Falken: Roman (German Edition)
Und dann machst du einen Witz darüber, aber ein kleiner Rest Zärtlichkeit bleibt. Es ist ein Gefühl, das Männer zivilisiert, sodass sie sich Frauen gegenüber besser benehmen, als sie es sonst tun würden. Aber weiter zu gehen, sich an verbotenem Fleisch zu vergreifen, die Kluft zwischen dem flüchtigen Gedanken und seiner Verwirklichung zu überspringen … Priester sagen dir, dass aus Versuchung Sünde wird und zwischen beides kein Haar mehr passt. Aber das kann nicht wahr sein. Du küsst eine Frau auf die Wange, gut; und dann beißt du ihr in den Hals? Du sagst: »Liebe Schwester«, und schon wirfst du sie auf den Rücken und schlägst ihr die Röcke hoch? Sicher nicht. Dazu müssen Räume durchquert und Knöpfe geöffnet werden. In so etwas tappst du nicht im Schlaf hinein. Du treibst nicht ungewollt Unzucht. Dir entgeht nicht, wie die Person aussieht und wer sie ist. Sie verbirgt ihr Gesicht nicht.
Es kann allerdings auch sein, dass Jane Rochford lügt. Einen Grund hat sie.
»Ich bin nicht oft ratlos«, sagt er, »wie ich vorgehen soll, doch jetzt muss ich mit etwas umgehen, über das ich kaum zu sprechen wage. Ich kann es nur zum Teil beschreiben, und so weiß ich nicht, wie ich die Anklage formulieren soll. Ich fühle mich wie einer jener Männer, die auf dem Rummel eine schreckliche Monstrosität vorführen.«
Auf einem Rummel werfen dir die betrunkenen Grobiane ihr Geld hin, und dann verachten sie, was du ihnen zu bieten hast. »Das soll eine Missbildung sein? Das ist nichts, verglichen mit meiner Schwiegermutter!«
Und ihre Kumpel schlagen ihnen auf die Schulter und feixen.
Darauf sagst du: Nun, Nachbarn, das habe ich euch nur vorgeführt, um euren Mut zu testen. Gebt mir noch einen Penny, und ich zeige euch, was ich hinten im Zelt habe. Der Anblick lässt noch die abgebrühtesten Männer erzittern. Ich garantiere euch, dass ihr nie ein Teufelswerk wie dies gesehen habt.
Und dann gucken sie. Und dann kotzen sie sich auf die Stiefel. Und du zählst dein Geld und verschließt es in deiner Schatulle.
Mark in Stepney. »Er hat sein Instrument dabei«, sagt Richard. »Seine Laute.«
»Sag ihm, er soll sie draußen lassen.«
War Mark eben noch unbeschwert, so ist er jetzt argwöhnisch, zögerlich. Auf der Schwelle: »Ich dachte, Sir, ich sollte Sie unterhalten?«
»Zweifeln Sie nicht daran.«
»Ich hatte gedacht, es gäbe eine große Gesellschaft, Sir.«
»Sie kennen meinen Neffen, Master Richard Cromwell?«
»Doch, ich spiele gern für Sie. Vielleicht wollen Sie, dass ich Ihren singenden Kindern zuhöre?«
»Nicht heute. Unter den gegebenen Umständen könnten Sie versucht sein, sie zu sehr zu loben. Aber wollen Sie sich nicht setzen und einen Becher Wein mit uns trinken?«
»Es wäre zu gütig, wenn Sie uns einen Rebec-Spieler nennen könnten«, sagte Richard. »Wir haben nur einen, und der ist ständig unterwegs nach Farnham, um seine Familie zu besuchen.«
»Der arme Kerl«, sagt er auf Flämisch. »Ich glaube, er hat Heimweh.«
Mark hebt den Blick. »Ich wusste nicht, dass Sie meine Sprache sprechen.«
»Das wiederum wusste ich. Sonst hätten Sie sie mir gegenüber nicht so despektierlich benutzt.«
»Ich bin sicher, Sir, ich habe es nicht böse gemeint.« Mark weiß nicht mehr, was er über seinen Gastgeber gesagt oder nicht gesagt hat. Sein Gesicht zeigt jedoch klar, dass er sich an den allgemeinen Tenor erinnert.
»Sie haben vorausgesagt, ich würde gehängt werden.« Er breitet die Arme aus. »Und doch lebe und atme ich. Aber ich befinde mich in einer schwierigen Situation, und so bleibt mir, obwohl Sie mich nicht mögen, nichts, als Sie um Hilfe zu bitten. Um eine Mildtätigkeit.«
Mark sitzt da, die Lippen leicht geöffnet, den Rücken durchgedrückt. Ein Fuß weist zur Tür und zeigt, wie gern er durch sie verschwände.
»Verstehen Sie.« Er legt die Hände zusammen: als wäre Mark ein Heiliger auf einem Sockel. »Mein Master, der König, und meine Mistress, die Königin, sind zerstritten. Alle wissen das. Mein größter Wunsch ist nun, sie wieder zu versöhnen. Zum Trost des ganzen Reiches.«
Das muss man dem Jungen lassen: Er ist nicht ohne Seele. »Aber, Master Sekretär, bei Hofe heißt es, Sie pflegen den Umgang mit den Feinden der Königin.«
»Um mehr über ihr Tun in Erfahrung zu bringen«, sagt er.
»Wenn ich das glauben könnte.«
Er sieht, wie Richard ungeduldig auf seinem Schemel herumrutscht.
»Dies sind bittere Tage«, sagt er. »Ich kann mich an keine
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