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Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Titel: Falkenhof 03 - Im Banne des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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lachte kurz auf. »Glück im Spiel ist eben in erster Linie eine Sache der Nervenkraft und der Frage, ob man sich das Verlieren erlauben kann. Ist Letzteres nicht der Fall, sollte man sich erst gar nicht an einen Spieltisch setzen.«
    Tobias erhob sich von der Pritsche. Wenn er den Kopf nicht allzu ruckartig bewegte, blieb es bei dem dumpfen Pochen, das zu ertragen war. »Und wer hat das Wettrennen gewonnen?«
    »Die Queen Of The West. Die Comet ist drei Stunden vor der Morgendämmerung ausgeschieden, als sie schon fast eine Länge Vorsprung herausgeschunden hatte.«
    Tobias runzelte die Stirn. »Ausgeschieden? Wie meinen Sie das?«
    »Nun, wenn sie die Erwartungen von Mannschaft und Passagieren wohl auch sehr enttäuschte, so hat sie doch immerhin ihrem Namen alle Ehre gemacht. Sie ist nämlich wie ein Komet in die Luft geflogen und wie ein solcher auch rasch verglüht, nämlich in den Fluten des Mississippi versunken, als ihre Kessel dem Überdruck nicht länger gewachsen waren und explodierten«, erklärte er mit einem bitterschwarzen Humor, der Tobias einen Schauer über den Rücken jagte.
    »Auf der Queen Of The West war die Betroffenheit natürlich groß – insbesondere bei denjenigen Herren und Damen, die auf einen Sieg der Comet gesetzt hatten und ihren Wetteinsatz nun buchstäblich in Rauch aufgehen sahen. Manchen ist das dermaßen aufs Gemüt geschlagen, dass sie auf den Champagner zum Frühstück verzichteten und erst gegen Mittag bei einem üppigen Mahl mit einem guten Rotwein ihr seelisches Gleichgewicht wiederfanden.«
    Tobias sah ihn skeptisch an und fragte sich, ob er ihm diese Geschichte glauben sollte. »Hat der Captain der Queen Of The West nicht beigedreht und die Schiffbrüchigen aufgenommen?«
    »Es war Nacht, und nach der Explosion der Kessel, die den Dampfer förmlich in Stücke gerissen hatte, gab es nichts Lebendes mehr, was wir aus dem Fluss hätten fischen können«, antwortete Rupert Burlington scheinbar gefühllos und erhob sich aus seinem Korbsessel, als Mungo in diesem Moment mit dem Fruchttrank zurückkehrte. »Zudem galt unser Captain als ein Mann, der sich recht genau an die Ankunfts- und Abfahrzeiten seines Fahrplanes hielt, und diesen guten Ruf wollte er natürlich nicht durch eine nächtliche Hilfsaktion von zweifelhaftem Sinn aufs Spiel setzen. Die Mehrzahl der Reisenden teilte seine Einstellung.«
    »Das ist ausgesprochen zynisch«, sagte Tobias mit unverhohlenem Abscheu.
    Rupert Burlington nickte und lächelte dabei, doch es war kein fröhliches Lächeln. »Ja, das ist es«, pflichtete er ihm bei. »Wie so vieles im Leben.«
    »Ja, aber die Menschen …«, setzte Tobias zu einem moralischen Protest an.
    »Ja, die Menschen. Sie sind wahrlich Geschöpfe von ganz besonderer Güte«, fiel Rupert Burlington ihm sinnierend in die Rede. »Apropos Güte. Ich erinnere mich noch an den Wilderer, der aus einem unserer Flüsse drei Forellen holte und dabei erwischt wurde. Er hätte dafür zum Tode durch den Strang verurteilt werden können. Doch mein Vater sorgte dafür, dass dieser Mann nur für neun Jahre, was jedoch in Wirklichkeit lebenslänglich bedeutete, nach Australien in die Sträflingskolonie verbannt wurde, fern von seiner Frau und seinen Kindern.«
    »Verbannt? Warum nach Australien?«
    »Nun, nachdem sich unsere amerikanischen Kolonien im Unabhängigkeitskrieg von 1776 bis 1783 von England gelöst hatten, fehlte uns ein ferner Ort, an dem wir all diejenigen abladen konnten, die wir in unserem Land nicht mehr haben wollen, und das sind nicht allein Kriminelle. Da fiel den Leuten im Kolonialamt in London das ferne, wilde Australien ein, das doch nur darauf wartete, von britischen Deportierten besiedelt und kultiviert zu werden«, sagte er ironisch. »Also schickte unsere weit schauende Regierung 1787 eine erste Flotte mit Sträflingen ans andere Ende der Welt, um die Wildnis von Australien, das damals noch New South Wales hieß, von ihnen sozusagen zwangskolonisieren zu lassen. Anfangs ist jeder zweite Deportierte entweder auf der sechsmonatigen Überfahrt oder in den ersten Jahren in der Bucht von Sydney auf Grund von Naturkatastrophen und Hungersnöten umgekommen. Denn was verstanden Taschendiebe, Betrüger, Prostituierte, Wilderer und irische Rebellen schon von Ackerbau, Viehzucht und Hausbau? Wie die Fliegen sind sie dort gestorben. Mittlerweile hat sich die Kolonie herausgemacht und wirft schon einen prächtigen Gewinn ab. Jedenfalls leert England seit gut vierzig Jahren

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