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Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)

Titel: Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Rangnick
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jeder Schuss Munition mitgeteilt werden musste, wurde darin der Verlust eines Torpedos gemeldet, das bei einer Systemübung abgeschossen werden musste. Die Rücknahme aus dem Torpedorohr hätte wegen technischer Mängel der Flutklappen ein zu hohes Risiko bedeutet.

Wendige Ziele
    Die drei Russen waren seit Tagen in Hochstimmung, auch wenn sie die Mulder Flybridge 88 durch ziemlich raue See Richtung Europa manövrieren mussten. Durch den Ärmelkanal, dann um Dänemark herum in die Ostsee, an das Ende des Finnischen Meerbusens und nach Leningrad in den Hafen, so lautete ihr Auftrag. Alle drei, ehemalige Offiziere bei der Marine, befanden sich trotz der schweren See in ihrem Element. Während einer die Yacht steuerte, soffen die beiden anderen den amerikanischen Whiskey, den sie kistenweise gebunkert hatten. Nach kurzem Schlaf übernahm der Nächste das Steuer, so ging es routiniert und trinkfest reihum. Der Auftrag machte ihnen richtig Spaß. Nicht nur, weil eine satte Erfolgsprämie winkte, sondern auch, weil sie die Amis ordentlich gelinkt hatten.
    Dass die einst mächtige Marine der UdSSR zu einem Haufen Altschrott verkommen war, die USA dagegen ungebremst mit modernsten Schiffen die Weltmeere pflügten, nagte immer noch am Selbstbewusstsein der drei ehemaligen Marineoffiziere. Deshalb hatten sie es geradezu als Ehre und vaterländische Pflicht betrachtet, das Angebot ihres damaligen Vorgesetzten anzunehmen. Da spielte es auch keine große Rolle, dass die Yacht, die sie entführen sollten, nicht einmal aus einer russischen Werft stammte. Auch dass der Vorgesetzte ebenfalls seit Jahren nicht mehr im Dienst der Marine stand, gab ihnen keinen Anlass zu Fragen, war doch die halbe Marine vorzeitig in den Ruhestand geschickt worden. Und woher der arbeitslose Admiral die versprochenen Erfolgsprämien beschaffte – wen interessierte das schon?
    Antal Borodow, ehemals Funkoffizier auf dem Flugzeugträger ADMIRAL GORSCHKOW und mit 45 Jahren der Jüngste der drei, steuerte gerade die Yacht. Seine beiden Kollegen lagen hinter ihm in den weichen Polstern, soffen und sangen traurige Lieder. Längst hatten sie das Stadium erreicht, in dem der Alkohol die russische Seele verflüssigte und sie über die Tränenkanäle ausschied. Obwohl in Antals Schädel ein fürchterlicher Kater tobte, steuerte er die Yacht aufmerksam und routiniert durch die Wellen. In den vergangenen Jahren hatte er Angeltouristen durch die Ostsee geschippert und Ausflugsboote gesteuert, er kannte sich mit Schiffen aus. Jagte die Yacht über Wellenkämme, drosselte er kurz die Leistung, um die Motoren nicht zu überdrehen, wenn die beiden Schrauben ohne Widerstand sekundenlang aus dem Wasser ragten. Antal dachte an den Rechtsanwalt, der sie behandelte wie den letzten Dreck. Kein überflüssiges Wort hatte er mit ihnen gewechselt, nachdem er die Yacht freibekommen hatte, und war beim ersten Stopp grußlos von Bord gegangen. Ein Amerikaner eben, was wollte man da schon erwarten.
    Das Meer hatte sich in den vergangenen beiden Tagen beruhigt, der Sturm war abgeflaut, die Sicht klar. Die Motoren liefen störungsfrei. Das konnten sie, diese Amerikaner, Motoren bauen. Russische Motoren hätten längst den Geist aufgegeben. Länger als ein, zwei Stunden unter Volllast zu fahren, würde sich kein Kapitän eines russischen Schiffes trauen, und sie jagten nun schon seit Tagen mit Spitzengeschwindigkeit durch die Wellen. Sie lagen gut in der Zeit. Antal freute sich auf seine Wachablösung, denn er bekam langsam wieder eine verdammt trockene Kehle und nahm schon mal einen kleinen Schluck aus der Flasche in seiner Jackentasche.
    Der Morgen dämmerte, bald würde die Sonne vor ihm im Osten aus dem Meer steigen, ein gewaltiges Schauspiel, das er sich nicht entgehen lassen wollte. An den Tagen zuvor hatten sie keine Sonne zu Gesicht bekommen. Antal Borodow bemerkte nicht die weiße Linie platzender Blasen, die sich backbords in rasender Geschwindigkeit der Yacht näherte. Er war darin vertieft, das Flaschenetikett zu übersetzen. Verdammt guter Stoff, nickte er anerkennend, nicht wie der Fusel, den es zu Hause gab und der einem Rachen und Kehle verätzte. Ein kleiner Schluck noch …
    Antal Borodow kam nicht mehr zu dem einen Schluck. Zwar spürte er noch die Flaschenöffnung an seinen Lippen, und einen Wimpernschlag lang nahm er auch ein grelles Licht wahr, aber mehr nicht. Die Sprengkraft des Torpedos, ausgelegt für die Zerstörung weitaus größerer Schiffe, zerfetzte die

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