Falaysia - Fremde Welt: Band 1 (German Edition)
er?
Ganz klar: Im Stich lassen würde er sie nicht, selbst wenn sie sich nicht sonderlich gut verstanden. Sie war nicht wie Sara, auch wenn sie die Erinnerungen an sie wieder in ihm aufgewühlt hatte. Es waren schmerzhafte Erinnerungen, Erinnerungen, die er sonst immer so gut zu verdrängen verstand, Erinnerungen, von denen er wusste, dass sie ihn ganz tief hinab in dieses schwarze, hohle Loch in seinem Inneren ziehen konnten, aus dem es immer so schwer war wieder herauszukommen. Und vielleicht war das der Grund, warum er dieser jungen Frau so abgeneigt war, warum ihr Erscheinen ihn so wütend gemacht, ihn so hatte ausflippen lassen. Er wollte weder an Sara noch daran erinnert werden, dass es außerhalb dieses Daseins eine andere, eine bessere Welt gab. Er wollte nicht daran erinnert werden, dass er ein ganz anderes Leben hätte führen können, mit seiner Familie, seinen Freunden dort drüben… und nicht in diesem Alptraum hier gefangen hätte sein müssen, diesem Alptraum, in dem er tagtäglich um sein Leben kämpfen musste – ein Leben, das es eigentlich gar nicht wert war, darum zu kämpfen.
Es war alles wiedergekommen, war mit Jennas Erscheinen ohne Vorwarnung in sein Bewusstsein gedrungen und wollte nicht wieder verschwinden. Natürlich gab er ihr die Schuld an seinem Seelenleid. Es war nicht fair und doch konnte er nichts dagegen tun. Das Gefühl war einfach da. Und was noch schlimmer war: Er wusste ganz genau, dass sie Fragen haben würde; Fragen, die noch weiter in seine Erinnerungen drangen, die ihn dazu zwangen, sich mit diesem so furchtbaren Teil seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. Er wollte das nicht, spürte, wie sich schon jetzt alles in ihm dagegen sträubte, über die Geschehnisse von damals zu sprechen; obwohl er wusste, dass es eigentlich unabwendbar war, wenn er Jenna tatsächlich mitnahm, sie nicht ihrem Schicksal hier in Falaysia überließ.
Für einen Augenblick kam ihm der Gedanke, einfach ohne sie zu verschwinden, sich ganz klammheimlich aus der Stadt zu stehlen und sie zu vergessen. Immerhin war sie mit Melina verwandt und hatte diese Frau nicht fast genau dasselbe mit ihm gemacht? Ihn seinem Schicksal überlassen?
Doch es war nur ein flüchtiger Gedanke, der schnell wieder verflog – nicht nur, weil er tief in seinem Herzen immer ein guter Kerl geblieben war, sondern auch, weil Jennas Erscheinen, neben all den negativen Wirkungen, ein weiteres Gefühl in ihm geweckt hatte, dass er schon lange nicht mehr verspürt hatte: Hoffnung.
Er wusste, dass das dumm war, dass diese Frau alles andere als den Eindruck erweckte, seine Retterin zu sein, aber ganz tief in seinem Inneren regte sich der Gedanke, dass es ihm durch sie vielleicht zumindest wieder möglich sein könnte, Kontakt zur anderen Seite aufzunehmen. Und vielleicht – ganz vielleicht – konnte dies der erste Schritt sein, um doch irgendwann, in ferner Zukunft den Weg nach Hause zu finden.
Leon fühlte, dass sein eigener Schritt bei diesem Gedanken gleich sehr viel fester und schneller wurde, neue Energien durch seinen Körper zu strömen schienen. Er würde Jenna mitnehmen und er würde versuchen, netter zu ihr zu sein, sich besser zu beherrschen. Er musste ihr beibringen, mit der Welt klarzukommen, in die sie geraten war, bevor sie damit anfangen konnte, ihm zu helfen. Nur, wie sollte er das machen? Er wurde verfolgt. Man trachtete ihm nach dem Leben und gewiss auch jedem, der mit ihm zusammen war. Wenn sie langfristig bei ihm blieb, war sie in großer Gefahr – jedenfalls momentan, in diesen Zeiten der Unruhe. Aber wenn sie ganz allein durch Falaysia stolperte, war sie es auch. Wer würde sich schon in diesen Zeiten ihrer annehmen? Gideon war zu alt, um sie vor den Gefahren zu schützen, die überall lauerten, und als Sklavin in den Händen eines barbarischen Kriegers wollte er sie bestimmt nicht sehen. Was sollte er also tun?
Es ging nicht anders, er musste sie erst einmal mit sich nehmen. Es gab keine andere Lösung. Und dann? Vielleicht war es das Beste, sie sogar mit nach Vaylacia zu nehmen. Vielleicht konnte sich sein Freund ihrer annehmen. Hübsch war sie ja, ein wenig breit in der Taille und von daher nicht wirklich weiblich, aber hübsch. Wenn Leon Glück hatte gefiel sie Cevon und er war sein Problem vorerst los. Cevon wusste über Leons Vergangenheit Bescheid, er würde der jungen Frau alles Wissenswerte über Falaysia beibringen und wenn sie sich geschickt genug anstellte, konnte sie später ebenfalls zu
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