Falken: Roman (German Edition)
die Stirn in Falten, sein Stellvertreter schüttelt den Kopf, Richard Riche scheint ergriffen. Er, Cromwell, fasst sie – da es sonst niemand tut – und stellt sie zurück auf die Füße. Sie wiegt nichts, und als er sie hochhebt, bricht das Wimmern ab, als wäre ihr Atem unterbrochen. Stumm sucht sie Halt an seiner Schulter, lehnt sich an ihn, entschlossen, wissend, bereit für das Nächste, was sie zusammen tun werden: sie töten.
Als sie sich wieder der königlichen Barke zuwenden, bellt Norfolk: »Master Sekretär? Ich muss den König sprechen.«
»Ach«, sagt er, als wäre sein Bedauern echt: Ach, das wird nicht möglich sein. »Ihre Majestät hat um Ruhe und Ungestörtheit gebeten. Sie, Mylord, würden es unter den gegebenen Umständen doch sicher genauso machen.«
»Unter den gegebenen Umständen?«, wiederholt Norfolk. Der Herzog bleibt mindestens eine Minute stumm, während sie sich hinaus auf die Themse schieben, und er legt die Stirn in Falten und denkt ohne Zweifel an seine eigene, wenig genutzte Frau und die Chancen, dass sie sich anderswo schadlos hält. Ein höhnisches Schnauben ist die beste Antwort, entscheidet der Herzog: »Ich sage Ihnen etwas, Master Sekretär, ich weiß, dass Sie mit meiner Herzogin gut stehen, also was sagen Sie? Cranmer kann unsere Ehe annullieren, und sie gehört Ihnen, wenn Sie wollen. Was, Sie wollen sie nicht? Sie bringt ihr eigenes Bettzeug mit und ein Reitmuli, und sie isst nicht viel. Ich zahle Ihnen vierzig Schillinge im Jahr, und wir besiegeln den Handel.«
»Mylord, bremsen Sie sich«, sagt Audley heftig und fühlt sich veranlasst, zur letzten Rettung zu greifen: »Denken Sie an Ihre Vorfahren.«
»Das ist mehr, als Cromwell kann«, kichert der Herzog. »Und jetzt hören Sie mir zu, Crumb. Wenn ich sage, ich muss den Tudor sprechen, lehnt mir das kein Sprössling eines Hufschmieds ab.«
»Er könnte zum Schmiedehammer greifen, Mylord«, sagt Richard Riche. »Er könnte es sich zur Aufgabe machen, Ihrem Kopf eine neue Form zu verpassen. Der Master Sekretär hat Fähigkeiten, die Sie ihm nie zugetraut hätten.«
Eine Art Schwindelgefühl erfasst ihn, eine Reaktion auf den schrecklichen Anblick, den sie auf der Kaimauer hinter sich gelassen haben. »Er könnte ihnen eine gänzlich andere Gestalt geben«, sagt Audley. »Morgens noch wachen Sie als Herzog auf, und mittags schon sind Sie ein Pferdeknecht.«
»Vielleicht schmilzt er Sie auch ein«, sagt Fitzwilliam. »Sie fangen als Herzog an und sind am Ende nur mehr ein bleischwerer Klumpen.«
»Vielleicht beenden Sie Ihre Tage als Dreifuß oder Türangel.«
Er denkt: Du musst lachen, Thomas Howard, du musst lachen oder in Flammen aufgehen – was wird es sein? Wenn du brennst, können wir dich wenigstens mit Wasser übergießen. Mit einem Zucken, einem Erschaudern kehrt ihnen der Herzog den Rücken zu, um sich zu kontrollieren: »Geben Sie Henry Bescheid«, sagt er. »Sagen Sie ihm, ich schwöre dem Frauenzimmer ab. Sagen Sie ihm, ich nenne sie nicht länger meine Nichte.«
Er, Cromwell, sagt: »Sie werden die Möglichkeit bekommen, Ihre Treue zu beweisen. Wenn es zum Prozess kommt, werden Sie dem Gericht vorsitzen.«
»Wenigstens denken wir, dass es so weitergeht«, mischt Riche sich ein. »Eine Königin ist noch nie vor Gericht gestellt worden. Was sagt der Lordkanzler dazu?«
»Nichts sage ich.« Audley hebt die Hände. »Sie, Wriothesley und der Master Sekretär werden bereits alles beschlossen haben, wie Sie es für gewöhnlich tun. Nur … Cromwell, wollen Sie den Earl of Wiltshire nicht zu den Richtern nehmen?«
Er lächelt. »Ihren Vater? Nein. Das würde ich nicht tun.«
»Wie werden wir Lord Rochford anklagen?«, fragt Fitzwilliam. »Wenn er tatsächlich angeklagt werden soll?«
Norfolk sagt: »Sind es die drei, die vor Gericht kommen? Norris, Rochford und der Fiedler?«
»O nein, Mylord«, sagt er ruhig.
»Mehr noch? Bei allen Heiligen!«
»Wie viele Liebhaber hat sie gehabt?«, fragt Audley mit kaum unterdrückter Neugier.
Riche sagt: »Lordkanzler, haben Sie den König gesehen? Ich schon. Er sieht blass und krank aus vor Anspannung. Das allein ist schon Hochverrat, wenn sein königlicher Körper geschädigt werden sollte. Was tatsächlich, denke ich, bereits geschehen ist.«
Wenn Hunde Hochverrat wittern könnten, wäre Riche ein Bluthund, der Beste unter den Trüffelsuchern.
Er sagt: »Ich bleibe offen dafür, wie diese Gentlemen angeklagt werden, ob wegen des Vertuschens eines
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