Falken: Roman (German Edition)
rundes Dutzend lustiger kleiner Jungs, gerettet aus einem Kloster. Sie arbeiten mit ihren Büchern, üben auf ihren Instrumenten, und bei Tisch lernen sie Manieren. Beim Abendessen unterhalten sie seine Gäste. Sie üben sich im Bogenschießen, spielen mit den Spaniels Apportieren, und die kleinsten ziehen ihre Steckenpferde übers Pflaster und folgen ihm überallhin. Sir, Sir, Sir, gucken Sie doch, wollen Sie sehen, wie ich einen Handstand mache? »Sie bringen Leben ins Haus«, sagt er.
»Wenn Sie je nach jemandem suchen, der ihren Auftritt poliert, denken Sie an mich.«
»Das werde ich, Mark.« Er denkt: Ihnen würde ich meine kleinen Jungs nicht anvertrauen.
»Sie werden die Königin missmutig finden«, sagt der junge Mann. »Sie wissen, ihr Bruder ist mit einem speziellen Auftrag nach Frankreich gefahren, und heute hat er einen Brief geschickt. Dort drüben scheint die Rede zu gehen, dass Katherine an den Papst geschrieben und ihn aufgefordert hat, die niederträchtige Exkommunikation wirksam werden zu lassen, mit der er unseren Master belegt hat. Das würde unerhörten Schaden und Gefahren für unser Königreich bedeuten.« Er nickt, ja, ja, ja. Mark muss ihm nicht erklären, was eine Exkommunikation ist. Kann er sich nicht kurz fassen? »Die Königin ist wütend«, sagt der Junge, »denn wenn es so ist, ist Katherine eine klare Verräterin, und die Königin fragt sich, warum wir nichts gegen sie unternehmen?«
»Angenommen, ich sage Ihnen den Grund, Mark – gehen Sie dann hinein und erklären ihn ihr? Es scheint, dass Sie mir damit ein, zwei Stunden Zeit schenken würden.«
»Wenn Sie mich damit betrauen …«, beginnt der Junge, sieht sein kaltes Lächeln und wird rot.
»Ich würde Sie vielleicht mit einer Motette betrauen, Mark. Obwohl« – er betrachtet ihn nachdenklich – »es so aussieht, als stünden Sie hoch in der Gunst der Königin.«
»Master Sekretär, ich glaube tatsächlich, dass das so ist.« Mark berappelt sich bereits wieder. »Oft sind es geringere Männer wie wir, die das königliche Vertrauen auf sich ziehen.«
»Nun denn. Da sind wir wohl bald schon Baron Smeaton, wie? Ich werde der Erste sein, der Ihnen gratuliert. Auch, wenn ich mich selbst immer noch auf den Bänken des Unterhauses quäle.«
Mit einer Handbewegung verscheucht Anne die Ladies um sich herum, die mit einem Knicks und unter Flüstern in seine Richtung hinauslaufen. Ihre Schwägerin, Georges Frau, zögert noch. Anne sagt: »Danke, Lady Rochford, ich brauche Sie heute Abend nicht mehr.«
Nur ihre Närrin bleibt bei ihr: eine Zwergin, die hinter dem Stuhl der Königin her zu ihm herüberlinst. Annes Haar hängt offen unter einer Haube aus Silbergewebe in Form eines zunehmenden Mondes hervor. Er merkt es sich: Die Frauen um ihn herum fragen immer, wie Anne sich kleidet. So empfängt sie ihren Ehemann, die dunklen Locken zeigt sie nur ihm und heute zufällig auch Cromwell, welcher der Sohn eines Handwerkers ist und nicht zählt, genauso wenig wie der junge Mark.
Sie beginnt wie so oft mitten im Satz. »… deswegen sollen Sie hin. Ins Landesinnere, um sie zu sprechen. Sehr geheim. Nehmen Sie nur die Männer mit, die Sie brauchen. Hier, lesen Sie den Brief von meinem Bruder Rochford.« Sie hält ihn mit den Fingerspitzen, ändert jedoch die Meinung und zieht ihn zurück. »Oder … nein«, sagt sie und beschließt, den Brief für sich zu behalten. Vielleicht enthält er zwischen den Neuigkeiten etwas Nachteiliges über Cromwell? »Ich bin sehr argwöhnisch, was Katherine betrifft, sehr argwöhnisch. Es scheint, dass sie in Frankreich Dinge wissen, die wir nur raten können. Sind Ihre Leute vielleicht nicht wachsam genug? Mylord mein Bruder glaubt, die Königin dränge den Kaiser zur Invasion, wie auch sein Botschafter Chapuys, der im Übrigen aus diesem Land ausgewiesen werden sollte.«
»Nun, wissen Sie«, sagt er. »Wir können Botschafter nicht so einfach hinauswerfen. Weil wir dann nichts mehr erfahren.«
Die Wahrheit ist, dass er sich vor Katherines Intrigen nicht fürchtet: Die Stimmung zwischen Frankreich und dem Kaiserreich ist im Augenblick unversöhnlich, und wenn es zu einem offenen Krieg kommt, hat der Kaiser keine Truppen, um in England einzumarschieren. Diese Dinge ändern sich innerhalb einer Woche, die boleynsche Einschätzung der Situation hinkt, wie er festgestellt hat, der Wirklichkeit immer etwas hinterher und wird zudem durch den Umstand beeinflusst, dass sie so tun, als hätten sie besondere
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