Falaysia - Fremde Welt - Band III: Piladoma (German Edition)
Aufgaben, die ihr bevorstanden, schrecklich überfordert. Auch wenn sie immer davon gesprochen hatte, den Menschen hier helfen zu wollen, und auch bereit gewesen war, das zu tun – inzwischen hatte sie das Gefühl, dass das alles eine Nummer zu groß für sie war. Das konnte kein Mensch allein schaffen. Nicht einmal einer mit magischen Kräften. Nicht, wenn einem ein solcher Gegner gegenüberstand. Wenn sie eines aus den Gesprächen mit Kychona gelernt hatte, dann war das, dass der große Zauberer Nadir ausgesprochen gefährlich war – insbesondere für Menschen wie sie, die zwar (kombiniert mit den Kräften des Zaubersteins) erstaunliche Fähigkeiten hatte, jedoch damit noch nicht so richtig umgehen konnten.
So lief sie nun ein wenig paralysiert hinter dem kleinen Trupp von Kriegern her, der sie sicher in das nächstgelegene Dorf führen sollte (selbstredend ging es dabei wieder steil bergauf und bergab) und hatte große Mühe sich auf den nicht ungefährlichen Weg und das Laufen zu konzentrieren. Sie musste ständig an das zurückdenken, was Kychona ihr erzählt hatte …
„Es waren ursprünglich vier Teilstücke“, kam es der alten Zauberin nur sehr leise über die Lippen. „Aber es heißt, dass über die Jahrhunderte weitere Teile abgesplittert sind oder auch bewusst abgehauen wurden. Deswegen ist es schwer, zu sagen, wie viele Stücke heute existieren. Doch die großen – die wichtigen – werden vermutlich immer noch vier sein. Vier Amulette, die es zu suchen gilt.“
Jenna druckste ein wenig herum. Sie wollte nicht unverschämt sein, aber sie musste eine bestimmte Sache ansprechen.
„Ich hab auch gelesen, dass Ihr einst eines dieser Amulette besessen habt“, sagte sie leise und wartete beinahe ängstlich auf die Reaktion Kychonas.
Die alte Frau blieb gelassener, als sie es angenommen hatte. „Das ist wahr“, gab sie ohne Umschweife zu. „Und es ist nun auch wieder in meinem Besitz. Aber ich werde es dir nicht geben. Nicht heute.“
Jenna schluckte schwer. „Heißt das, Ihr werdet es mir irgendwann geben?“
Kychona begann zu schmunzeln. „Möglicherweise …“
„Was für Bedingungen habt Ihr?“
„Keine Bedingungen. Ich nehme mir nur das Recht heraus, erst einmal abzuwarten, ob du den letzten Stein findest und was dann geschieht.“
„Oh … ja, natürlich.“ Jenna bemühte sich um ein optimistisches Lächeln, doch sie fühlte selbst, dass es ihr nicht richtig gelang.
Kychona beugte sich zu ihrer Überraschung vor und legte eine Hand auf die ihre. „Ich glaube an dich. Du wirst den Stein finden und auch das Tor.“
„Und wie?“ musste Jenna fragen. Sie wusste nicht, wo Kychona diesen Optimismus hernahm.
„Indem du den Spuren der letzten großen Magier folgst, wie du es bisher getan hast.“
„Ihr wart meine einzige Spur“, gab Jenna missmutig zu. „Alle anderen großen Zauberer sind tot.“
„Das mag sein, aber das bedeutet nicht, dass sie keine Spuren hinterlassen haben.“
Jenna runzelte die Stirn. „Spuren, die heute noch zu lesen sind?“ fragte sie zweifelnd.
Kychona nickte. „Zauberer sterben nicht, ohne ihre wichtigsten Geheimnisse an eine Person weiterzugeben, der sie vertrauen können. In den meisten Fällen waren das ihre Lehrlinge.“
„Und die leben noch heute?“
Die Greisin zuckte die Schultern. „Vielleicht …“
„‘Vielleicht’ hilft mir nicht weiter“, gab Jenna etwas verärgert zurück.
„Jeder Magier, der heute noch lebt, sei er auch noch so unbedeutend und unbekannt, war auch einmal ein Lehrling“, erwiderte Kychona lächelnd. „Dies gilt auch für die berühmten und berüchtigten unter uns.“
Jenna sah sie ein paar Sekunden lang noch verwirrt an, dann verstand sie plötzlich. „Nadir!“ stieß sie aus. „Er muss einst ein Lehrling gewesen sein!“
„Ganz genau“, stimmte die Alte ihr zu. „Und nicht nur der Lehrling irgendeinen Zauberers. Nefian war sein Lehrmeister.“
Jenna konnte sich an diesen Namen erinnern. Auch über ihn hatte sie etwas in den Büchern gelesen. Er war eine Art Saulus des Zirkels gewesen, hatte diesen hintergangen und schlimme Dinge getan, war dann aber voller Reue zurückgekehrt und einer der idealistischsten, edelsten Zauberer geworden, die es innerhalb des Zirkels, vielleicht aber auch in ganz Falaysia, je gegeben hat. Er war unglaublich mächtig gewesen und hatte in seinen letzten zwanzig Lebensjahren eine der wichtigsten Aufgaben des Zirkels übernommen: Die Bewachung von Locvantos. Er
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