Falkensaga 01 - Der Schrei des Falken
gegeben. Der Hohe Rat hat bereits Lebensmittel und einen Hilfstrupp losgeschickt. Ich habe niemandem von deinem Traum erzählt, aber ich habe sie gebeten nach deiner Mutter Ausschau zu halten.«
»Danke, danke!«, stieß Alduin erleichtert hervor. »Ich hoffe nur, sie finden sie und diese Leute und können sie in Sicherheit bringen«
Calborth schüttelte nachdenklich den Kopf. »Ich habe keine Ahnung, weshalb du das alles weißt, aber es ist jedenfalls gut zu wissen, dass du sie lebend gesehen hast.«
»Ja, das ist gut«, antwortete Alduin und klammerte sich an diesen Hoffnungsschimmer.
Während der beiden folgenden Tage trafen immer neue Nachrichten von der Katastrophe ein. Alduin erfuhr, dass viele Menschen dabei ihr Leben verloren hatten, und das trug wenig dazu bei, die Sorge um seine Mutter zu zerstreuen. Er konnte nur auf seinen Traum vertrauen, dass sie am Leben war. Die einzige Möglichkeit, in dieser Situation nicht den Verstand zu verlieren, bestand darin, sich vollständig in Rihschas Flugübungen zu vertiefen. So blieb ihm keine Zeit zum Grübeln.
Am zweiten Nachmittag führte Calborth die Jungen mit ihren Falken vor die Stadttore, um längere Flüge zu üben. Zum ersten Mal sollten die Jungen versuchen sich mit ihren Falken im Flug zu verbinden. Bardelph half dabei, als Alduin an die Reihe kam.
»Pass auf, mein Junge«, sagte Calborth. »Bardelph stellt sich dort drüben auf und versucht Rihscha mit ein paar Fleischbrocken zum Fliegen zu bringen. Du musst dem Falken gut zureden.«
Die Übung verlief einwandfrei. Sie freuten sich, wie gleichmäßig Rihscha flog und wie geschickt er auf Bardelphs Faust landete. Bardelph gab ihm ein Fleischstückchen zu fressen, dann schickte er den Falken zu Alduin zurück, der ihn aufmunternd zu sich rief.
»Dieses Mal schließt du die Augen. Stelle dir vor, dass du mit ihm fliegst«, befahl Calborth. »Es ist ganz einfach, mach dir keine Gedanken. Eure Bindung besteht ja schon!«
Alduin holte tief Luft, presste die Augen ganz fest zusammen, bewegte den Arm leicht nach vorn und schickte Rihscha damit auf den Weg. Alles blieb dunkel. Er suchte in allen Ecken seines Verstandes, aber da war nichts, gar nichts. Furcht und Enttäuschung überwältigten ihn.
»Kneif doch die Augen nicht so zu!«, sagte Calborth und berührte ihn leicht an der Schulter.
Alduin öffnete die Augen und es war klar zu sehen, wie verzweifelt er war. Es würde genau so kommen, wie Lotan vorausgesagt hatte, und es gab nichts, was er dagegen tun konnte. Die ganze Sache war schief gelaufen. Wie hatte er nur jemals daran glauben können?
»Mach dir keine Sorgen«, beruhigte ihn der Falkenmeister. »Entspanne dich und rufe Rihscha zurück!«
Alduin versuchte sich zusammenzureißen, schaute zu seinem Falken hinüber und rief seinen Namen. Der Falke landete auf seiner Faust und schien sofort seine verzweifelte Stimmung zu spüren. Zu Alduins völliger Überraschung reckte der Vogel den Hals und stieß sanft mit dem Schnabel gegen Alduins Nase.
»Na, siehst du! Rihscha weiß genau, was los ist«, rief Calborth aus. »Du verkrampfst dich zu sehr. Entspanne dich einfach!«
Der Falkenmeister fuhr dem Jungen durch das Haar und lachte ihn breit an. »Dieses Mal versuchst du es nicht, sondern du weißt es...«
Alduin schloss die Augen, erinnerte sich langsam zu atmen und stieß die gespannte Erwartung von sich.
»Flieg!«, sagte er leise zu Rihscha und stieß leicht den Arm nach vorn.
Wir fliegen ...
Und er flog - er flog mit dem Falken! Spürte den Aufwind unter seinen Schwingen, sah jede Bewegung durch seine Augen, fühlte den wunderbar mächtigen Abwärtsschlag, gefolgt vom rhythmischen Schlagen der Flügel. Ja, wir fliegen , flüsterte eine Stimme in ihm und sein Herz schien einen Augenblick lang stillzustehen. Der Boden wich unter ihm, sein Blick richtete sich auf den Mann dort vorn, der ihn rief und der ein saftiges Fleischstück in der Hand hielt. Die letzte Spanne des Fluges glitt er durch die Luft, landete auf dem ausgestreckten Handschuh und schlug den Schnabel in das angebotene Fleisch.
Alduin öffnete die Augen, trunken vor Glück, alle Zweifel waren vergessen.
»Es ist wie ein Traum. So leicht wie einzuschlafen.«
»Gut. Sehr gut. Lass ihn jetzt zurückfliegen! Aber fliege nicht mit ihm. Es ist nicht gut, wenn man sich selbst durch die Augen eines Falken sieht«, grinste Calborth. »Da käme dein Gehirn völlig durcheinander.«
Als Rihscha wieder auf Alduins Hand
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