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Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Titel: Falkenhof 03 - Im Banne des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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wurde. Dann und wann durfte er ihnen auch die Opiumpfeifen reichen und ihre Trinkschalen auffüllen. Ich beobachtete ihn in einer Nische, wie er einem schon sehr betäubten Kunden die Pfeife aus der Hand nahm und selbst einen tiefen Zug machte. Der Besitzer der Opiumspelunke ließ ihn hungern, wie ich später erfuhr, und deshalb suchte Chang Zuflucht zu dieser Droge.« Rupert Burlington machte eine Pause und fuhr dann fort: »Als ich dieses abgemagerte Kind mit der schweren Opiumpfeife sah und dann den zu Tode erschrockenen Blick in seinen Augen, als er sich von mir ertappt wähnte, beschloss ich spontan, etwas gegen diese Tragödie zu tun, zu der wir Burlingtons einen Gutteil beigetragen hatten. Ich kaufte ihn dem Besitzer der Opiumhöhle für ein Pfund ab und brachte ihn nach Macao. Dort sorgte ich für seine Unterkunft und Ausbildung. Fünf Jahre später, als ich wieder einmal in diese Region reiste und auch in Singapur Station machte, ergab es sich irgendwie, dass ich meinte, Chang England zeigen zu müssen. Er wollte auch nie wieder zurück. Das war vor sechzehn Jahren.«
    »Vielleicht bin ich zu neugierig und stelle Fragen, die Sie als indiskret empfinden, und wenn dem so ist, bitte ich Sie, mir das offen zu sagen«, bat Tobias.
    »Nein, ganz und gar nicht«, wehrte Rupert Burlington ab. »Fragen Sie nur! Was wollen Sie wissen?«
    »Nun ja, erst einmal, warum Sie so eine … Opiumhöhle überhaupt aufgesucht haben … und wieso die Burlingtons einen Gutteil zu dieser Tragödie beigetragen haben.«
    »Das eine hängt sehr eng mit dem anderen zusammen«, antwortete Rupert Burlington. »Denn dass dieses schreckliche Laster des Opiumrauchens, das hunderttausenden Chinesen Elend und Tod gebracht hat, derartige Ausmaße annehmen konnte, ist zum Teil die Schuld meiner Vorfahren.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass Burlingtons mit Opium gehandelt haben?«
    »So ist es!«, bestätigte der Lord. »Burlingtons waren an der Ostindischen Kompanie beteiligt, die riesige Gewinne aus dem Handel zwischen Europa und dem Orient erzielte. Und die besten Gewinne brachte bengalisches Opium, das man in China verkaufte oder gleich gegen Tee eintauschte. Von englischer Seite war es ein ganz legaler, profitabler Handel, und was kümmerte uns das Elend, das wir damit über die Armen im fernen China brachten. 1729 platzte dann dem Kaiser von China ob dieser wachsenden Opiumexzesse der Kragen und er verbot Einfuhr und Handel dieses Rauschgiftes. Aber Verbote haben noch nie gewinnträchtige Geschäfte unterbinden können. So auch in diesem Fall. Mit Hilfe bestochener Hafenbeamte in Batavia, Macao und Kanton blühte das Geschäft weiter, und mein Vorfahre Jonathan Trevor Burlington gehörte mit zu denjenigen, die in diesen Jahren das Familienvermögen vervielfachten. Als mein Vater starb, ich war damals gerade zwanzig, zog es mich unwiderstehlich an die fernen Orte unserer Handelsgeschäfte, denen wir Burlingtons Titel, Ansehen und Vermögen verdanken. Dass meine erste Reise mich nach Bengalen, Macao und China führte, ist daher nur logisch. Denn immerhin ist Mulberry Hall zum Teil mit Opium bezahlt worden.«
    »Mhm«, äußerte Tobias betreten. »Nicht gerade ein erfreuliches Kapitel Familiengeschichte.«
    »So? Finden Sie?«, fragte Rupert Burlington mit einem spöttischen Unterton. »Das sehen die Reichen und Adligen nicht nur meines Landes anders. So fand mein Großvater und sogar noch mein Vater es nicht verwerflich, sich in großem Stil am westafrikanischen Sklavenhandel zu beteiligen, um sich zu dem einträglichen Geschäft mit Opium und Tee noch ein weiteres solides Standbein zu verschaffen.«
    »Ihr Vater war ein Sklavenhändler?«, entfuhr es Tobias fast ungläubig.
    Rupert Burlington lachte trocken auf. »Er hätte sich kaum als ein solcher bezeichnet, zumal er nie in seinem Leben das Deck eines Schiffes auch nur betreten hat. Aber ihm gehörten einige der zahlreichen Schiffe unter englischer Flagge, die versklavte Schwarze in Westafrika an Bord nahmen, wie Vieh unter Deck zusammenpferchten und zu den Westindischen Inseln oder nach Amerika brachten, um die Überlebenden dieser qualvollen Reise versteigern zu lassen. Gut möglich, dass Mungos Vorfahren auf einem Schiff meines Vaters oder Großvaters nach New Orleans kamen. Sehen Sie mich nicht so betroffen an, Tobias. Es war nicht einmal für einen englischen Adligen etwas Ehrenrühriges, Profite aus dem Sklavenhandel zu erzielen. Und noch heute pochen die Sklavenhalter im Süden der

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