Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Titel: Falkenhof 03 - Im Banne des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
Vom Netzwerk:
blieben auch die mutigsten Fischer im Hafen.
    »Es kann nicht mehr weit sein!«, versicherte Sadik, während sich das Boot wieder einen Wellenberg hochkämpfte.
    Tobias umklammerte die Schot des Segels mit Händen, die fast völlig taub waren. »Das hast du nun schon so oft gesagt, dass …«
    »Tobias! … Sadik! Da vorn!«, schrie Jana, als sie den Kamm erreichten. Und dann kippte ihre Stimme förmlich über: »Land! … Da drüben ist Land! … Die Küste!«
    Fast wäre Tobias aufgesprungen. Doch er unterdrückte diesen ersten gedankenlosen Impuls. Zudem hätte er auch gar nichts gesehen, denn nun tauchte das Boot wieder hinab. Doch auf dem Kamm der nächsten Welle reckte er den Kopf, spähte aufgeregt in die Richtung, in die Jana wie wild deutete, und fand ihre Entdeckung bestätigt. »Mein Gott, es stimmt! … Da liegt Land voraus, Sadik! … Die Küste! … England! … Wir haben es geschafft!«, stieß er ebenso glücklich wie fassungslos hervor, dass ihre stürmische nächtliche Odyssee mit dem Beiboot endlich ein Ende hatte. Ein Schauer ging durch seinen Körper, diesmal jedoch nicht, weil ihm kalt war.
    »Allah sei gepriesen!«, rief Sadik, dessen Gesicht von der Anstrengung der letzten Stunden stark gezeichnet war.
    Die Küste lag im Dunst des Morgennebels und sie flogen nun nahezu auf diesen dunklen Streifen zu, der schnell an Größe und Konturen gewann.
    »Brandung!«, rief Tobias warnend, als er den weißen Riegel schäumender Brandungswogen entdeckte.
    »Dann haltet euch bereit und gut fest! Nach dem, was wir die letzten Stunden hinter uns gebracht haben, werden wir uns doch jetzt nicht von dieser Brandung zum Beidrehen zwingen lassen! Wer weiß, wie lange wir noch segeln müssten, um eine ruhigere Bucht zu finden!«, rief Sadik ihnen mit wilder Entschlossenheit zu, die zermürbende Segelpartie hier und jetzt zu einem Ende zu bringen.
    Jana und Tobias suchten einen festen Halt und starrten mit angstgezeichneten Gesichtern auf die hoch steigende Brandung, deren Donnern zu einem erschreckenden Getöse anschwoll, je näher sie kamen.
    Wie ein Pfeil schoss das Beiboot mit prall gefülltem Segel auf diese Barriere schäumender Wogen zu.
    »Kopf runter und festhalten!«, brüllte Sadik, um den Brandungslärm zu übertönen. »Allah kherim!« Und mit lauter Stimme begann er die erste Sure zu beten.
    Der Bug bohrte sich in die weiße, wirbelnde Wand. Tobias hörte, wie Holz barst. Es musste der Mast sein. Doch er konnte nichts mehr sehen, ja nicht einmal mehr atmen. Denn überall war Wasser, tonnenschwer. Erst presste es ihn nieder, dann zerrte es an ihm und schien ihn aus dem Boot saugen zu wollen.
    Wo war Jana? … Sadik? … Er hörte seine Stimme nicht mehr. Hatte ihn der Mast getroffen und aus dem Boot geschleudert? Das durfte nicht sein! Ihm wurde die Luft knapp. Seine Lungen schmerzten immer stärker. Als würde jemand Nadeln hineinstechen. Er brauchte Luft! O Gott, er erstickte! War das ihr Boot, das sich drehte?
    Er glaubte, jeden Augenblick ersticken zu müssen.
    Und dann gab die See das Boot frei.
    Mastlos trieb es im flachen Wasser auf den Strand zu.
    Verstört richtete sich Tobias auf. Ihm war, als hätte er ein Wunder erlebt. Merkwürdigerweise hatte er den Eindruck von friedlicher Stille. Das Donnern der Brandung hinter ihnen kam ihm wie ein Flüstern vor.
    Vor ihm rappelte sich Jana auf, hustete, versicherte sich, dass Unsinn noch lebte und sagte mit verwunderter Stimme: »Das Paradies kann es schlecht sein, so dreckig, wie der Strand aussieht. Und für die Hölle hätte sich der Teufel bestimmt auch mehr einfallen lassen. Also müssen wir es tatsächlich geschafft haben.«
    Sadik lag quer und reichlich verrenkt im Heck des Bootes. Er zog sich schwerfällig und mit schmerzenden Gliedern hoch, grinste breit und sagte mit dem ihm eigenen trockenen Humor: »Von wegen Pechvogel! Du siehst, Jana, Unglücksrabe darf man sich erst dann nennen, wenn man von Beruf Sargmacher ist und die Menschen aufhören zu sterben.«
    »Du hast Recht, Jana«, sagte Tobias und spürte das Verlangen, lauthals zu lachen und Jana und Sadik in seine Arme zu schließen. Er war völlig erledigt, fühlte sich jedoch gleichzeitig wie neugeboren. »Wir befinden uns weder im Himmel noch in der Hölle, sondern an einem wunderbaren englischen Morgen in der erlesenen Gesellschaft unseres auserwählten Beduinen!«

 

     
ZWEITES BUCH
 
Im Dschungel von Mulberry Hall
 
August – September 1830
     

 
»Als wollte man einen

Weitere Kostenlose Bücher