Falkenjagd: Ein Fall für Robert Walcher (Ein Robert-Walcher-Krimi) (German Edition)
lag nahe, dass der Terror aus dieser Ecke kam. Warum es nach dem Interview in Zürich so lange gedauert hatte, dafür gab es sicher eine Menge von Erklärungen, aber bestimmt war die Visitenkarte, die er Jeswita gegeben hatte, die Verbindung zu ihm. Vielleicht gelang es Brunner und der Telekom, die Herkunft des Anrufs herauszufinden, dachte Walcher und schalt sich einen Dummkopf, denn Hinteregger war ihm eingefallen.
Hinteregger mit seinen unglaublichen technischen Möglichkeiten. Wer, wenn nicht er, konnte den Weg eines Anrufs zurückverfolgen. Erleichtert wollte Walcher in sein Arbeitszimmer an den PC , aber dazu musste er in der Küche an Irmi vorbei, die zwar keine Vase, aber dafür einen kleinen Zinkeimer im Hühnerstall gefunden hatte und darin ihre Margeriten arrangierte. Die schlichte Schönheit des üppigen Straußes und Irmis zweifelnder Blick brachten in Walcher etwas zum Klingen.
»Ich wollte dich vorhin nicht beunruhigen, deshalb habe ich das mit der Steuernachzahlung erfunden. Aber ich befürchte, dass mich einige Leute zum Schweigen erpressen wollen. Bitte sei deshalb ab sofort sehr aufmerksam und vorsichtig. Wenn irgendetwas nicht ganz normal erscheint, ruf mich sofort an, egal wo du bist. Und wenn …«
»Die Menschenhändler?«, unterbrach ihn Irmi.
»Vermutlich«, nickte Walcher und überlegte, was er sagen wollte, unterließ es dann aber, Irmi aufzufordern, sich auf keinen Fall von Unbekannten mitnehmen zu lassen, auch wenn diese vorgaben, im Auftrag eines Freundes, des Vaters oder Großvaters oder sonst eines Bekannten zu handeln.
»Mach dir keine Sorgen, ich werd’ aufpassen und immer mein Handy dabeihaben und mich melden, wenn mir was nicht sauber vorkommt, versprochen. Und wenn ich allein unterwegs bin, nehme ich diesen klugen und wilden Beschützer mit«, streichelte sie Rolli, der mit einem kurzen »Wuff« bestätigte, alles verstanden zu haben.
Etwas beruhigt stieg Walcher in sein Büro hinauf und setzte sich an den PC . Auf seine Mail-Anfrage erhielt er knapp eine halbe Stunde später die Antwort, obwohl in Amerika bereits der Feierabend begonnen haben musste. Allerdings schrieb ihm nicht Hinteregger selbst, sondern einer seiner Mitarbeiter.
Der Anruf, der heute gegen zehn Uhr fünf bei Ihnen einging, erfolgte von einem Münztelefon in der Charité, Klinik für Unfall-und Wiederherstellungschirurgie, Campus Virchow-Klinikum am Augustenberger Platz in Berlin. Herr Hinteregger lässt Sie herzlich grüßen, er ist zurzeit außer Haus und hat mich beauftragt, Ihnen behilflich zu sein, falls Sie sich melden würden. Herzlichen Gruß, Hannes Zwo.
Hannes Zwo, erinnerte sich Walcher, war einer von Hintereggers Leuten, der damals bei dem Angriff auf das Bauernhaus dabei gewesen war, wo man Lisa entführt und ermordet hatte. Walcher schüttelte den Kopf, als wollte er den Geistern der Vergangenheit keinen Zutritt in die Gegenwart erlauben. Ein Anruf bei Brunner würde ihm helfen, in der Realität zu bleiben. Außerdem konnte er den Kommissar auch ein bisschen mit seinem Wissen anspornen, oder meinte er eher »ärgern«?
Brunner war wie immer sofort am Apparat, eine Eigenschaft, die Walcher, und das wurde ihm in diesem Moment bewusst, außerordentlich schätzte.
»Der Anruf kam von einem Münztelefon aus dem Virchow-Klinikum für Unfall-und Wiederherstellungschirurgie, am Augustenberger Platz in Berlin, das zur Charité gehört, aus einem Krankenhaus also«, las er, leicht verändert, von der E-Mail ab.
»Dass die Charité kein Schauspielhaus ist, weiß ich«, knurrte Brunner, »dass Sie das einzig gebildete Wesen Süddeutschlands sind, weiß ich inzwischen auch, aber dass Sie zaubern können, wusste ich bisher noch nicht. Aber Sie verraten mir jetzt sicher gleich, woher Sie so rasch die Information über den Anruf haben. Ihre Telefongesellschaft hat den Anruf nämlich nicht registriert, wurde mir vor zehn Minuten mitgeteilt.«
»Bei Gelegenheit stelle ich Ihnen den Herrn gern vor«, versuchte Walcher die Kurve zu bekommen und verfluchte sich dafür, dass er sich nicht vorher eine vernünftige Antwort überlegt hatte. Hinteregger und Brunner, ein globales Großunternehmen mit eigenem Geheimdienst und daneben ein Kriminalbeamter aus der Provinz, das war nur schwer vermittelbar.
»Na, ich höre!«, brüllte Brunner aus dem Handy, und es klang deutlich gereizt.
»Er arbeitet beim Amerikanischen Geheimdienst in der Abhörzentrale bei Pullach, quasi als Controller, und offensichtlich war es
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