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Falken: Roman (German Edition)

Falken: Roman (German Edition)

Titel: Falken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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herrschaftlicher Miene. Der Tag ist milder, und sie kommen gut und ohne Zwischenfälle voran. Einzelne Bilder werden alles sein, was er von seinem Ritt ins Innere Englands bewahrt. Die Stechpalmenbeeren brennen in ihren Büschen. Erschreckt fliegt eine Waldschnepfe direkt vor ihren Hufen auf. Es fühlt sich an, als bewegten sie sich an einen wässrigen Ort, wo Erde und Sumpf die gleiche Farbe haben und nichts unter ihren Füßen fest ist.
    Kimbolton ist ein geschäftiger Marktflecken, aber im Dämmerlicht sind die Straßen leer. Sie sind nicht sonderlich schnell geritten, es hat wenig Sinn, die Pferde für eine Aufgabe auszulaugen, die zwar wichtig, aber nicht dringend ist. Katherine lebt oder stirbt nach ihrer eigenen Uhr. Im Übrigen ist es gut für ihn, ins Land hinauszukommen. In Londons Gassen gezwängt, ein Pferd oder Maultier unter Übergängen und Giebeln hindurchdrängend, das schäbige Himmelszelt von Dächern zerrissen, vergisst man, wie England ist: wie breit die Felder, wie weit der Himmel, wie armselig und unwissend das Volk. Sie kommen an einem Kreuz am Straßenrand vorbei, unter dem vor Kurzem erst gegraben wurde. Einer der bewaffneten Männer sagt: »Sie glauben, dass die Mönche ihre Schätze vergraben, um sie vor unserem Master zu verstecken.«
    »So sind sie«, sagt er. »Aber nicht unter Kreuzen. So dumm sind sie nicht.«
    Auf der Hauptstraße zügeln sie die Pferde vor der Kirche. »Warum?«, fragt Christophe.
    »Ich brauche einen Segen«, sagt er.
    »Sie müssen die Beichte ablegen, Sir«, sagt einer der Männer.
    Lächelnde Gesichter. Es ist harmlos, niemand denkt schlechter von ihm: nur, dass ihre eigenen Betten kalt geblieben sind. Das ist ihm aufgefallen: dass ihn Männer, die ihn nicht kennen, nicht mögen, aber wenn sie ihn kennengelernt haben, ist es nur noch bei einigen so. Wir hätten in einem Kloster übernachten können, hatte sich einer seiner Begleiter beschwert, nur hätte es da keine Frauen gegeben, nehme ich an. Er hatte sich im Sattel umgedreht: »Glauben Sie das wirklich?« Wissendes Lachen von den anderen Männern.
    Im eisigkalten Inneren der Kirche schlagen sich seine Begleiter die Arme um den Körper, stampfen mit den Füßen und rufen: »Brr«, wie schlechte Schauspieler. »Ich pfeife nach dem Priester«, sagt Christophe.
    »Nichts dergleichen wirst du tun.« Aber er grinst. Er kann sich vorstellen, wie sein jüngeres Selbst das gesagt und auch getan hätte.
    Es besteht jedoch keine Notwendigkeit zu pfeifen. Ein argwöhnischer Kirchendiener schiebt sich mit einer Laterne herein. Zweifellos stolpert bereits ein Bote mit den Neuigkeiten zum großen Haus hinüber: Aufgepasst, seid bereit, Herren sind angekommen. Es ist schicklich für Katherine, vorgewarnt zu werden, denkt er, aber nicht zu sehr. »Stellen Sie sich vor«, sagt Christophe, »wir platzen da herein, während sie sich die Barthaare ausrupft. Was Frauen in dem Alter tun.«
    Für Christophe ist die ehemalige Königin eine ausgediente Schlampe, ein altes Weibsstück. Er denkt, Katherine müsste in meinem Alter sein, zumindest ungefähr. Aber das Leben setzt Frauen härter zu, besonders Frauen, die wie Katherine mit vielen Kindern gesegnet wurden und sie haben sterben sehen.
    Stumm taucht der Priester neben seinem Ellbogen auf, ein schüchterner Kerl, der die Schätze der Kirche vorführen möchte. »Sie müssen …« Er geht eine Liste in seinem Kopf durch. »William Lord sein?«
    »Oh. Nein.« Es ist ein anderer William. Eine lange Erklärung folgt. Er setzt ihr ein Ende. »Solange Ihr Bischof weiß, wer Sie sind.« Hinter ihm ist ein Bild des heiligen Edmund, des Mannes mit fünfhundert Fingern. Die Füße des Heiligen sind anmutig ausgerichtet, als tanzte er. »Heben Sie die Laterne an«, sagt er. »Ist das eine Meerjungfrau?«
    »Ja, Mylord.« Sorge wirft einen Schatten auf das Gesicht des Priesters. »Muss sie weggehängt werden? Ist sie verboten?«
    Er lächelt. »Ich dachte nur, dass sie hier weit vom Meer weg ist.«
    »Sie ist ein stinkender Fisch«, ruft Christophe lachend.
    »Vergeben Sie dem Jungen. Er ist kein Dichter.«
    Ein schwaches Lächeln vom Priester. Auf einer Trennwand aus Eichenholz hält die heilige Anne ein Lehrbuch für ihre kleine Tochter, die Jungfrau Maria. Der Erzengel Michael hackt mit einem Krummsäbel auf einen Teufel ein, der ihm die Füße umschlingt. »Sind Sie hier, um die Königin zu sprechen, Sir? Ich meine«, verbessert sich der Priester, »Lady Katherine?«
    Dieser Priester

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