Fallen Angel 07 Tanz der Rose
Seine Hand verkrampfte sich um den Federhalter, und die Feder brach ab, als sein gekrümmter Körper vornübersackte. Ein Glück, daß ihn stundenlang niemand stören würde! Bis zu Rosalinds Rückkehr würde er sich bestimmt erholt haben.
Mühsam stemmte er sich vom Schreibtisch hoch und wollte zum Sofa gehen, das auf der anderen Seite des Arbeitszimmers stand, doch schon nach einem Schritt wurde ihm schwindelig, und seine tauben Beine vermochten ihn nicht zu tragen. Kraftlos sank er zu Boden und spürte den Aufprall kaum, denn in seinen inneren Organen schienen Raubtiere zu wüten. Als ihm schwarz vor Augen wurde, war sein letzter Gedanke, daß er doch unmöglich schon heute sterben konnte. Nach Blackmers Prophezeiung blieben ihm noch mindestens drei Wochen Zeit!
Dann versank er gnädigerweise in tiefe Bewußtlosigkeit.
»Stephen! «
Rosalinds Stimme riß ihn aus den dunklen Nebelschwaden. Sie kniete leichenblaß neben ihm. Er hörte das vertraute Rascheln ihrer Unterröcke und spürte ihre warmen Finger auf seinem Handgelenk, als sie nach dem Puls tastete. »Noch... noch nicht tot«, brachte er mühsam hervor.
»Gott sei Dank! Als ich hereinkam und dich hier liegen sah... « Rosalind hatte Tränen in den Augen. »Glaubst du, daß du es bis nach oben ins Schlafzimmer schaffst, wenn ich dich stütze? «
Stephen begriff sofort, daß seine Welt sich seit heute morgen auf die vier Wände dieses Hauses verengt hatte. Es war unmöglich geworden, einen Schein von Normalität zu wahren, und er würde die Abtei nicht Wiedersehen. Höchstwahrscheinlich würde er nie mehr mit Rosalind der Leidenschaft frönen können... O Gott! »Nein«, flüsterte er rauh. »Hol zwei Diener. «
Rosalind stand auf und zerrte heftig an der Klingel, kehrte aber sofort an Stephens Seite zurück und wischte ihm mit ihrem Taschentuch behutsam den Schweiß vom Gesicht. Als die Diener erschienen, befahl sie ihnen, den Herzog ins Schlafzimmer zu tragen, wobei ihre Stimme nichts von ihrer tiefen Verstörung verriet. Die jungen Männer waren hingegen sichtlich betroffen, als sie ihren Herrn kraftlos auf dem Boden liegen sahen, und sie transportierten ihn mit größter Vorsicht. Immer noch halb benommen, dachte Stephen, daß es sich in schlechten Zeiten auszahlte, wenn man das Personal gut behandelt hatte.
Auf der Treppe wurde er wieder ohnmächtig, und als er zu sich kam, lag er im Bett und trug zum erstenmal, seit er Rosalind geheiratet hatte, ein Nachthemd. Doch obwohl er zusätzlich in warme Decken gehüllt war, zitterte er vor Kälte.
Rosalind setzte sich auf die Bettkante und griff nach seiner Hand. »Kannst du mich hören, Stephen? « Als er nickte, fuhr sie fort: »Ich werde jetzt einen Arzt holen lassen. Darauf hätte ich schon seit unserer Ankunft in London bestehen sollen. «
Sie wollte aufstehen, aber er packte sie am Handgelenk. »Nein! Ich habe gesehen, was Ärzte machen, wenn ein reicher Mann im Sterben liegt. Mein Vater wurde zur Ader gelassen, klistiert und sonstigen entwürdigenden Prozeduren unterzogen. Damals habe ich mir geschworen, diese Halsabschneider nicht an mich heranzulassen, wenn mir selbst die Stunde schlagen würde. « Er schaute Rosalind beschwörend an. »Ich kann dem Tod ins Auge sehen - mir bleibt ja gar keine andere Wahl -, aber ich möchte wenigstens in Würde sterben, so wie ein Tier, das sich dazu in seiner Höhle verkriecht. «
»Und wenn ein Arzt dir nun helfen könnte? « wandte Rosalind flehend ein. »Vielleicht war Blackmers Diagnose falsch, vielleicht könntest du geheilt werden. «
»Wenn ich das glauben könnte, hätte ich jeden Quacksalber in Großbritannien aufgesucht. « Er stieß röchelnd den Atem aus. »Doch der Körper lügt nicht... Versprich mir, daß du mich so sterben läßt, wie ich es mir wünsche. Bitte! «
Sie biß sich auf die Unterlippe, um nicht in Tränen auszubrechen. »Ich verspreche es. Brauchst du deine Opiumpillen? «
Stephen nickte. »Gib mir drei... « In einem Anflug von schwarzem Humor fügte er hinzu: »Ich dachte, sie würden nicht bis zum Ende ausreichen, aber jetzt hat es eher den Anschein, als würden etliche übrigbleiben. «
Rosalind hob seinen Kopf etwas an, legte ihm die Pillen in den Mund und hielt ein Glas Wasser an seine Lippen. Sogar das Schlucken kostete ihn große Anstrengung, und er war erleichtert, als sie seinen Kopf wieder in die weichen Kissen bettete. Einzelne Haarsträhnen hatten sich aus ihrem Knoten gelöst und fielen ihr ins Gesicht, und
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