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Falkenjagd

Falkenjagd

Titel: Falkenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Betz
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Mal in einem Brief aufgetaucht. Ihr
Bruder Heinrich hatte ihr das verraten und sie eindringlich vor der
Bayreutherin und deren Einfluss auf den König gewarnt.
    Friederike zerriss von Gleichens Schreiben
und knetete es wütend zu einer Kugel, die sie schnell ins Kaminfeuer
warf. Scharfe Linien zogen sich um ihren Mund zusammen. Nein, sie
wollte niemanden auf ihrer mühsam errichteten Insel haben. Die Kraft,
gegen die Spione der Schwester anzutreten, hatte sie nicht, da machte
sie sich nichts vor. Die Geheimpolizei ihres Bruders tauchte noch zu
oft in ihren Träumen auf und ließ sie schweißgebadet aufwachen.
Friederike legte ihren Kopf in die Hände und rieb sich die Augen.
    Als er dann eintraf, saß sie gerade über den
Rechnungsbüchern der neuen Meierei. Sie schreckte hoch wie ein
Kaninchen. Offensichtlich hatte ihn ihre Absage nicht mehr rechtzeitig
erreicht. Sie hielt sich an ihrem Federkiel fest und überprüfte die
Zahlenkolonnen vor sich auf dem Blatt. Friederike traute ihrem Sekretär
seit einiger Zeit nicht mehr. Nicht dass er sie betrügen wollte, aber
es unterliefen ihm zu viele Fehler beim Addieren. Also rechnete sie
jetzt alles selbst. Die Milcherträge waren im letzten Halbjahr zwar
wieder um ein Fünftel gestiegen, aber wichtig war, genau zu wissen,
welche Tiere über welchen Zeitraum am meisten Milch gaben. Die musste
man von Stieren aus der gleichen Abstammung decken lassen, nur so ließ
sich der Erfolg sinnvoll planen. Außerdem lag auf ihrem Schreibtisch
die Ausschreibung der Royal Agricultural Society, die für die Erfindung
eines eisernen Schaufelpfluges für die Kartoffelernte einen Preis von
fünf englischen Pfund auslobte. Friederike fühlte Schweißtropfen in
ihrem Nacken.
    Bestimmt hat ihn mir Wilhelmine auf den Hals gehetzt. Er soll
mich offiziell für geisteskrank erklären, kombinierte sie. Dann würde
nicht einmal Carolines Witz ihr helfen können. Konnte sie Schutz von
ihrem Mann, dem Markgrafen, erwarten? Wer wusste schon, was der Bruder
in Potsdam noch alles vorhatte? Vielleicht sollte die ganze Ansbacher
Linie für null und nichtig erklärt werden? Charles zögerte, an
Friedrichs Seite in den Krieg zu ziehen, und der König wurde immer
ärgerlicher. Sie selbst galt inzwischen als ein Makel für das Haus
Preußen. Verdammt, wo steckte bloß Caroline?
    Nach den üblichen Höflichkeitsformeln und
Kratzfüßen überreichte ihr Karl Heinrich von Gleichen ein kleines, nur
eine halbe Elle hohes, in Samt eingeschlagenes Bild.
    »Der Ausbruch des Vesuvs, von der Markgräfin an Ort und Stelle
gemalt und Ihrer Königlichen Hoheit zum Andenken gewidmet.«
    Friederike betrachtete schweigend den Feuer speienden Vulkan.
Eine graue Rauchpinie stieg mächtig in einen gelblichen Himmel auf.
Roter Funkenregen wurde aus dem Krater geschleudert. Ebenfalls rot
getuscht waren ein größerer und zwei kleinere Flankenausbrüche aus
glühender Lava. Sollte diese Szenerie eine Drohung sein? Oder eine
Anspielung auf ihr Verhalten? Warum schickte ihr die Schwester gerade
dieses Bild?
    Friederike wusste, dass sie unbedingt etwas erwidern musste.
    »Wie nahe war meine Schwester dem Geschehen?«
    »Sie hat ihre Kutsche anhalten und ihre Staffelei am Wegesrand
aufstellen lassen. Der Markgraf selbst hat den Vesuv bestiegen«,
berichtete Herr von Gleichen. Unaufgefordert fuhr er fort, von den
Ausgrabungen in Herculaneum zu erzählen, und schilderte ihr eine
grandiose, verborgene Welt, die auf ihre Wiederentdeckung wartete. Ihr
fiel auf, dass er nicht ruhig stehen konnte.
    »Ein ganz neuer Esprit, verstehen Sie, an den sich unser
Geschmack erst gewöhnen muss, aber der in seiner Radikalität und Größe
neue Maßstäbe setzen wird.«
    Bei diesen Worten wippte er in den Knien und fuchtelte mit den
Händen. Friederike überlegte, ob er zu dieser frühen Stunde schon
getrunken hatte, so merkwürdig kam ihr sein Enthusiasmus vor. Sie tat
so, als würde sie weiter das Geschenk der Schwester studieren.
    Auch er war irritiert. Für eine Dame ihres Standes war es
höchst ungewöhnlich, dass sie keine Schminke trug. Diese Mode kannte er
nur von den ganz mutigen Damen der Pariser Avantgarde. Zudem wunderte
er sich, dass in ihren schönen Augen, die groß und glänzend wie
Spiegeleier unter feinen Brauen lagen, so viel Ernst schimmerte.
Stimmten die Gerüchte, dass der Ansbacher Markgraf die preußische
Königstochter von seinem Hof verbannt hatte und dass sie inzwischen mit
Ökonomen in aller Welt korrespondierte und

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