Falken: Roman (German Edition)
das so schwer? Die Lebensüberdrüssigen sagen ihm: Zu diesen Sünden muss es kommen. Wenn Sie Männer ohne Zugang zu Frauen wegschließen, fallen sie über die jüngeren und schwächeren Novizen her. Es sind Männer, und sie haben nur eine Männernatur. Aber sollen sie sich nicht über die Natur erheben? Wozu all das Beten und Fasten, wenn es sie nicht vor den Versuchungen des Teufels schützt?
Der König gesteht die Verschwendung ein, die Misswirtschaft. Es mag nötig sein, sagt er, einige der kleineren Häuser zu reformieren und neu aufzuteilen, denn das hat auch der Kardinal getan, als er noch lebte. Aber den großen Häusern, denen können wir doch sicher vertrauen, dass sie sich selbst erneuern?
Möglich, sagt er. Er weiß, der König ist gottesfürchtig und hat Angst vor Veränderungen. Er will die Kirche reformieren, will sie makellos, und er will Geld. Als im Zeichen des Krebses Geborener strebt er sein Ziel jedoch wie eine Krabbe an: seitwärts, in einer webenden Bewegung. Er, Cromwell, beobachtet Henry, als dessen Blick über die Zahlen gleitet, die er ihm vorgelegt hat. Es ist kein Vermögen, nicht für einen König: kein königliches Lösegeld. Nach und nach mag Henry auch an die größeren Häuser denken wollen, die fetteren Äbte, die wohlig im eigenen Saft schmoren. Lass uns einen Anfang machen. Er sagt: Ich habe an zu vielen Klostertischen gesessen, an denen der Abt Rosinen und Datteln knabbert, während es für die Mönche wieder mal Heringe sind. Er denkt: Wenn ich es bestimmen könnte, würde ich sie alle befreien, um ihnen ein anderes Leben zu ermöglichen. Sie behaupten, eine vita apostolica zu leben, aber die Apostel haben sich nicht gegenseitig bei den Eiern gefasst. Wer gehen will, soll gehen. Wer ein ordinierter Priester ist, kann Benefizien bekommen und in den Gemeinden sinnvolle Arbeit tun. Die unter Vierundzwanzigjährigen, ob Mann oder Frau, können zurück in die Welt geschickt werden. Sie sind zu jung, um sich ein Leben lang mit Gelübden zu binden.
Er denkt voraus: Wenn der König das Land der Mönche hätte, nicht nur einen kleinen Teil davon, sondern alles, wäre er dreimal der, der er heute ist. Dann muss er nicht länger mit dem Hut in der Hand ins Parlament und um Unterstützung betteln. Sein Sohn Gregory sagt zu ihm: »Sir, es heißt, wenn der Abt von Glastonbury mit der Äbtissin von Shaftesbury ins Bett ginge, würde ihr Nachkomme der reichste Landbesitzer Englands sein.«
»Sehr wahrscheinlich«, sagt er, »obwohl, hast du die Äbtissin von Shaftesbury gesehen?«
Gregory wirkt beunruhigt. »Sollte ich das?«
Gespräche mit seinem Sohn sind so: Sie schießen in wilde Richtungen und enden überall. Er denkt an die Grunzer, mit denen er und Walter kommunizierten, als er ein Junge war. »Du kannst sie dir ansehen, wenn du willst. Ich muss bald nach Shaftesbury, ich habe da zu tun.«
In den Konvent in Shaftesbury hat Wolsey seine Tochter gegeben. Er sagt: »Könntest du eine Notiz für mich machen, Gregory, zur Erinnerung? Dorothea besuchen.«
Gregory möchte unbedingt fragen, wer ist Dorothea? Er sieht, wie sich die Fragen in Gregorys Ausdruck jagen. Dann endlich: »Ist sie hübsch?«
»Ich weiß es nicht. Ihr Vater hat gut auf sie aufgepasst.« Er lacht.
Das Lächeln wischt er aus seinem Gesicht, als er Henry erinnert: Wenn Mönche zu Verrätern werden, sind sie die widerspenstigsten dieser verwünschten Brut. Wenn du ihnen drohst, ich werde euch leiden lassen, antworten sie, dass sie geboren wurden, um zu leiden. Einige beschlossen, im Kerker zu hungern, oder gingen betend nach Tyburn zum Henker. Er sagte ihnen, was er Thomas More gesagt hatte: Es geht hier nicht um Ihren oder meinen Gott oder überhaupt um Gott. Es geht darum, wen Sie haben wollen: Henry Tudor oder Alessandro Farnese? Den König von England in Whitehall oder einen irrsinnig korrupten Ausländer im Vatikan? Sie wandten die Köpfe ab, starben wortlos, die falschen Herzen aus der Brust geschnitten.
Als er endlich durch das Tor seines City-Hauses in Austin Friars reitet, drängen sich seinem livrierten Diener in ihren langschößigen Jacken aus graumarmoriertem Stoff um ihn. Gregory ist rechts von ihm, links ist Humphrey, der Hüter seiner unternehmungslustigen Spaniels, mit dem er sich gut unterhalten hat. Hinter ihm kommen die Falkner, Hugh, James und Roger, wachsame Männer, die auf jedes Gedränge, jede mögliche Bedrohung achten. Eine Menschentraube hat sich vor seinem Tor gebildet und rechnet mit
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