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Falken: Roman (German Edition)

Falken: Roman (German Edition)

Titel: Falken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
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bringen. Als er Brandon aus dem Audienzzimmer hinaushat, hält er inne und fragt: »Suffolk, wo haben Sie das her?«
    »Ah, wir adligen Lords wissen mehr als Sie. Der König macht uns seine wirklichen Absichten klar. Sie denken, Sie kennen seine Geheimnisse, aber da täuschen Sie sich, Cromwell.«
    »Sie haben gehört, was er gesagt hat. Anne trägt sein Kind aus. Sie sind verrückt, wenn Sie denken, dass er versucht, sie jetzt loszuwerden.«
    »Er ist verrückt, wenn er denkt, dass es von ihm ist.«
    »Was?« Er fährt von Brandon zurück, als wäre dessen Brustpanzer glühend heiß. »Wenn Sie etwas wissen, was gegen die Ehre unserer Königin spricht, sind Sie als Untertan verpflichtet, es offen auszusprechen.«
    Brandon befreit sich von seinem Griff. »Das habe ich bereits, und was war der Lohn? Als ich ihm von ihr und Wyatt erzählt habe, hat er mir einen Tritt versetzt und mich zurück nach Suffolk geschickt.«
    »Wenn Sie Wyatt in diese Sache hineinziehen, verpasse ich Ihnen einen Tritt, dass Sie in China landen.«
    Das Gesicht des Herzogs läuft über vor Zorn. Wie ist es so weit gekommen? Erst vor Wochen hat Brandon ihn gefragt, ob er nicht der Pate des Sohnes sein wolle, den er von seiner neuen, kleinen Frau hat. Jetzt knurrt der Herzog: »Gehen Sie zurück an Ihren Abakus, Cromwell. Sie sind nur dazu gut, Geld einzutreiben. Die Geschäfte zwischen Staaten sind zu groß für Sie. Sie sind ein gemeiner Mann ohne jeden Status, der König selbst sagt, dass Sie nicht dazu taugen, mit Fürsten zu reden.«
    Brandons Hand liegt auf seiner Brust und schiebt ihn zurück: Wieder hält der Herzog auf den König zu. Es ist der in Ehrbarkeit und Sorge erstarrte Chapuys, der für Ordnung sorgt und sich zwischen den König und die schäumende, kochende Masse des Herzogs schiebt. »Ich verabschiede mich, Majestät. Wie immer erweisen Sie sich als äußerst kultivierter Fürst. Wenn ich rechtzeitig komme, worauf ich vertraue, wird mein Master den Trost erfahren, durch seinen eigenen Gesandten Nachricht von den letzten Stunden seiner Tante zu bekommen.«
    »Mehr kann ich nicht tun«, sagt Henry ernüchtert. »Gott sei mit Ihnen.«
    »Ich reite mit dem ersten Licht«, erklärt ihm Chapuys. Schnell gehen sie davon, durch Moriskentänzer und nickende Steckenpferde, vorbei an einem Wassergeist und einem Fischschwarm, und umrunden zuletzt noch eine auf sie zurumpelnde Burg, angemaltes Mauerwerk auf geölten Rädern.
    Draußen auf dem Anleger wendet sich Chapuys ihm zu. Auch in seinem Kopf müssen sich geölte Räder drehen. Was er über die Frau gehört hat, die er die Konkubine nennt, wird er bereits in kodierte Depeschen übersetzen. Sie können untereinander nicht so tun, als wäre nichts gewesen. Wenn Brandon brüllt, fallen in Deutschland Bäume um. Es wäre nicht überraschend, wenn der Botschafter triumphieren würde: nicht wegen des Gedankens an eine französische Heirat, sicher nicht, sondern wegen Annes Niedergang.
    Aber Chapuys wahrt die Fassung. Er ist sehr bleich und sehr ernst. »Cremuel«, sagt er, »ich habe die Bemerkungen des Herzogs gehört. Über Ihre Person. Ihre Stellung.« Er räuspert sich. »Was immer Sie denken mögen, ich selbst bin ein Mann einfachen Ursprungs, wenn auch vielleicht nicht so einfach …«
    Er kennt Chapuys’ Geschichte. Der Botschafter stammt aus einer Familie kleiner Anwälte, zwei Generationen über dem Bauernstand.
    »Also: Ich glaube, Sie sind fähig, mit Fürsten zu verhandeln. Ich würde Sie in jeder Versammlung diesseits des Himmels unterstützen. Sie sind ein beredter und gebildeter Mann. Wenn ich einen Advokaten bräuchte, um für mein Leben zu kämpfen, würde ich Sie wählen.«
    »Sie überwältigen mich, Eustace.«
    »Gehen Sie zurück zu Henry. Bringen Sie ihn dazu, dass er der Prinzessin erlaubt, ihre Mutter zu sehen. Eine sterbende Frau, welcher Politik kann es schaden, welchem Interesse …« Ein zorniger, trockener Schluchzer bricht aus der Kehle des armen Mannes, doch schon hat er sich wieder gefasst. Er nimmt den Hut ab und starrt ihn an, als könnte er sich nicht erinnern, woher er ihn hat. »Ich glaube nicht, dass ich diesen Hut tragen sollte«, sagt er. »Es ist mehr ein Weihnachtshut, meinen Sie nicht auch? Trotzdem würde ich ihn nicht gern verlieren, er ist ziemlich einzigartig.«
    »Geben Sie ihn mir. Ich bewahre ihn auf, und Sie können ihn nach Ihrer Rückkehr wieder tragen.« Nach der Trauerzeit, denkt er. »Hören Sie … ich will Ihnen wegen Mary keine

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