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Falkenjagd

Falkenjagd

Titel: Falkenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Betz
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eines
kinderreichen Hilfsfalkners, die mit etwas Glück einen passablen
Ehemann fand, der sie nicht schlug oder mit einem Stall voller Kinder
sitzen ließ. Doch wenn sie jetzt den Seidenrock trocken zwischen ihren
rissigen Fingern knistern hörte, glaubte sie, hundert Versprechungen zu
hören. Jeden Tag gebratene Hühner in fetter Sauce, blaue und gelbe
Bänder für ihr Haar, bestickte Pantoffeln, süße Krapfen, vielleicht ein
weiches Bett – so lauteten die neuen Wünsche, die der Rock mit
sich gebracht hatte. Allerdings sagte ihr ein Instinkt, den sie ihren
hungrigen Kinderjahren verdankte, dass sie auf der Hut sein musste. Die
Hure eines großen Herrn zu sein, selbst wenn er der Markgraf war, war
noch lange nichts, das einem ein Leben lang den Magen füllte. Als die
Mutter noch lebte, hatte sie ihr von einer schönen Cousine erzählt, der
sie angeblich ähnlich sehen sollte. Diese hatte in der alten Salzburger
Heimat einem Baron zwei Bankerte geboren und war dann von der alten
Baronin mit kaum mehr als den Kleidern am Leib fortgejagt worden.
Deshalb traute Elisabeth ihrem Glück noch lange nicht.
    Jeden Tag nach Sonnenaufgang reihte sie sich in die Schar der
Mädchen ein, die mit ihren hellen Kopftüchern tief in der Stirn zu den
Flachsfeldern zog. Die kleinen blauen Blüten, die wochenlang auf den
schlanken Stängeln geschaukelt hatten, färbten sich innerhalb weniger
Tage bräunlich und raschelten brüchig, wenn der Wind hindurchstrich.
Dort, wo die Sonne gut hinschien, standen schon die Samenkapseln.
Stundenlang rauften die Mädchen die Stängel, zogen sie in gleichmäßigem
Takt aus dem Boden und legten je eine Handvoll am Rand des Ackers ab.
Die ersten Stunden sangen sie noch alle Lieder, die sie kannten:
Kirchenlieder und auch freche, schlüpfrige, die die Burschen an den
Kirchweihtagen grölten. Doch gegen Mittag schleppten sie sich nur noch
schweigend mit offenen, trockenen Mündern und stierem Blick die Furchen
entlang und bemerkten nicht mehr, wenn sich Dornen in ihre nackten Füße
bohrten. Nur hin und wieder hockte sich eine breitbeinig hin, hob die
Röcke und verrichtete ihre Notdurft, so dass der Trupp ins Stocken kam
und ein wenig gekichert wurde.
    In Elisabeths Kniekehlen lief bald der Schweiß zusammen und
begann zu jucken. Ein breites, schwankendes Gesäß mit hochgebundenen
Rockschößen vor und das Keuchen eines anderen Mädchens hinter sich,
griffen ihre Hände losgelöst von ihren Gedanken nach dem Hanf. Hätte
sie fragen sollen, ob er wiederkäme? Hatte sie dem Markgrafen
vielleicht etwas nicht recht gemacht an dem Nachmittag, als er mit ihr
nebenan in die Schlafkammer gegangen war? Er hatte wohlig gelacht, als
sie ihm mit der flachen Hand fest auf seinen rosigen Hintern geschlagen
hatte, so dass kleine Wellen durch das massige Fleisch am Rücken und
entlang der Oberschenkel liefen. Sie konnte sich weitaus Schlimmeres
vorstellen. Auch wenn sie nicht verstand, warum die Leute so viel
Aufhebens von dem Gebalge machten. Oft schon hatte sie gesehen, wie
Mägde und Knechte auf dem nackten Boden hinter einem Heuhaufen einander
besprangen und dabei so herzerweichend stöhnten und keuchten, dass es
einem normalen Menschen, der seiner Arbeit nachgehen musste, an die
Nieren ging. Nein, aus reiner Freude hätte sie so etwas nie gemacht.
Aber hatte sie eine andere Wahl? Wenn der Markgraf gerade bei ihr sein
Vergnügen fand, dann sollte ihr das recht sein. Zumal er auch ziemlich
schnell fertig geworden war.
    Elisabeth kratzte sich schnell einen Flohstich am Oberschenkel
auf, spuckte darauf und ließ ihre Arme gleich darauf mechanisch
weiterarbeiten. Nein, der Markgraf war weiß Gott kein übler Mann, so
groß und kräftig und jung, wie er daherkam. Aber vermissen würde sie
ihn auch nicht. Der Regenschirm, so tröstete sie sich, würde ihr auf
jeden Fall bleiben. Sie wusste mit ihm zwar nichts anzufangen, aber ihr
Bruder konnte ihn sicherlich gut über den Juden verkaufen. Und dann war
da noch der prächtige Rock. Den würde sie auf keinen Fall hergeben.
    Immer wenn ein Feld abgeerntet war,
bündelten die Mädchen die Stängel und banden sie an Holzstangen fest,
die senkrecht in den Boden gerammt wurden. Jetzt konnte der Flachs
nachreifen. Ihre Rücken schmerzten, Mücken umsurrten ihre schweißnasse
Haut. Erst als die Sonne ganz steil stand, ließen die Bauern Körbe mit
Käselaiben und Brot und Krüge voll Wasser aufs Feld bringen. Die
Mädchen aßen und tranken und rollten sich im Schatten der

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