Falkenjagd
war.
»Ischerlein, es kotzt mich an. Überall fehlt das Geld. Die
Blicke meiner Geheimräte vermiesen mir den kleinsten Spaß, eigentlich
müsste ich meinen Schwiegervater schon wieder anpumpen.«
Ischerlein legte langsam ein Bein über das andere, bevor er
achselzuckend antwortete:
»Dann muss mein Fürst eben das machen, was zurzeit alle
Fürsten machen, nämlich Soldaten vermieten.«
»Du Hund, das weiß ich auch. Aber ich will das nicht. Ich will
keinen meiner Kerle außer Landes geben, es sind ohnehin nicht genug,
und es gefällt mir nicht, wenn ihre Mütter weinen.«
»Dann eben umgekehrt.«
Ischerlein langweilte sich bereits und gab sich keine allzu
große Mühe, es zu verbergen.
»Holt neue Landeskinder. Noch mehr Hugenotten, Calvinisten
und«, seine Stimme klang jetzt sogar etwas spöttisch, »fleißige,
lernbegierige und demütige Kinder meines Volkes. Ein paar Privilegien
hier, ein wenig Toleranz dort, und die markgräflichen Steuereintreiber
werden sich freuen.«
In dem Moment wehte aus dem Garten das zornige Brüllen eines
Löwen herein. Ischerlein riss seinen Kopf zum Fenster herum, doch er
sah nur ebenmäßig geharkten Kies und tropfnasse Fuchsienbeete, die sich
in Muschelform um einen Springbrunnen wanden. Bald darauf brüllte es
wieder, ärgerlich und dann beleidigt. Der Markgraf wischte mit einer
Handbewegung einen Stapel Akten vom Tisch.
»Hört Ihr das, Ischerlein, sie bewerfen den alten Pius, der am
liebsten nur noch schläft, wieder mit Krautköpfen. Ansonsten fressen
und saufen sie auf meine Kosten. Die Herren von Rothenhan, Bieberstein,
Heydenab und wie die Speichellecker sonst noch heißen. Aber nach ein
bisschen Jagen haben sie schon wunde Ärsche und klagen über gichtige
Hände. Am liebsten würde ich sie auspeitschen lassen, aber sie sind
ja«, höhnte er, »meine ehrenwerten Mundschenke und vornehmsten Räte.«
Der Markgraf konnte nicht länger sitzen bleiben. Er sprang aus
seinem goldgefassten Sessel auf, packte den Juden an den Schultern und
schüttelte ihn. Dann versetzte er den Stühlen Fußtritte, dass sie gegen
Kommoden schlitterten, und drehte schließlich keuchend an seinen
eigenen Rockknöpfen.
Ruhig sagte Ischerlein: »Ihr könntet zum Beispiel Bauplätze
günstig ausweisen, Adelige und auch Bürger wollen sich schließlich
gegenseitig übertrumpfen. Die Hugenotten sind schnell zu Vermögen
gekommen, die sollten übrigens mehr bei Hofe zu sagen haben. Ach ja,
zurück zum Bauen«, sprach Ischerlein weiter und ließ sich auch nicht
aus der Ruhe bringen, als der Markgraf anfing, mit zweien seiner
inzwischen abgerissenen Knöpfe zu jonglieren, »die Handwerker müssen
mehr zu tun haben als bisher, dann eignen sie sich neue Fertigkeiten
an, fremde Gesellen werden angelockt, wenn zwanzig neue Stadtpalais
gleichzeitig fertig werden sollen. Alles in allem ergibt das«, betonte
der Hofjude, »mehr Kinder, mehr Einwanderer, mehr Wirtshausbesuche,
mehr Steuereinnahmen. Übrigens empfehle ich, den Export der Waren aus
den Leonischen Gold- und Silberdrahtziehereien und den
Strumpfwirkereien in Schwabach tüchtig anzukurbeln. Ihr müsst unbedingt
Geschäftsträger nach Leipzig und Frankfurt schicken, die Kontakte
knüpfen und die Produkte vorstellen.«
Wieder starrte Ischerlein für einen Moment aus dem Fenster in
den Park. Trotz aller Geneigtheit, die ihm der Markgraf
entgegenbrachte, fühlte er sich plötzlich sehr fremd in einer Welt von
Krautkopf werfenden jungen Herren in seidenen Hosen und Röcken, die mit
Veilchenranken bestickt waren, während sich wieder eine Missernte
abzeichnete und vielleicht viele Kinder im Winter verhungern würden.
Nach zwei Stunden war es beschlossene Sache.
Alle bisherigen Kredite würden gestundet. Der Markgraf nahm bei seinem
liebsten Juden noch einmal eine Schuld von hunderttausend Talern auf.
Er wolle, sprudelte es sofort aus ihm heraus, sein Falknerkorps auf
fünfzig Mann aufstocken und mit schönen neuen Uniformen ausstatten. Ja,
ein neues Jagdschloss am Bärenwirtsweiher bei Gunzenhausen wolle er
auch bauen. Dann solle natürlich sein unehelicher Sohn gut versorgt
werden. Charles ließ Wein eingießen. Außerdem wünsche er sich sofort
zwei Feuerlöschwagen mit Pumpen und beweglichen Leitern. Übermütig zog
der Markgraf Ischerlein wie einen guten Freund an den Schläfenlocken,
so glücklich war er. In der Porzellanmanufaktur sollten neue Brennöfen
eingebaut werden.
»Ja, ja, und auch Bauplätze und kostenloses Holz soll es
geben«,
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