Falkensaga 02 - Im Auge des Falken
Menschenmengen. Hinzu kam, dass er von den Händlern und Landbesitzern für seine Dienste gut bezahlt wurde.
Für einen Moment nahm er Verbindung mit Krath auf. Er sah, wie der Falke einen fetten Fasan riss.
Komm, wenn du so weit bist , gab er dem Raubvogel zu verstehen. Er ging die schmale Dorfstraße entlang, und es dauerte nicht lange, bis der Wildvogel auf seiner Faust landete und sich behaglich das Brustgefieder kraulen ließ.
Von der Straße zweigten kleine Gässchen ab. Cal bog in die dritte ein und ging auf eine Dorfschenke zu, die er von früher her kannte. Zwar gab es dort keine Herbergszimmer, doch der Besitzer - ein alter Katauren-Freund - erlaubte ihm stets, sich auf der Bank am offenen Feuer auszustrecken, wenn der letzte Gast gegangen war. Als er die Tür öffnete, um nach einem Platz Ausschau zu halten, landete Krath auf dem Dachfirst.
Im Schankraum saßen und standen die Männer aus dem Dorf zusammen, die sich noch einen Becher Met gönnten, bevor sie zum Abendbrot nach Hause gingen. Gelächter, Klirren von Krügen, munteres Gerede, zornige Flüche und der eine oder andere wütende Fausthieb auf den hölzernen Tischen mischten sich zu einem bunten Durcheinander. Und über allem hingen blaue Tabakrauchschwaden. Erst zuckte Cal vor dem Lärm zurück, dann aber grinste er, als er ein paar bekannte Gesichter entdeckte.
»Cal!«, rief der Schankwirt hinter der Theke. »Schön, dich zu sehen! Wo hast du bloß so lange gesteckt? Komm rüber und trink was.«
Cal bahnte sich einen Weg zu ihm und nickte im Vorbeigehen alten Freunden zu.
»Brend, tut gut, dich zu sehen«, begrüßte er den Wirt, als er sich durch die Menge gekämpft hatte. »Offensichtlich blüht das Geschäft.«
»Ich kann mich wahrlich nicht beklagen«, antwortete der Kataure. »Aber sag, wo bist du gewesen? Ich kann mich nicht entsinnen, dich seit dem vorletzten Winter gesehen zu haben.«
Cal überlegte kurz. War es tatsächlich schon so lange her? Er nickte bedächtig. »Vermutlich hast du recht. Das letzte Mal war ich auf dem Weg nach Sanforan, um das eine oder andere Geschäft zu erledigen. Danach habe ich mit Krath die Gegend erkundet, um ein paar Karten für einen Goldsucher zu zeichnen. Und dann ... tja ... Ich habe eine Wunand kennengelernt, die unten am Fluss lebt ... und nun ja ...«
Cal war überrascht, dass er rot anlief, als sich ein mitfühlendes Grinsen im Gesicht des Wirtes breitmachte.
»Sag bloß, du bist sesshaft geworden! Wer hätte das gedacht. Ausgerechnet du . Hätte ich nie für möglich gehalten. Hat dich wohl verhext?«
Cals Verlegenheit war mit einem Schlag wie weggewischt. Ohne dass der Wirt es ahnen konnte, hatte er Gefühle in ihm wachgerüttelt, die er die vergangenen Mondzyklen sorgsam zu unterdrücken versuchte.
»Ganz so ist das nicht«, sagte er irritiert und aufgebracht zugleich. »Sie legt mir keine Fesseln an. Ich kann kommen und gehen, wie es mir gefällt. Und überhaupt ist es schön, einen Ort zu haben, an den man zurückkehren kann, an dem man sich erwünscht fühlt und an dem man umsorgt wird!«
»Schon gut, schon gut!«, versuchte Brend ihn zu beruhigen. »Kein Grund, sich aufzuregen. Komm, wir trinken einen auf die Dame! Verbringst du die Nacht hier?«
Cal nickte langsam. Er war von der Wanderung müde und spürte selbst, dass er überreagiert hatte. Er war froh, von den Gedanken abgelenkt zu werden, die Brends Worte in ihm aufgewirbelt hatten.
»Ja, ich wäre dir dankbar für etwas zu trinken und eine Bank, auf der ich schlafen kann. Es war ein langer Tag. Tut mir leid, dass ich so aufgebracht war.«
»Schon gut«, gab Brend zurück, stellte einen Krug vor Cal und füllte ihn randvoll. »Ich habe sogar eine Pritsche unter der Treppe, auf der du dich ausstrecken kannst. Viel gemütlicher als die harte Bank. Aber sag, was führt dich nach Lemrik?«
»Wir brauchen Samen und Korn, und vielleicht sehe ich mich auch gleich noch nach einem jungen Kalb um.« Seine Stimme klang bestimmt, als wolle er sich von vornherein weitere Bemerkungen über seine neue Häuslichkeit verbitten.
»Hmmm. Dann wärst du gut damit beraten, nach Thel Gan zu gehen. Das heißt, wenn du Zeit dafür hast. Dort ist gerade Frühjahrsmarkt, und viele Einheimische bieten gute Ware feil.«
»Die Zeit kann ich mir ohne Weiteres nehmen«, erwiderte Cal eine Spur zu schnell. »Hört sich nach einer guten Idee an.«
»Brend! Hier drüben geht der Met aus«, rief ein stämmiger Kerl vom anderen Ende der Theke.
Brend
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