Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken
Erlebnis, die Welt durch die Augen eines Falken zu sehen. Alduin saß mit seinen Freunden und Bardelph zusammen und versuchte die Unterhaltung von diesem schicksalhaften Augenblick wegzusteuern, der nur noch zwei Siebentage entfernt war.
»Wo warst du eigentlich?«, fragte er Bardelph.
»Hab meine Felle verkauft. Alte Bekannte besucht. Überlegt, was ich als Nächstes tun soll. Jedenfalls bis gestern, als Calborth mit mir redete. Scheint, dass er sich für die Feldübungen mit euch Jungs zu alt fühlt und einen jüngeren Mann damit beauftragen will.«
Er zwinkerte den Jungen zu.
»Was meint Ihr damit?«, fragte Rael.
»Er möchte, dass ich euch beibringe, wie man jagt und in der Wildnis überlebt!«, erklärte der Raide. »Im Wald östlich von Sanforan liegt ein See und dorthin werden wir gehen.«
»Wann?«, fragte Alduin.
»Das bestimmt der Falkenmeister.«
Und obwohl ihn die Jungen bedrängten, verriet Bardelph kein weiteres Wort darüber, sondern wechselte nun seinerseits das Thema. »Ist deine Mutter schon zurück?«, fragte er Alduin.
»Nein. Sie wusste auch gar nicht, wie lange sie unterwegs sein würde.«
Dem Raiden entging der besorgte Ton in Alduins Stimme nicht. Aranthia hatte angenommen, dass sie höchstens drei Siebentage unterwegs sein würde, und diese Zeit war längst verstrichen. Alduin weigerte sich auch nur daran zu denken, dass ihr etwas zugestoßen sein könnte. Um sich selbst zu beruhigen, redete er sich ein, dass die Reise einfach mehr Zeit beanspruchen musste. Schließlich war es ein langer Weg und außerdem hatte sie ihre Familie seit mehr als vierzehn Jahren nicht gesehen. Wenn es ein freudiges Wiedersehen war, dann würden sie sich wohl viel zu erzählen haben und sie würde nicht sofort wieder aufbrechen wollen.
»Ach, ich bin sicher, dass sie schon bald wieder zurück sein wird«, beruhigte ihn Bardelph. »Ganz bestimmt will sie Rihschas Erstflug nicht versäumen.«
Am nächsten Morgen erfuhr Alduin, dass er heute seine letzte Unterrichtsstunde im Bogenschießen bei Lotan haben würde. Obwohl Lotan ihn kein einziges Mal gelobt hatte, schien dem Lehrer doch klar geworden zu sein, dass Alduin den Rest der Klasse weit hinter sich gelassen hatte und dass er ihm nichts mehr beibringen konnte; in Zukunft würde er daher den Morgen mit anderem Unterricht verbringen. Am darauf folgenden Tag kündigte Calborth die Feldübung mit Bardelph an.
»Morgen früh werdet ihr zu einer dreitägigen Übung aufbrechen«, sagte er. »Packt also ein paar Sachen zusammen! Jungfer Calborth wird euch Reiseumhänge mitgeben und außerdem ein wenig Proviant, aber nur Für den Weg. Danach müsst ihr euer Essen selbst erjagen. Meister Lotan wird euch mit Jagdwaffen ausrüsten.«
»Und was ist mit unseren Falken?«, wollte einer der Jungen wissen.
»Keine Angst, ich kümmere mich um sie. Sie müssen jeden Tag üben und bekommen genug zu fressen! Denkt daran, euer Bund mit dem Falken besteht - wie weit ihr auch immer voneinander entfernt seid. Vertraut fest darauf, denn ihr werdet dieses Vertrauen dringend brauchen, wenn die Falken fliegen!«
... euer Bund besteht...
In Calborths Worten hallte wider, was auch Erilea damals gesagt hatte. Alduin nahm sich fest vor sich nicht mehr von anderen beirren oder sich gar von seinen eigenen Ängsten überwältigen zu lassen.
Bei Tagesanbruch standen Bardelph und die jungen Falkner zum Abmarsch bereit. Jeder trug einen kleinen Rucksack; ein Bogen und ein Köcher mit Pfeilen hingen über der Schulter und im Gürtel steckte ein Jagdmesser. Alduin war noch kurz vorher in die Bruthalle geschlüpft, um sich von Rihscha zu verabschieden; er hatte keine Ahnung, wie er die lange Trennung von seinem Falken ertragen solle, vertraute aber auf den Bund mit ihm, wie Calborth geraten hatte.
Die Straßen der Zitadelle waren noch menschenleer und die Stille wurde nur vom Läuten der siebten Glocke unterbrochen. Es begann auf dem Glockenturm des Ratsgebäudes und sofort fielen auch andere Turmglocken in Sanforan ein. Doch im Gegensatz zur Inneren Stadt herrschte in der Äußeren Stadt bereits geschäftiges Treiben, die Rufe und das Gelächter der ersten Geschäftsleute und Händler hallten durch die Gassen. Neugierig blickten sie dem Trupp der Jungfalkner hinterher, der durch die Straßen und über den Marktplatz zum Osttor marschierte.
Die Straße zum Fath-Gebiet führte am Rand der Klippen entlang. Sie war breit und der Boden festgestampft von unzähligen Hufen,
Weitere Kostenlose Bücher