytschenko seinen Kapitän auf.
    »Sie machen die Sache nur noch schlimmer«, sagte Lüder und fuhr, mehr zu sich selbst gewandt, fort: »Was hat es mit indischen Maschinenteilen für Zypern auf sich? Warum gibt es einen Aufpasser für diese Container?«
    »Das ist absoluter Blödsinn, was Sie sich zurechtphantasieren«, schimpfte Schöster.
    Lüder drehte die Hand im Gelenk. »Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg.«
    Syrjanow räusperte sich. »Ich war mit dieser Änderung nicht glücklich. Wir hätten dadurch einen Tag verloren. Die Zyprer gelten nicht als die Schnellsten. Es hätte eine Weile gedauert, bis die Container entladen worden wären. Ich weiß nicht, wie wir das bei dem äußerst knapp kalkulierten Zeitplan wieder hätten aufholen sollen.«
    »Sir!« Kalynytschenko schrie den Kapitän jetzt an. Am liebsten wäre der Ukrainer handgreiflich geworden.
    »Ich habe nichts Geheimnisvolles verraten«, erklärte Syrjanow. »Was erlauben Sie sich, mich zu maßregeln?«
    »Ich weise Sie nur auf Ihre Treuepflicht hin.«
    Gespannt verfolgte Lüder die Diskussion zwischen den beiden Schiffsoffizieren.
    »Mr.   Syrjanow. Die weltweite Handelsschifffahrt steht unter einem enormen Zeit- und Kostendruck. Nicht umsonst werden die Schiffe unter Billigflaggen ausgelagert. Ihre ›Holstenexpress‹ ist formell in Antigua beheimatet. Man spart auch bei der Besatzung. Wie erklären Sie es sich, dass Ihnen plötzlich ein Zahlmeister zur Seite gestellt wird? Traut man Ihnen nicht mehr?«
    Lüder hatte Syrjanow an seiner russischen Seele gepackt. »Seit ich um die Welt fahre, ist mein Verhalten einwandfrei und ohne jeden Tadel. Ich verwahre mich gegen jede Verdächtigung.«
    »Und?«, bohrte Lüder nach. »Warum kommt plötzlich ein Zahlmeister an Bord? Eine teure und überflüssige Personalie.«
    »Darüber habe ich mir auch den Kopf zerbrochen«, gestand der Kapitän.
    »Sind Sie zu einem Ergebnis gekommen?«
    »Nein.«
    Lüder drehte sich zu Hans-Günter Schöster um. »Ich denke, Sie haben uns einiges zu erklären«, sagte er.
    »Ich habe gar nichts. Ihr Verhalten wird Konsequenzen haben.«
    »Wollen Sie sich bei meinem Chefredakteur beschweren?«
    Schöster zeigte auf den toten Matrosen. »Vergessen Sie nie, Wolfram, wie lebensgefährlich es hier ist.«
    Offener konnte man eine Drohung nicht formulieren. Es drohte nicht nur die Eskalation durch die Geiselnehmer, sondern auch innerhalb ihres Gefängnisses.
    »Wir müssen heute Nacht Wachen aufstellen«, wechselte Lüder das Thema.
    »Lächerlich.« Kalynytschenko tippte sich verächtlich an die Stirn. »Wir werden hier gefangen gehalten.«
    »Trauen Sie unseren Bewachern zu, dass sie die Situation im Griff haben?«
    Der Erste Offizier ließ die Frage unbeantwortet.
    »Was ist, wenn die Söldner ihren Versuch wiederholen und sich nachts anschleichen? Das sind Profis. Und wir hocken hier in der Falle.«
    »Was wollen Sie unternehmen, wenn die wirklich kommen?«, mischte sich der Kapitän ein.
    »Wir haben nur eine Waffe: Lärm machen. Deshalb müssen wir Wachen aufstellen. Das gilt auch für den Fall, dass Bayanis Onkel seinen Plan, Rache für seinen Neffen zu üben, umsetzen sollte.«
    Bevor Kalynytschenko die Diskussion fortführen konnte, entschied Kapitän Syrjanow: »Wir werden es so machen, wie Mr.   Wolfram es vorgeschlagen hat.«
    »Sie haben an Bord des Schiffes das Kommando«, begehrte Kalynytschenko auf. »Wir sind hier aber an Land.«
    »Sie haben meine Anweisung gehört«, erklärte der Kapitän mit fester Stimme.
    »Sir.« Der Erste Offizier deutete an, dass er nicht weiter widersprechen wollte.
    Lüder war es recht. Sie würden sich nur selbst schwächen, wenn sie nicht

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