Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falken: Roman (German Edition)

Falken: Roman (German Edition)

Titel: Falken: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Mantel
Vom Netzwerk:
Wahrheit kann durch die Straßen heulen. Aber wenn sie nicht angenehm, sympathisch und leicht zu mögen ist, ist sie dazu verdammt, winselnd vor der Hintertür zu stehen. Das Aufräumen nach Katherines Tod hat ihn ein paar Legenden um ihr früheres Leben nachspüren lassen. Rechnungsbücher erzählen Geschichten, die spannend sind wie Sagen mit Seeungeheuern und Kannibalen. Katherine hat immer behauptet, von Arthurs Tod bis zu ihrer Heirat mit dem jungen Henry fürchterlich vernachlässigt worden zu sein. So elendiglich arm sei sie gewesen, dass sie nicht selten den Fisch vom Vortag habe essen müssen, und so weiter. Dem alten König war die Schuld daran gegeben worden, aber wenn du in die Bücher siehst, stellt sich heraus, dass er durchaus großzügig war. Katherines Haushalt hat sie betrogen. Tafelsilber und Schmuck wurden veräußert, aber davon muss sie doch gewusst haben? Sie lebte verschwenderisch und großzügig, fürstlich mit anderen Worten, ohne einen Gedanken daran, sich auf ihre Verhältnisse einzustellen.
    Du fragst dich, was sonst du noch geglaubt hast, ohne einen Grund geglaubt hast. Sein Vater Walter hat für ihn bezahlt, zumindest laut Gardiner: eine Entschädigung für die Stichwunde, die er jemandem beigebracht hatte. Walter hat die betroffene Familie mit einer Summe befriedet. Was, denkt er, wenn Walter mich gar nicht gehasst hat? Was, wenn ich ihn einfach nur zur Verzweiflung gebracht habe und er mich deshalb über den Hof getreten hat? Was, wenn ich es verdient hatte? Weil ich ständig gekräht habe: »He, ich kann mehr trinken als du. He, ich bin auch in allem anderen besser. He, ich bin der Fürst von Putney und vermöble alle aus Wimbledon; lass sie aus Mortlake kommen, ich zerlege sie. He, ich bin jetzt schon ein Stück größer als du, sieh die Tür an, da habe ich eine Kerbe gemacht. Komm schon, komm schon, Vater, stell dich an die Wand.«
    Er schreibt:
     
    Anthonys Zähne.
    Frage: Was ist mit ihnen geschehen?
     
    Anthonys Antwort darauf, mir, Thomas Cromwell, gegenüber: Sein brutaler Vater hat sie ihm ausgeschlagen.
     
    Richard Cromwell gegenüber: Er war in einer Festung, die vom Papst belagert wurde. Irgendwo im Ausland. In irgendeinem Jahr. Von irgendeinem Papst. Die Festung wurde unterhöhlt und eine Sprengladung angebracht. Da er an einer ungünstigen Stelle stand, hat es ihm die Zähne aus dem Kopf gerissen.
     
    Thomas Wriothesley gegenüber: Als er Seemann vor Island war, hat sie sein Kapitän bei einem Mann gegen Vorräte eingetauscht, der Schachfiguren aus Zähnen schnitzte. Er hatte nicht kapiert, worum es ging, bis in Felle gekleidete Männer kamen, die sie ihm ausschlugen.
     
    Richard Riche gegenüber: Er hat sie im Streit mit einem Mann verloren, der die Macht des Parlaments in Frage stellte.
     
    Christophe gegenüber: Jemand hat ihn verflucht, und darauf fielen sie aus. Christophe sagt: »Als Kind hat man mir erzählt, wie viele vom Teufel Besessene es in England gibt. Praktisch in jeder Straße lebt eine Hexe.«
     
    Thurston gegenüber: Er hatte einen Feind, der war Koch. Dieser Feind malte einen Schwung Steine an, dass sie wie Haselnüsse aussahen, und lud ihn zu einer Handvoll ein.
     
    Gregory gegenüber: Sie wurden ihm von einem großen Wurm aus dem Kopf gesaugt, der über den Boden kroch und seine Frau auffraß. Das war in Yorkshire, im letzten Jahr.
    Er zieht einen Strich unter seine Schlüsse. Sagt: »Gregory, was soll ich wegen des großes Wurms unternehmen?«
    »Schicken Sie einen Trupp gegen ihn aus, Sir«, sagt der Junge, »er muss erledigt werden. Bischof Rowland Lee würde ihm nachstellen. Oder Fitz.«
    Er sieht seinen Sohn lange an. »Du weißt, er stammt aus Arthur Cobblers Geschichten?«
    Gregory erwidert seinen Blick. »Ja, das weiß ich.« Er klingt bedauernd. »Aber es macht die Leute so glücklich, wenn ich sie glaube. Vor allem Mr   Wriothesley. Obwohl er so ernst geworden ist. Früher hatte er großen Spaß daran, meinen Kopf unter den Wasserspeier zu halten. Heute hebt er den Blick zum Himmel und sagt: ›Seine Majestät, der König‹, wo er ihn früher doch ›Seine horrible Hoheit‹ genannt und seinen Gang nachgeäfft hat.« Gregory stemmt die Hände in die Seiten und stampft quer durch den Raum.
    Er hebt die Hand, um sein Lächeln zu verbergen.
    Der Tag des Turniers kommt. Er ist in Greenwich, aber entschuldigt sich von der Tribüne. Am Morgen hat ihn der König ausgefragt, als sie Seite an Seite in der Frühmesse saßen: »Wie viel

Weitere Kostenlose Bücher