Falken: Roman (German Edition)
davongeritten bin, hat sie etwas Beunruhigendes zu mir gesagt. Sie sagte: ›Vielleicht ist alles mein Fehler. Dass ich mich dem König widersetzt habe, als ich mich ehrenvoll hätte zurückziehen und ihn neu heiraten lassen können.‹ Ich sagte zu ihr, Madam – weil ich erstaunt war – Madam, was denken Sie da, Sie haben das Recht auf Ihrer Seite, das große Gewicht der Meinung von Laien wie von der Geistlichkeit … ›Ach, aber‹, sagte sie zu mir, ›für die Anwälte war der Fall zweifelhaft, und falls ich geirrt habe, habe ich den König, der keinen Widerspruch duldet, dazu getrieben, den schlechtesten Zügen seiner Natur zu folgen, womit ich einen Teil der Schuld an seiner Sünde trage.‹ Ich sagte, gute Madam, nur die härteste Obrigkeit würde das sagen. Lassen Sie dem König seine Sünden, lassen Sie ihn selbst dafür einstehen. Aber sie schüttelte den Kopf.« Chapuys schüttelt den seinen, bekümmert, verwirrt. »All die Toten: Bischof Fisher, Thomas More, die heiligen Mönche von Charterhouse … ›Ich verlasse das Leben‹, sagte sie, ›und ziehe ihre Leichen hinter mir her.‹«
Er bleibt stumm. Chapuys geht zu seinem Schreibtisch hinüber und öffnet eine kleine intarsiengeschmückte Schachtel. »Wissen Sie, was das ist?«
Er nimmt die Seidenblume, vorsichtig, für den Fall, dass sie in seinen Fingern zu Staub zerfällt. »Ja. Die hat Henry ihr geschenkt. Die hat er ihr geschenkt, als der Neujahrsprinz auf die Welt kam.«
»Sie zeigt den König in einem guten Licht. Ich hätte nicht geglaubt, dass er so gefühlvoll sein kann. Ich bin sicher, ich selbst wäre nicht auf so etwas gekommen.«
»Sie sind ein trauriger alter Junggeselle, Eustace.«
»Und Sie ein trauriger alter Witwer. Was haben Sie Ihrer Frau geschenkt, als Ihr reizender Gregory geboren wurde?«
»Oh, ich denke … eine goldene Schale. Einen goldenen Kelch. Etwas, das sie sich hinstellen konnte.« Er gibt die Seidenblume zurück. »Eine Frau in der Stadt möchte ein Geschenk, das etwas wiegt.«
»Katherine hat mir diese Rose bei unserem Abschied geschenkt«, sagt Chapuys. »Sie sagte: Das ist alles, was ich zu vermachen habe. Sie sagte: Nehmen Sie sich eine Blume aus der Truhe und gehen Sie. Ich küsste ihr die Hand und machte mich auf den Weg.« Er seufzt. Er lässt die Blume auf den Tisch fallen und schiebt sich die kalten Hände in die Ärmel. »Es heißt, die Konkubine befragt Wahrsager nach dem Geschlecht des Kindes, obwohl sie das auch früher schon getan hat und alle meinten, es sei ein Junge. Nun, der Tod der Königin hat die Stellung der Konkubine verändert, nur vielleicht nicht auf die Weise, wie sie es möchte.«
Er schweigt dazu. Er wartet. Chapuys sagt: »Wie ich höre, hat Henry seinen kleinen Bastard am Hofe vorgeführt, als er die Nachricht bekam.«
Elizabeth ist ein frühreifes Kind, erklärt er dem Botschafter. Sie dürfen nicht vergessen, dass der junge Henry, als er kaum ein Jahr älter war als seine Tochter heute, quer durch London geritten ist, auf dem Sattel eines Schlachtrosses, sechs Fuß über der Erde und sich mit den kleinen, dicken Kinderhänden an den Knauf klammernd. Tun Sie die Prinzessin nicht ab, erklärt er Chapuys, nur weil sie noch jung ist. Die Tudors sind Krieger von der Wiege an.
»Sicher.« Chapuys schnipst sich einen Aschekrümel vom Ärmel. »Immer angenommen, sie ist eine Tudor. Was mancher bezweifelt. Und das Haar beweist gar nichts, Cremuel. Ich könnte hinaus auf die Straße gehen und ohne Netz ein halbes Dutzend Rotköpfe einfangen.«
»So«, sagt er und lacht, »Sie denken also, Annes Kind könnte von einem zufällig Vorbeikommenden gezeugt worden sein?«
Der Botschafter zögert. Er gibt nicht gern zu, dass er den französischen Gerüchten Aufmerksamkeit zollt. »Wie immer«, schnieft er, »selbst wenn sie von Henry ist, ist sie doch ein Bastard.«
»Ich muss Sie verlassen.« Er steht auf. »Oh, ich hätte Ihren Weihnachtshut mitbringen sollen.«
»Behalten Sie ihn in Ihrer Obhut.« Chapuys kauert sich zusammen. »Ich werde eine Weile Trauer tragen. Aber setzen Sie ihn nicht auf, Thomas. Sie weiten ihn und nehmen ihm die Form.«
Nennt-mich-Risley kommt direkt vom König und bringt Nachricht von den Vorbereitungen für die Beerdigung.
»Ich habe gesagt, Majestät, werden Sie den Leichnam nach St. Paul’s bringen? Worauf er antwortete, sie kann in Peterborough ihre letzte Ruhe finden, Peterborough ist ein alter, ehrwürdiger Ort und kostet weniger. Das hat mich
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