Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Titel: Falkenhof 03 - Im Banne des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
Vom Netzwerk:
auch in die unteren Körperregionen und fuhr ihm dort bis in die Zehen.
    »Heiliger Sebastian!«, keuchte Tobias und hatte einen Moment lang das Gefühl, dieser innere Feuersturm würde ihm auf ewig den Atem rauben. Die Tränen schossen ihm in die Augen und er rang verzweifelt nach Luft.
    Mungo und Rupert Burlington standen ruhig da, lächelten, tauschten einen wissenden Blick, nickten sich dabei zu und sagten dann wie aus einen Mund: »Voodoo Mama!« Es klang beinahe wie eine Beschwörungsformel, in der aber auch Genugtuung mitschwang.
    Tobias hielt sich am Fensterrahmen fest und glaubte innerlich zu verbrennen. Doch genauso plötzlich, wie ihn die feurige Schärfe übermannt hatte, verschwand sie auch wieder. Und tatsächlich: Die leichte Übelkeit und die Benommenheit waren wie weggewischt. Sogar der dumpfe Schmerz hinter der Stirn war schwächer geworden. Fast fühlte er sich wieder so frisch wie vorhin, als er sich aus seinem Zimmer geschlichen hatte und im Herrenhaus auf Entdeckungsreise gegangen war.
    »Eine erstaunliche Wirkung!«, sagte er verblüfft.
    Mungo lächelte stolz und geheimnisvoll.
    »Ich erwähnte doch schon, dass Mungo so seine Talente besitzt«, sagte Rupert Burlington und forderte Tobias dann auf: »Kommen Sie, gehen wir nach oben. Das wird Sie sicherlich interessieren.«
    »Was ist da oben?«
    »Ein noch besserer Ausblick – sowie mein Steuerpult und Sprachrohr zu Chang.«
    Tobias folgte ihm die Treppe hoch, gespannt, welche Überraschung ihn ein Stockwerk höher erwarten würde.
    Der obere achteckige Raum, der so frei und offen war wie ein Hochstand, verfügte über keine Decke, sondern nur über eine Dachkonstruktion, die mehr dekorativen Charakter denn irgendeinen praktischen Nutzen hatte. Sie bestand aus acht dicken Bambushölzern, die von den Eckpfeilern in über zwei Meter Höhe ausgingen und sich hoch über der Mitte des Raumes zu einer Spitze trafen. Der Blick konnte also fast ungehindert in alle Richtungen hoch zum Dach gehen.
    »Das hier ist sozusagen die Kommandobrücke meines Gewächshauses, von der aus ich die Beheizung des Gewächshauses, aber auch die Beleuchtung, Belüftung und das Ausfahren und Einholen der Sonnenblenden veranlassen kann«, sagte er und wies stolz auf seinen Steuerstand, der sich in der Mitte des Raumes befand. Es war ein etwa hüfthoher und mindestens drei Meter langer und anderthalb Meter breiter Kasten, der rundum mit Bambusrohr verkleidet war. Aus dieser Art von überdimensionalem Pult ragten mehr als ein Dutzend Zughebel sowie eine Anzahl Kurbelräder und Messinstrumente hervor.
    Fasziniert ließ Tobias sich erklären, wie Rupert Burlington von diesem Raum aus die Gasleuchten heller stellte oder im Winter die Zufuhr heißer Luft regulierte. Dieser Steuerstand hatte tatsächlich viel mit der Kommandobrücke eines Dampfers gemein. Denn Rupert Burlington konnte sich nicht nur durch ein Sprachrohr mit seinem ›Maschinisten‹ Chang unten in den ausgebauten Kellergewölben verständigen, sondern auch mit Hilfe der Hebel und Kurbelräder direkt in die raffiniert durchdachte Technik eingreifen. Diese gründete sich in erster Linie auf ein kompliziertes System aus Seilzügen, Wellen- und Riemenübertragungen und Schwungrädern, die von Dampfmaschinen angetrieben wurden. Die Seilzüge waren unterirdisch verlegt und führten durch Schächte, die von hohen Palmen und Klettergewächsen den Blicken entzogen waren, zu den Stellen der Dachkonstruktion hoch, wo mechanische Kraft zum Öffnen und Schließen von Lüftungsklappen oder zum Ausfahren der Sonnenblenden benötigt wurde.
    Tobias war von dem Ideenreichtum, der aus den Erfindungen und der praktischen Umsetzung bekannter Technik sprach, begeistert und konnte es nicht erwarten, Chang kennen zu lernen und sich in dessen Maschinenräumen in den Kellergewölben unter dem Gewächshaus umzusehen. »Das muss ja ein Vermögen gekostet haben!«
    »Ja, es hat fast so viel Geld gekostet wie Jahre des Überlegens, Irrens und Umbauens«, sagte Rupert Burlington. »Und ohne Changs geniale Einfälle sähe dieses Gewächshaus gewiss ganz anders aus.«
    Tobias zögerte kurz, dann fragte er: »Was war das mit den Opiumhöhlen, die Sie vorhin im Zusammenhang mit Chang erwähnt haben? Haben Sie ihn in einer solchen kennen gelernt?«
    »Ja, das ist richtig. Er war ein schmächtiges Bürschchen von zehn Jahren, das in einer der übelsten Opiumhöhlen von Kanton arbeitete. Er musste sich um die Kunden kümmern, denen im Rausch übel

Weitere Kostenlose Bücher