Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
wann mäglich is Telefon. Dank ich miet Herze. Dank, Dank, Dank.«
Dann brach die Verbindung ab. Schade, dachte er, denn er hätte an Moosmann noch einige Fragen gehabt, auch wollte er wissen, wie es dem Kind aus dem Truckversteck ging und was mit den befreiten Frauen und Mädchen geschah. Aber er würde vom Festnetz aus mit Moosmann sprechen, günstiger war es allemal. Walcher nahm sich vor, nun ohne weitere Recherchen sein Dossier zu schreiben. Stoff hatte er genug, außerdem sollte er das Öffentlichkeitsinteresse nutzen, das die deutschlandweiten Polizeirazzien gegen die Bordellmafia geweckt hatten. Vielleicht kam ihm ja beim Schreiben die Erleuchtung für ein wirkungsvolles Finale. Aber glaubte er wirklich, mit einem Artikel den großen Feldzug gegen Kindesmissbrauch oder Menschenhandel anzustoßen? Noch dazu in einem Magazin, das maximal eine verkaufte Auflage von 120 000 Exemplaren pro Ausgabe vorweisen konnte? Walcher verdrängte seine Zweifel ebenso schnell, wie sie aufgetaucht waren.
Darin besaß er Übung. Nicht zum ersten Mal stellte er sein Lebenskonzept in Frage, nämlich sein Geld mit Enthüllungen über ethische Fehlleistungen einzelner Vertreter oder ganzer Gruppen der Gesellschaft zu verdienen. Auenheim und Rolf Inning würde er eine E-Mail schreiben und ihnen den Abschluss seiner Recherchen mitteilen, vielleicht auch kurz über das Ergebnis seiner Italienaktion berichten. Den Mercedes würde er gleich noch zurückbringen und wieder auf seinen gewohnten Espace umsteigen. Campagnones Tochter kam ihm in den Sinn. War eine derartige Brachialtherapie geeignet, ihr Missbrauchstrauma zu überwinden? Er nahm sich vor, darüber mit Irmis Therapeutin zu sprechen. Luigi Campagnone und seine Tochter kennengelernt zu haben, buchte er auf die positive Seite seiner Italienfahrt. Auch die Tatsache, dass die Italiener aktiv auf der Jagd nach Kinderschändern waren. Er hatte über ein ähnliches Programm in der Schweiz gelesen. Dort wurden Pädophile von Minderjährigen angelockt und verhaftet, wenn es zu einem Treffen kam. Vielleicht gab es in Deutschland auch so etwas, und er wusste nur nichts davon, er würde Brunner fragen.
Entführung, Verschleppung, Menschenhandel, Zwangsprostitution, Körperverletzung, Vergewaltigung, sexueller Missbrauch von Minderjährigen – so ganz im Klaren war sich Walcher noch nicht, auf welches Thema er sich in seinem Dossier konzentrieren würde. Über Menschenhandel und Pädophilie sollte er schreiben, so lautete jedenfalls sein Auftrag. Aber über all dem stand die hemmungslose Gier nach Reichtum, ebenso wie die hemmungslose Gier von Männern nach sexueller Befriedigung. Der Drohanruf aus der Charité fiel Walcher ein. Vielleicht gehörte ja der Anrufer zu den festgenommenen Bewachern im Umfeld von Jeswita. Er hatte vergessen, Jeswita zu fragen, ob ihr jemand seine Visitenkarte abgenommen hatte. Er würde Moosmann darum bitten. Charité! Das war’s. Eine Erinnerung flackerte in Walchers Kopf auf. Warum war ihm das nicht schon früher eingefallen, vielleicht hatte das etwas mit dem Anrufer zu tun. Er erinnerte sich, von einem Forschungsprogramm in der Charité gehört zu haben, das sich um Pädophilie drehte.
Irgendetwas mit Prävention und sexueller Kindesmissbrauch, oder so ähnlich. Er würde im Forschungsreferat nachfragen, ob es ein derartiges Programm wirklich gab und wer dafür verantwortlich war, nahm er sich vor. Susanna fiel ihm ein und dass er vergessen hatte, in der Franciacorta Wein einzukaufen. Das könnte er auch im Ravensburger Weinhof Weiler nachholen, die hatten sicher auch Weine aus der Franciacorta, vermutlich sogar günstiger, als wenn er sie vor Ort gekauft hätte. Walcher war schon seit vielen Jahren Weinkunde bei den Weilers. Anfangs wegen der Namensübereinstimmung, als er in Weiler den Hof gekauft hatte, dann, weil er die ungewöhnlich fairen Preise und die Beratung schätzte.
Bevor Walcher in den Pfändertunnel fuhr, wählte er Susannas Nummer. Auch wenn er sich nur zwei Tage in Italien aufgehalten hatte, kam es ihm wie eine kleine Ewigkeit vor. Er freute sich auf ihre Stimme und war enttäuscht, sich nur mit der Ansage auf ihrem Anrufbeantworter begnügen zu müssen. Sein kleines Stimmungstief passte zum Tunnel, in den er kurz darauf einfuhr.
Anton Wimmer
Toni hatte sich früher oft in der Nähe der Jagdhütte aufgehalten und aus dem sicheren Versteck beobachtet, was der Pächter mit seinen Freunden so trieb. Meistens verwirrte ihn das, was er
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