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Falkenjagd

Falkenjagd

Titel: Falkenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Betz
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dicke weiße Milch aus seinem
Glied. Als er die sah, wurde ihm für ein paar Sekunden schwarz vor
Augen. Er ahnte, was er sich geholt hatte. Wie immer sprach er zuerst
mit Heistermann.
    »Welches Unglück, welches Unglück! Haben Ihre Hochfürstliche
Durchlaucht denn keine englischen over-coats benützt, wie ich es immer geraten habe?«
    Charles schüttelte kleinlaut den Kopf und murmelte: »Ich kann
diese engen Dinger aus Schafsdarm nicht ausstehen, sie verderben einem
den ganzen Spaß.«
    »Nicht einmal in Versailles habt Ihr Euch von Amors
vergiftetem Pfeil treffen lassen.«
    Charles lächelte dankbar und erzählte Heistermann, um sich
etwas abzulenken, wieder einmal von einem seiner schönen Besuche vor
zwölf Jahren in einem französischen Bordell. Ach Gott, was für ein
kräftiger Bursche war er damals doch gewesen! Die Damen hatten gerufen,
dass sie jetzt öfters einen Prinzen aus Franken haben wollten.
    Der Markgraf und sein Zwerg lachten lauthals und vergaßen für
eine Weile das Unheil, das sich über Ansbach zusammenbraute. Aber
letztlich wusste auch Heistermann keinen anderen Rat, als den Leibarzt
zu konsultieren.
    Doktor Treu, der vor vier Jahren die
Markgräfin so geschickt von Alexander entbunden hatte und seitdem
Charles' vollstes Vertrauen besaß, redete nicht lange um den heißen
Brei herum.
    »Die venerische Krankheit.«
    Das hatte der Markgraf schon gewusst, bekam aber trotzdem
einen solchen Zornanfall, dass sich die Kammerjunker, Pagen und Lakaien
duckten. Er packte den armen Arzt, drehte mit aller Kraft an einem
seiner Rockknöpfe und schrie:
    »Diese Hure, diese Hure, sie hat es mit allen getrieben und es
dann mir angehängt.«
    Doktor Treu ging darauf nicht ein, sondern entfernte nur die
Hand von seinem Knopf, der schon locker hing, zog dem Markgrafen die
Hosen wieder hoch und befahl, einen Aderlass vorzubereiten. Weil er aus
Erfahrung wusste, dass der Markgraf leicht in Ohnmacht fiel, ließ er
ihn vorher kräftige Fleischbrühe trinken und auf einem niedrigen
Schemel Platz nehmen, was dem korpulenten Markgrafen schwerfiel. Dann
rieb er ihm mit einem warmen Schwamm die Armbeuge und öffnete mit einer
Lanzette die Ader. Der Markgraf umklammerte mit zusammengedrückten
Augenlidern einen Stock und wimmerte. Seine Amme lebte seit vergangenem
Herbst nicht mehr. Sie hatte ihm bei Aderlässen immer den Kopf gehalten
und ihm Kosenamen ins Ohr geflüstert. Charles spürte in diesem Moment
ganz deutlich, wie alles in seinem Leben bergab ging.
    Sechs Unzen Blut ließ Doktor Treu in einen Zinnteller laufen.
Das war viel. Aber die Krankheit war schließlich schon fortgeschritten.
Als alles vorbei und der Arm verbunden war, flößte man dem Markgrafen
noch eine stärkende Sauerampfersuppe ein.
    Am nächsten Tag hatte sich nichts gebessert.
Der linke Hoden glich einer braun verdörrten Pampelmuse. Treu ließ ihn
mit Eis kühlen und den Markgrafen Hanfsamenmilch trinken. Der Schmerz
schwand zeitweise, kehrte aber nach ein paar Stunden bissiger denn je
zurück. Charles fieberte stark. Trotzdem zeigte sich der Leibarzt
optimistisch, denn die markgräfliche Prostata war nicht angegriffen.
Inzwischen hatte man Marthe Zierl, die Tochter des Hofmalers,
festgenommen und verhörte sie.
    Zu allem Unglück traf auch noch eine
Eilstafette aus Berlin ein. Der König war am 31. Mai 1740 gestorben.
König Friedrich II. grüßte ›Ihre Königliche Hoheit, seine Schwester,
und Ihre Hochfürstliche Durchlaucht, den Schwager, mit inniger Liebe‹.
    Charles verdrehte die Augen und reichte Heistermann von seinem
Krankenlager aus das Schreiben mit dem preußischen Adler.
    »Ich vermute, er glaubt nicht einmal an Gott.«
    »Schlechte Zeiten, schlechte Zeiten, Serenissimus.«
    »Und die Zierl? Hat sie was ausgepackt?«
    »Wangenheim, Schenk von Geyern, Rothenhan, Fuchs von Bimbach.
Ischerlein auch, den sogar im gleichen Zeitraum wie Ihr, manchmal sogar
am selben Tag wie Eure Hochfürstliche Durchlaucht.«
    »Nein!«
    »Doch, sie schwört.«
    »Dieser Saujude, und ich habe ihm vertraut.«
    »Seine Glaubensbrüder mochten ihn nie.«
    »Neid, alles Neid, so wie mich der Bayreuther auch immer
schlechtmacht.«
    »Und jetzt?«
    »Die Zierl muss auf die Wülzburg, sofort. Mit Ischerlein, das
überlege ich mir noch.«
    Die Behandlung mit Quecksilber schlug
schließlich an. Charles musste täglich zweimal ein Gran Calone
einnehmen; um sein Glied wickelte man Fliederteeumschläge. Er bekam
zwar Durchfall, aber das gehörte zur Therapie,

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