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Falkenjagd

Falkenjagd

Titel: Falkenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Betz
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und schüttelte ihr Flohpelzchen aus
Marderfell, das sie auch des Nachts trug in der Hoffnung, dass alles
Ungeziefer weg von ihrer Haut und in das kuschelige Nest gekrochen war,
in den Garten aus.
    Der Regen hatte in den frühen Morgenstunden
aufgehört, grelle Sonnenstrahlen drangen ins Zimmer und in die
Zweisamkeit des markgräflichen Paares. Als Friederike vom Fenster zu
ihrem Toilettentisch ging, registrierte Charles wieder einmal, dass sie
ein wenig humpelte. Im Bett ausgestreckt, beobachtete er, wie sie sich
langsam die Haare bürstete. Nein, sie war keine Frau, an der er sich
wärmen konnte wie an Elisabeth. Als sich Friederike zu ihm umdrehte,
wusste er, dass sie seine Gedanken erraten haben musste. Verachtung
schoss unter ihren Augenlidern hervor – ein Blick, dem er
manchmal begegnete, wenn er bei der Jagd einen klugen alten Hirsch vor
der Flinte hatte.
    »Wollen Sie mir heute die berühmte Louise vorstellen? Immerhin
trägt sie einen meiner Namen.« Friederikes plötzlicher Themenwechsel
brachte ihn aus dem Konzept.
    »Sonst ekeln Sie sich doch vor den Vögeln.«
    Charles blieb vorsichtig, denn bei Freundlichkeiten seiner
Frau war er auf der Hut.
    »Aber Louise soll klug sein«, entgegnete Friederike sanft,
»das reizt mich dann doch.«
    Sie läutete nach ihrer Kammerzofe, damit diese ihr beim
Anziehen half. Das Markgrafenpaar verabredete sich für vier Uhr
nachmittags.
    Friederike bat nur Caroline dazu, von der
sie wusste, dass sie als kleines Mädchen einen lahmen Habicht
aufgepäppelt hatte. Der Markgraf wiederum ließ den Erbprinzen holen.
Mit großem Trara rief man, als das Grüppchen im Roten Schloss eintraf,
Kersmackers herbei, denn ohne ihn, das war bekannt, wurde Louise nervös
und unwillig. Der flämische Falknermeister ging dann auch als Erster in
die Kammer, wo das Gerfalkenweibchen reglos auf seiner Stange saß.
    Friederike atmete flach, damit der stechende Geruch nicht zu
tief in ihre Lungen drang. Caroline hatte ihr Haar so schlampig
gepudert, dass dicke fuchsrote Strähnen durchschimmerten, und der
Markgraf blinzelte im Dämmerlicht irritiert zu der Tochter des alten
Säufers, Pollux von Crailsheim, hinüber, die für seinen Geschmack zu
verwegen und temperamentvoll war. Sie schnitt bei Soupers Grimassen und
wurde gesehen, wie sie mit dem englischen Gesandten die Gänge
entlangtanzte. Vor ein paar Monaten schließlich war etwas, wie der
Markgraf fand, Ungeheuerliches passiert. In einer bitterkalten
Mondnacht, als sie in den Wäldern von Colmberg Wildschweine jagten,
überraschte er Reitzenstein, wie dieser mit dem Kopf an die morsche
Wand eines Unterstands gelehnt seinen Schwanz rieb und dabei einen
Spitzenschal der Crailsheim an Mund und Nase drückte. Der Markgraf war
in wieherndes Lachen ausgebrochen und hatte Reitzenstein angeblafft, ob
er denn schon so auf den Hund gekommen sei, dass er es sich selbst
besorgen müsse. Warum machte er bloß solch ein Federlesens mit der
Crailsheim?
    Reitzenstein, so erinnerte sich der Markgraf, hatte damals
geschaut, als hätte man ihm einen Degen in seine besten Teile gerammt,
und mit knirschenden Zähnen »Es gibt solche und solche« geantwortet.
    Der Markgraf hatte ihn daraufhin gehen lassen. Später schenkte
er seinem Freund eine schöne, mit Silber beschlagene Pistole und
klopfte ihm herzlich auf die Schulter. Die Scham über das Erlebte und
auch seine Gutmütigkeit rührten Charles wie immer sehr. Doch Caroline
von Crailsheim war ihm seit dieser Wildschweinjagd unheimlich.
    Gedankenversunken standen sie eine Weile um
das unnahbare Geschöpf herum, das sie bitterböse aus seinen Perlenaugen
anschaute. Louises flacher Kopf, der so fein befiedert war, dass er
kahl zu sein schien, bebte kaum sichtbar, und aus ihrem gekrümmten
Schnabel kam ein leise schnarrendes Geräusch.
    »Wann wurde sie geatzt?«, fragte der Markgraf schließlich und
zerrte den ängstlichen Erbprinzen näher an Louise heran.
    »Gestern Mittag.«
    »Dann hat sie genau die richtige Kondition.«
    Zur Sicherheit tastete der Markgraf selbst das Brustbein des
Falkenweibchens ab.
    »Wie viele Reiher oder Milane werden wir benötigen?«, fragte
Kersmackers.
    »Keine! Wir jagen, was uns der Himmel bietet. Aber nehme er
die besten Hunde mit.«
    Kersmackers zögerte. Bei Louise hatte schon die Mauser
eingesetzt, und sie flog nicht mehr so sicher wie sonst. Er riskierte
einen Einwand.
    »Es liegen viele Federn unter ihrem Reck.«
    »Mach er sie fertig«, herrschte der Markgraf ihn

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