Faith (German Edition)
Alte sein, es geschieht ihm nichts.“
Faith blieb misstrauisch, obwohl ihr die schlanke, dunkelhaarige Frau mit den Augen von der Farbe des Sommerhimmels gefiel.
Übermütig funkelnde Augen.
Das schmale Gesicht ungeschminkt und ebenmäßig.
„Wer bist du? Und woher weiß ich, dass das stimmt, was du mir sagst?“
Der graue Himmel riss auf und zeigte ein strahlendes Blau.
„Das kannst du nicht wissen, du musst vertrauen. Ich bin Elsabe. Und ich kenne deinen Freund Adam.“
„Was ist mit ihm?“
„Er war bei mir in der Grotte, als er sehr krank war. Wir Hexen haben ihn gesund gepflegt und in seine Welt zurückgeschickt. Es geht ihm gut.“
„Weißt du, wo Jamal ist, ist er auch gerettet?“
„Nein, das weiß ich nicht.“ Bedauernd schüttelte Elsabe den Kopf.
„Warum kommt Magalie nicht selbst“, dachte Faith, „statt mir eine Hexe zu schicken?“
„Du musst die Prophezeiung ohne Magalies Hilfe erfüllen, das ist ein Teil der Bedingung. Deshalb hat sie mich gebeten, dir beizustehen.“
Die Hexe hatte auf ihre Gedanken geantwortet, als könnte sie diese lesen.
Faith stieg von ihrem Pferd. Das Tier und sie selber brauchten eine Pause.
Sie setzte sich auf einen umgefallenen Baumstamm am Weg und starrte auf weit entfernte eiserne Türme, die sich wie warnende Finger in den Himmel bohrten.
„Dort sucht Leathan nach Eisen“, erklärte Elsabe. Sie war Faiths Blick gefolgt.
„Unter der Erde befindet sich ein Labyrinth von Tunneln, schmalen Gängen, Höhlen und tiefen Löchern, die irgendwann einstürzen müssen.“
Elsabes Stimme klang wütend und bedrückt zugleich.
„Die Lavatiden befinden sich zu jeder Zeit in Todesgefahr. Und wenn Leathan nicht endlich Einhalt geboten wird, wird diese Welt zusammenbrechen.“
„Wer sind die Lavatiden?“
„Grubenarbeiter, schwer arbeitende Männer und Frauen. Sogar Kinder schickt Leathan in die Gruben. Da, wo die Gänge zu niedrig werden, können Kinder immer noch arbeiten.“
„Was will er mit dem Eisen?“
„Er lässt Waffen schmieden und Brücken bauen. Und er braucht Bohrtürme für seine Gold- und Silberminen.“
„Was will er denn damit?“
„Leathans Machthunger ist krankhaft, ebenso sein Wille zu besitzen, zu zerstören. Das ist seine Natur.“
Faith dachte an Robert, sehnte sich nach ihm. Wo war ihr Vater, wo die Freunde?
Was war nur mit ihnen allen geschehen. Innerhalb weniger Wochen hatte sich ihr Leben verändert, sodass sie das Gefühl hatte, vor einem Scherbenhaufen zu stehen.
Die selbstverständliche Sicherheit, die sie stets an der Seite ihres Vaters gespürt hatte, war Vergangenheit.
Hatte das mit Erwachsenwerden zu tun, dass sie jetzt ganz anders empfand?
Sie wusste es nicht und da war niemand, der es ihr erklären konnte. Sie stöhnte auf.
„Wir alle müssen Abschied nehmen.“
Elsabe legte einen Arm um Faiths Schultern.
„Von lieb gewordenen Gewohnheiten, von Geborgenheit, von der Kindheit und von den Bildern, die wir uns von den Menschen gemacht haben, die wir lieben.“
„Ich habe Angst.“
„Das weiß ich, Faith, aber du musst dein Leben leben und dir selbst vertrauen.“
Elsabe sah sie liebevoll und mitfühlend an. Dann reichte sie ihr einen Umschlag.
„Was ist das?“
Faith drehte den Brief in den Händen, ohne ihn zu öffnen. Einen Absender konnte sie nicht entdecken.
„Lies einfach, vielleicht wirst du dann verstehen.“
Elsabe ließ sie allein. Und Faith öffnete den Brief ihrer Mutter.
Meine geliebte Tochter.
In deinen Händen liegt die Zukunft der Anderswelt. Licht und Schatten müssen sich nicht lieben. Aber sie sollten sich akzeptieren, denn das eine kann ohne das andere nicht sein.
Du kennst die Prophezeiung und weißt, dass Du sie ohne meine Hilfe erfüllen musst.
Dich dabei alleinzulassen ist das Schwerste, Dich loszulassen zugleich das Kostbarste, das ich Dir geben kann. Du wirst erwachsen werden.
Manchmal wirst Du Dich auf dem Weg dahin sehr einsam fühlen. Denk immer daran, meine Liebe wird dich begleiten. Du hast immer eine Wahl, vergiss das nie.
Magalie
Faith las den Brief wieder und wieder. Schließlich steckte sie ihn ein und erhob sich. Sie würde versuchen, sich selbst zu helfen und fühlte sich stärker als zuvor.
Kreisrunde Krater und graue Geröllhalden so weit das Auge reichte. Die schwarzen Vögel zerschnitten immer noch ruhelos den inzwischen völlig wolkenlosen blauen Himmel.
Faith blickte sich suchend nach Elsabe um.
„Hier bin ich.“
Die Hexe hatte die
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