Fallen Angels 03 - Der Rebell
Schmerz um seine Lungen herum, und er hatte das Gefühl, er schleppte einen Frachtkahn hinter sich her.
Kopfschüttelnd schob er diese Gedanken von sich weg. Selbstanalyse war derzeit nicht sein Ding …
Schade nur, dass der Vorsatz nicht lange anhielt.
Mit einem Seitenblick auf Jim sagte er: »Glaubst du, es ist in Ordnung, ihn allein zu lassen?«
»Veck braucht mal ein bisschen Abstand.«
»Den meine ich nicht.«
»Sprichst du von Eddie?« Jim verschränkte die Arme vor der Brust und fluchte. Dann sagte er: »Eigentlich ja, ich glaube, ihm kann nichts passieren. Devina hat keine Motivation, irgendetwas mit ihm anzustellen, denn solange er bei uns ist, bleibt er eine offene Wunde, die nicht zuheilt. Wenn sie seinen Körper mitnimmt oder beschädigt, würde das den Schmerz verkürzen.«
Ad ging zum Fenster und blickte hinaus. Fünf Uhr, und es fing gerade erst an, zu dämmern.
Mann, er war plötzlich wahnsinnig unruhig. »Sie muss doch wissen, wo wir ihn aufbewahren.«
»Aber ich habe die Tür gekennzeichnet. Wenn jemand da hineingeht« – er klopfte sich mit der Faust auf den Brustkorb – »weiß ich sofort Bescheid.«
Daraufhin tigerte Ad ein bisschen auf und ab, er hatte das Gefühl, Ameisen unter der Haut zu haben. Schließlich murmelte er: »Ich flitze nur mal schnell rüber und sehe nach ihm. Bin gleich wieder …«
Jim baute sich vor ihm auf. »Eddie geht es gut. Und ich brauche dich hier. Es kann jeden Moment losgehen.«
»Nur zehn Minuten.«
»Genau das will sie doch. Das musst du endlich begreifen.«
Adrian wollte sich nicht mit Jim anlegen. Die Luft war schon dick genug, da Veck kurz vor dem Ausrasten stand, und Ad merkte auch durchaus, dass er selbst nicht ganz stabil war und ihm jeden Moment die Sicherung durchbrennen konnte.
Aber das dringende Bedürfnis, in Jims Garagenwohnung zurückzukehren, konnte er einfach nicht abschütteln.
»Hör mal, ich bin ja gleich wieder da. Versprochen.« Er sah dem Erlöser direkt in die Augen. »Ich schwöre es bei Eddies Seele.«
»Verdammt noch mal«, brummte Jim.
»Ganz deiner Meinung.«
Ohne auf weiteren Widerstand zu warten, entfernte er sich rasch aus dem Haus. Und sobald er auf dem Rasen vor der Garage Gestalt angenommen hatte, wusste er, dass er gut daran getan hatte, herzukommen: Da war jemand in der Wohnung bei Eddie.
Sofort ging er in Kampfstellung, zückte seinen Kristalldolch und …
»Was zur Hölle?« Er senkte die Waffe.
In ebendiesem Moment öffnete Colin die Tür und trat auf den Treppenabsatz. »›Zum Himmel‹, wenn ich bitten darf.«
Der Erzengel trug heute mal kein Warmduscherweiß, sondern Klamotten, in denen man kämpfen konnte: eine weite Hose und ein enges Oberteil. Er war allein, zumindest soweit Adrian das beurteilen konnte.
»Was machst du hier?«, fragte Ad, obwohl er genau wusste, dass es nur eine Erklärung geben konnte.
»Fernsehen.«
Adrian schlenderte zur Treppe. »Jim hat keinen Kabelanschluss.«
»Dann kannst du dir ja vorstellen, wie gelangweilt ich bin.«
»Hat Nigel dir erlaubt, ihn zu bewachen?«
»Er weiß, dass ich hier bin, ja.«
Völlig unvermittelt wechselte der Wind die Richtung und kam jetzt von Osten her – und er brachte schlechte Nachrichten mit: Auf den unsichtbaren Luftströmungen um die Böen herum schlängelte sich ein leises Ächzen.
»Dreckige Schlampe.« Adrians Blick auf Colin war stechend. »Du bleibst bei Eddie.«
»Danke für den Befehl«, gab Colin trocken zurück. »Aber genau deshalb bin ich hier.«
»Klar. ’tschuldige.«
Für weitere Schleimerei blieb keine Zeit: Der Wind wurde kräftiger, und das Stöhnen verwandelte sich in ein Kreischen. Ad verfluchte nicht nur Devina und ihre Kriegsknechte – am liebsten hätte er sich selbst in den Arsch getreten. Das war genau, was Jim vorausgesagt hatte: Sie beide getrennt, er mit einem Haufen seelen- und knochenloser Bastarde beschäftigt, während Jim zweifelsohne den echten Scheideweg regeln musste.
Er hatte der Dämonin genau in die Karten gespielt.
Und er müsste sie weiter bedienen.
Auf gar keinen Fall würde er jetzt abhauen: Colin war mächtig, aber es gab Grenzen – und sie hatten Eddie schon einmal verloren.
Noch einmal würde das nicht passieren.
Blitzschnell huschte Adrian in die Garage. Im Pick-up lag eine Tasche voller Motorradausrüstung, und er zog sich eilig bis zu den Ellbogen reichende und mit Nieten besetzte Handschuhe und den schwarzen Duster über, den Eddie immer auf längeren Fahrten getragen
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