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Faktor, Jan

Faktor, Jan

Titel: Faktor, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgs Sorggen um die Vergangenheit
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ihren Urin heimlich und
portionsweise ab - eben peu á peu ins Freie. Es muß etwas wie das weibliche
Ejakulieren gewesen sein. Der Saft lief ihr beim Gehen an den Beinen lang,
hinterließ eine schmale Spur, erzählte sie, diese verlor sich unauffällig im
Staub der alten Landstraße. Zum Glück gab es damals noch solche nicht
asphaltierten Wege - Straßen vierten Grades, wenn ich mich nicht irre. Wieder
und wieder machte sie ihren süßen, hinter dem Kitzler sitzenden Schließer
oberhalb der Staubstraße vierten Grades ganz kurz auf und dann wieder zu. Sie
hatte Zeit, der Weg war lang genug. Ihre Beine trockneten schnell, ihre Schuhe,
die sie irgendwann in die Hände nahm, trockneten nach und nach auch. Die Hitze
und die allgemeine Trockenheit kamen ihr entgegen. Ich sehe das Geschehenheute
viel plastischer vor mir als damals, als ich es sinnlich nicht unbedingt
verinnerlichen wollte. Ich sehe ihre langen schlanken Beine, die innen benäßt
waren und deren Haut in der Sonne geglänzt haben muß, ich sehe ihre
gutgeschmierten Schenkel, die unter ihrem zum mobilen Pinkeln praktischen
Minirock leise aneinanderklatschten. Wie erotisch und süß kommt es mir heute
vor. Leider fand ich diese Beichte damals unappetitlich bis abstoßend und meine
damaligen Freunde auch. Und es tut mir bis heute leid, unsere süße Pisserin für
ihre damalige Offenheit nicht belohnt, sondern indirekt beschämt zu haben. Wir
haben bei ihrer Beichte zwar - wie versprochen - nicht gelacht, waren über die
Geschichte aber alles andere als erfreut. Und das sah man uns einfach an. Wir
fanden auch ihre goldenen langen Haare plötzlich etwas weniger anziehend - als
ob diese mit Urin gestärkt worden wären. Der ganze Abend verlief vielleicht
deshalb wenig prickelnd. Wir wollten uns dafür wenigstens ordentlich betäuben
und tranken viel zu viel von unserem mitgebrachten Billigwein. Obstweine gab es
damals in jedem Gemüsegeschäft zu kaufen. Zur Strafe bekamen in der Nacht alle
einen üblen Durchfall - nur die zurückhaltende Z. einen nur mäßigen. Das
schönste an unserem Landaufenthalt war die morgendliche und unumgängliche
Säuberungsaktion. Wir alle hatten keine Lappen und keine Handtücher dabei,
fließend warmes Wasser gab es in dem einfachen Bauernhaus auch nicht, und wir
hatten keine andere Wahl - wir zogen uns alle aus und spritzen uns einfach mit
dem Wasser aus dem Gartenschlauch gegenseitig ab. Und dabei sollte und MUSSTE
ausgerechnet zwischen die hingehaltenen HINTERBACKEN gezielt werden - etwas
vorsichtiger auch auf die Schamhügel und auf das bei der Blondesten tatsächlich
blonde Schamhaar. Unglaublich war das - Befruchtung mit einer schier
unerschöpflichen Flüssigkeitsmenge! Das Brunnenwasser war furchtbar kalt,
abwechselnd mußte sich einer wie ein Besessener mit einer rostigen
Doppelkolbenpumpe abquälen. Dieser aktuelle Pumpensklave wurde angebrüllt und
angetrieben, den Wasserdruck konstant zu halten. Ihm wurde dabei wenigstens
wieder warm. Derjenige aber, der das spritzende Ende des Schlauchs halten
durfte, fror dagegen. Wir konnten und konnten mit den Spritzorgien nicht
aufhören.
    Wie schon
erzählt, fand man auf den friedlichen Straßen meiner weltbekannten Stadt damals
dauernd benutzte Präservative. Aber natürlich war auch der ungeschützte Verkehr
in dieser VorAids-Ära in vollem Gange, hinterließ bloß keine
sachlich-materiellen Spuren - nur uneheliche Kinder. Die Prager Männer mußten
nun mal außereheliche Beziehungen unterhalten, um ihre überschüssigen Energien
zu kanalisieren. Das Leben war aber gleichzeitig auch voller Härten. Diese
begegneten einem eher zufällig, flackerten an der Oberfläche auf, wenn man ab
und an etwas (Zuschauer-) Glück hatte. Über alltägliche Gewalt und Kriminalität
wurde sonst nur im Telegrammstil, vor allem aber stark selektiv berichtet. Die
kompakte Polizeirubrik der Zeitungen hieß SCHWARZE CHRONIK, SCHATTEN VON
GESTERN oder so ähnlich. Ein typisches Textbeispiel: »Der achtzehnjährige P. R.
versuchte im Stadtpark von xxx die dreizehnjährige F. G. zu vergewaltigen. Eine
Polizeistreife verhinderte die Tat.« Punkt. Und so ähnlich fleischlos und
bündig ging es dann weiter - bevorzugt wurden hier selbstverständlich die
bosheitsneutralen und auch im Sozialismus nicht vermeidbaren Verkehrsunfälle
vermeldet. Im führenden Parteiblatt »Rüde prävo« hieß die Rubrik ehrlicherweise
AUS DER SCHWARZEN CHRONIK. Die Präposition AUS deutete immerhin an, daß es sich
bei diesen

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