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Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Falkenhof 03 - Im Banne des Falken

Titel: Falkenhof 03 - Im Banne des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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Unfug unterlassen.«
    Von den frühen Morgenstunden an ging es auf Mulberry Hall wie in einem Taubenschlag zu. Es war ein ständiges Kommen und Gehen, ein Hämmern und Rufen. Eine ganze Heerschar von Arbeitern und livrierten Bediensteten legte letzte Hand an. Die ausgedehnten Parkanlagen hinter dem Herrenhaus waren nicht wiederzuerkennen. In einem weiten Halbkreis waren auf den Rasenflächen sechs große, sehr orientalisch anmutende Zelte errichtet worden, damit das Fest auch bei leicht abkühlenden Abendtemperaturen noch im Freien bis tief in die Nacht weitergehen konnte.
    Die Zelte hatten jeweils einen Durchmesser von mindestens fünfzehn Schritten und waren mit aufwendigen Verzierungen und dekorativ gerafften Vorhängen an ihren Stützpfosten versehen. Rechts und links vor diesem Halbkreis aus Zelten hatte Rupert Burlington je eine überdachte Bühne errichten lassen. Die auf der linken Seite hatte die Form einer geöffneten Muschel und war dem Orchester vorbehalten, das schon am Vortag aus London eingetroffen war. Auf der Bühne zur Rechten würden in den Pausen des Orchesters Schauspieler, Komiker, Akrobaten, Feuerschlucker und Zauberer die Gäste im Laufe des Abends und der Nacht mit ihren Darbietungen unterhalten.
    Das Fest würde also sowohl in den unteren Salons des Herrenhauses als auch im Freien stattfinden, was bei den noch immer hochsommerlichen Temperaturen allen ein großes Vergnügen bereiten würde.
    »Und das Gewächshaus?«, fragte Jana.
    »Das ist tabu!«, erklärte Rupert Burlington kategorisch. »Da kommt mir keiner rein. Nicht bei so einem Fest, und das wissen sie auch. Sonst könnte ich ja gleich eine Herde Elefanten hindurchschicken! So, und jetzt wird es Zeit, dass wir unsere Kostüme anlegen. Die ersten Gäste werden nicht mehr lange auf sich warten lassen.«
    Sadik zeigte eine missmutige Miene. Er hatte für diese Art der Belustigung nicht viel übrig. Doch aus Sympathie für Rupert Burlington machte er mit. Er hatte für sich ein Kostüm gewählt, das die Schneiderkünste der Rutherfords gewiss nicht auf eine harte Probe gestellt hatte – nämlich das eines Bettelmönchs. Die schlichte weite Kutte mit der Kapuze und dem zum Gürtel geknoteten Strick erfüllte den Zweck der Kostümierung.
    Tobias und Jana hatten sich dagegen zu bedeutend aufwendigeren Kostümen überreden lassen. Während Tobias sich in einen jungen spanischen Granden verwandelte, zu dem der kostbare Degen von Maurice Fougot wie das Pünktchen auf dem i passte, nahm Jana in dem bunt schillernden Kostüm eines königlichen Hofnarren an dem grandiosen Fest teil.
    Tobias fand, dass sie darin umwerfend aussah, zum Verlieben hübsch und frech zugleich.
    »Von einer so hübschen Närrin wie dir würde ich mir auch alles sagen lassen.«
    Sie strahlte ihn an. »Und einem so stolzen und gut aussehenden Edelmann wie dir würde ich furchtlos mein Leben anvertrauen«, erwiderte sie.
    »Sagt mir Bescheid, wenn ihr meinen Segen wünscht«, meinte
    Sadik trocken.
    Tobias und Jana lachten verlegen und dann begaben sie sich alle hinunter zu Rupert Burlington. Sein Kostüm spiegelte die Zerrissenheit und Zwiespältigkeit seiner ganzen Person wider. Es war zweigeteilt. Die linke Seite war ganz in Weiß gehalten und stellte eine Art Federgewand dar. Ein Engelsflügel erhob sich aus seiner linken Schulter, war an der Spitze jedoch abgeknickt und mit roten Spritzern übersät. Weiß war auch seine linke Gesichtshälfte geschminkt. Schwarz und Feuerrot beherrschten dagegen die rechte Seite seines Gesichtes und seines Kostüms. Das verfilzte schwarze Fell, die diabolische Halbfratze und das abgebrochene Horn über der rechten Stirn symbolisierten wohl das Böse, den Teufel.
    »Der Mensch hat eben mehr als nur ein Gesicht«, erklärte er leichthin. »Und ein jeder von uns pendelt zwischen Gut und Böse, zwischen Tag und Nacht und zwischen Leben und Tod. Also genießen wir heute die Ausschweifungen und morgen die Askese!«
    Aus den Gärten drang beschwingte Musik und die ersten Gäste kamen auf der Lisette die Allee hoch. Von da an riss der Strom der Kutschen über einen Zeitraum von mehr als zwei Stunden nicht mehr ab, denn so schnell war auch der Dampfwagen nicht, um alle Gäste damit zum Herrenhaus zu bringen.
    Es war ein Fest, wie es Jana, Sadik und Tobias noch nie erlebt hatten und vielleicht auch nie wieder in dieser verschwenderischen Pracht erleben würden. Die vornehmen Gäste wussten, was sie auf Mulberry Hall erwartete, und sie wussten

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