Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken
»Er hat bestimmt, wann es losgeht - und jetzt ist er zu spät.«
Genau in diesem Augenblick kam der Seher eilig durch das Tor.
»Tut mir sehr Leid«, rief Malnar atemlos und warf seine Tasche auf den Wagen. »In letzter Minute kam noch etwas Dringendes dazwischen ... aber jetzt bin ich bereit. Sind alle schon da? Das ist wirklich ein sehr denkwürdiges Ereignis.«
Offenbar war der Onur wegen der bevorstehenden Reise sehr aufgeregt und wollte nun sofort aufbrechen. Alduin und Erilea verabschiedeten sich von Aranthia, die dicht neben Bardelph stand. Nachdem Alduin mit Rihscha über die Ebene geflogen war, hatte er seine Mutter im Gasthof besucht. Ausführlich hatte sie sich mit ihm über ihre Pläne und Hoffnungen unterhalten. Jetzt genügten ein paar Worte, um Abschied zu nehmen.
»Ich komme vielleicht in ein paar Siebentagen nach Hause«, sagte Alduin. »Mittlerweile schicke ich ab und zu Rihscha vorbei, um zu sehen, ob bei dir alles in Ordnung ist.«
»Ich freue mich darauf«, sagte Aranthia, »und es wird eine große Hilfe sein, dich und Rihscha bei mir zu haben. Wir werden entscheiden müssen, was mit dem Haus geschehen soll. Und du solltest darauf achten, dass dein Arm gut heilt. Jungfer Calborth wird dich behandeln. Ich habe ihr noch ein Töpfchen Salbe gegeben. Wie sieht er jetzt aus?«
»Die Vereiterung ist nicht mehr so stark, aber die Stelle ist immer noch entzündet«, antwortete Alduin. »Es juckt so sehr, dass ich manchmal fast verrückt werde, aber sobald ich die Salbe auftrage, wird es besser. Keine Sorge, ich passe schon auf.«
Aranthia lächelte ihren Sohn an und umarmte ihn, dann verabschiedete sie sich von Erilea mit Küssen auf beide Wangen. »Gute Reise in die Heimat. Deine Mutter und deine Tanten werden sich vielleicht noch aus unserer Kindheit an mich erinnern. Mit Kariya und Aleah war ich damals besonders eng befreundet. Bitte grüße sie von mir!«
»Das mache ich gerne. Bestimmt werden sie sich freuen von dir zu hören.«
»Sind alle bereit?«, rief Malnar so laut, dass jeder es hören konnte. »Ich möchte möglichst weit draußen auf der Ebene sein, wenn die Doppelfinsternis beginnt. Es wird ein wirklich unvergessliches Erlebnis sein. Ich kann euch allen nur empfehlen, es nicht zu versäumen«, sagte er zu den anderen, die in der Stadt zurückblieben.
»Wann ungefähr wird es stattfinden?«, fragte Meister Torm zweifelnd. Er war immer noch nicht überzeugt davon, dass etwas so Ungewöhnliches am Himmel stattfinden würde, ohne dass er es vorhergesehen hätte.
»Zwischen der dritten und der vierten Glocke«, antwortete der Onur mit solcher Bestimmtheit, dass es kein Mensch gewagt hätte seine Vorhersage anzuzweifeln.
»Ich schlage vor, dass wir uns im Zitadellengarten treffen und die Finsternis gemeinsam verfolgen«, sagte Torm zu den Umstehenden. »Es gibt da noch ein paar andere Leute, die ich gerne einladen würde«, fügte er mit einem Blick auf den Raiden-Abgeordneten und Melethiell hinzu.
»Der Garten ist für alle Zitadellenbewohner und für deren Gäste da«, antwortete die Elbin sanft. »Ich werde auch kommen und freue mich darauf.«
»Da gibt es einen guten Platz, wo wir das Lager für die Nacht aufschlagen können«, sagte Bardelph. Er meinte die Stelle am Bach, an der er mit Aranthia und Alduin Rast eingelegt und gegessen hatte. Es schien so lange her zu sein. »Dort gibt es Wasser und genügend Gras. Wir werden den Platz wahrscheinlich rechtzeitig zur Finsternis erreichen. Und dann warten wir ab, ob es etwas zu sehen gibt«, fügte er hinzu. Er fragte sich, ob Meister Torms Zweifel wirklich so unbegründet waren. Für einen praktisch veranlagten Mann wie Bardelph spielte es keine große Rolle, ob eine Reise bei Vollmond und in einer warmen Sommernacht begann oder zu irgendeinem anderen Zeitpunkt. Und was die Himmelszeichen anging, konnten die Leute glauben, was sie wollten.
»Wir sollten jetzt wirklich nicht mehr länger warten«, drängte Malnar.
Die Reisenden riefen den Zurückbleibenden letzte Grüße zu und brachen auf. Alduin und Erilea begleiteten sie bis zum Haupttor. Die Straßen waren noch immer sehr belebt, aber niemand schien die Reisegruppe zu beobachten.
Schließlich zogen sie durch den großen Torbogen auf die Ebene vor der Stadt hinaus. Hier hielten sie einen Augenblick an; Alduin und Erilea umarmten ihre Freunde und entboten allen die traditionellen Grüße für eine sichere Reise.
»Ich freue mich auf Eure Rückkehr«, sagte Alduin zu
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