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Falkenjagd

Falkenjagd

Titel: Falkenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Betz
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inzwischen sämtliche Umbauarbeiten
abgeschlossen. Auch die Arbeiten im Park, bei denen Hofbildhauer
Biarelle geholfen hatte, waren weitgehend fertig. Man hatte auf ihr
Geheiß alle Gebäude, Stallungen und Scheunen des Gutes ausgebessert
oder abgerissen und neue gebaut. Der Markgraf hatte zudem den Wunsch
geäußert, auf dem höchsten Punkt Schwaningens eine gemeinsame Kirche
für Hof und Dorfgemeinde zu errichten. Friederike, die nicht so viele
Sünden drückten wie ihn, schlug es ihm nicht ab. Als jedoch die Ernten
ausblieben und der Hunger kam, ließ sie die Bauarbeiten vorläufig
einstellen.
    »Das wäre doch gotteslästerlich weiterzumachen, wenn die Leute
keine Kraft mehr in den Knochen haben«, sagte sie zum Pfarrer.
    Friederike hatte eine Weile gebraucht, bis sie ihren gesamten
Besitz abgeschritten und in ihrem Kopf gespeichert hatte:
achtundvierzig Morgen Acker, zehn Morgen Gartenland, zwanzig Tagwerk
Wiesen und etwa zweihundertzwanzig Morgen Laub- und Nadelwald sowie
Weideflächen für hundert Schafe, drei Vogelherde mit denen Singvögel
zum Verzehr als Spielzeug für die Damen gefangen wurden, Steinbrüche,
eine Lehmgrube und vier Weiher. Zu diesen Erträgen kamen in guten
Jahren aus den Abgaben der Untertanen und der Jagd ungefähr achttausend
Gulden. Außerdem gehörte ihr noch der Kreuthof, dessen Bauernhaus
allerdings bald in sich zusammenfallen würde.
    Man mochte sie nicht, das spürte sie. Weil
sie den Verwalter, der nachlässig und großzügig gewesen war, vergrault
hatte. Man hatte Angst vor ihr, weil ihre blitzblauen Augen jede
Unordnung entdeckten und jede Fuhr Hafer abschätzen konnten. Aber sie
zuckte nur mit den Schultern und sagte zu Caroline: »Wäre ich weniger
streng, würde es den Kindern mit den Hungerbäuchen auch nicht helfen.«
    Die nickte und war ausnahmsweise gleich einer Meinung mit der
Markgräfin. Auf Friederikes Wunsch saß die von Crailsheim auch immer
dabei, klimperte mit den Augen, schob ihren hübschen Busen gelegentlich
noch etwas weiter aus dem Ausschnitt und lächelte, wenn die Markgräfin
mit dem Bürgermeister, einigen Großbauern und ihrem neuen Verwalter,
einem kleinen drahtigen Mann, der allerdings katholisch war, über die
zukünftige Bewirtschaftung sprach. Ihre Anwesenheit sollte die Männer
etwas aufmuntern, denn die Pläne und Befehle Ihrer Königlichen Hoheit
waren verwegen. Oder, wie sich die Männer hinter vorgehaltener Hand
zuraunten, schlichtweg verrückt.
    »Klee, Weizen, Rüben und Wintergerste bauen wir jetzt auf ein
und demselben Feld an. Immer im Wechsel, keine Brache mehr«, erklärte
Friederike zum wiederholten Mal und sagte tapfer das herunter, was sie
vor geraumer Zeit von Lord Bessborough gelernt hatte. So ganz sicher
war sie sich auch nicht, aber man musste es ausprobieren. Alles war
besser, als sich der Not zu ergeben. Sie suchte die Augen des
Bürgermeisters.
    »Wir werden dann mehr Futter für das Vieh haben und so
wiederum mehr Dünger für den Getreideanbau. Wir werden Zäune um die
Weiden bauen, damit uns die Kühe, Schafe und Schweine nicht querfeldein
und gar auf die Äcker laufen.«
    Ihre Stimme hatte härter und schriller geklungen, als ihr lieb
war. Aber es kostete sie viel Kraft, über solche Dinge mit den Männern
zu sprechen, die in ihrem ganzen Leben noch kein Wort mit der Ansbacher
Herrschaft gewechselt hatten. Friederike wollte, dass sie sie nicht
fürchteten, sondern ernst nahmen.
    »Ach, noch etwas«, sagte sie, als die Leute schon unter
Bücklingen und rückwärts den Raum verließen, »ich habe für Schwaningen
jeweils eine dieser Sä- und Hackmaschinen, die Mr. Jethro Tüll erfunden
hat, bestellt. Sie sollen in drei Monaten eintreffen.«
    Das war jetzt zwei Jahre her. Friederike
wusste auch nicht genau, was im Boden vor sich ging und warum. Aber der
Weizen wuchs tatsächlich kräftiger auf den Feldern, auf denen vorher
Klee angebaut worden war. Er überstand auch den Hagel besser, weil viel
mehr Körner an einem Halm saßen. Die Bauern staunten nicht schlecht.
Jonathan, der dritte Sohn des Schwaninger Müllers, bat eines Tages um
eine Audienz bei ihr. Er knetete seinen Hut und stammelte, er wolle
gern etwas über diesen, wie Königliche Hoheit es nannte, Fruchtwechsel
lesen.
    »Er kann lesen?«
    »Ich habe es mir selbst beigebracht.«
    »Komm er morgen wieder, und mein Hofmeister gibt ihm alles,
was ich dazu habe.«
    Von da an ließ sie Jonathan nicht mehr aus den Augen. In
Schwaningen überstand man die schlimmen Jahre

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