Falling in love
Klo.«
»Ohne Toilettenschein?«
»Das ist korrekt. Es handelte sich um einen Notfall.« Theatralisch schüttele ich den Kopf. »Die Einzelheiten wollen Sie nicht wissen.«
Die andern kichern. Mr Perry wirkt peinlich berührt.
»Beim nächsten Mal besorgst du dir einen Toilettenschein.« Dann setzt er seinen Unterricht fort. Was er erklärt, scheint überlebenswichtig zu sein.
Ein paar Minuten lang schreiben alle mit, was Mr Perry diktiert, und niemand meldet sich, um seine Fragen zu beantworten. »Raus mit den Hausaufgaben«, sagt Mr Perry dann. »Zuerst sehen wir uns Aufgabe neun an.«
Die andern blättern in ihren Heften hin und her, bis sie die Seite mit den Hausaufgaben gefunden haben. Manche schlagen auch irgendeine Seite auf, die als Hausaufgaben durchgehen könnte, bis Mr Perry sie entlarvt. Ich versuche gar nicht erst, so zu tun, als hätte ich etwas erledigt, was ich niemals erledigen würde.
Mr Perry fixiert mich. »Wo sind deine Hausaufgaben?«, fragt er.
»Ich habe sie nicht gemacht.« Ich mache nie meine Hausaufgaben und das weiß Mr Perry genau.
»Warum nicht?«, bellt er.
»Ich wollte Ihr Weltbild nicht durcheinanderbringen.«
Jetzt ist es so still, dass man von draußen das Plätschern des Springbrunnens hört.
Langsam läuft Mr Perry auf mich zu, als wären nur er und ich in diesem Zimmer.
Er ist lila vor Wut.
Er dampft vor Wut.
Er stützt sich auf meinem Tisch ab und sagt: »Dein Tonfall passt mir nicht.«
»Mir war nicht klar, dass ich einen besonderen Tonfall draufhatte«, sage ich.
»Werd bloß nicht frech!«
Ich glaube, die Situation eskaliert gerade. Wieso macht Mr Perry nicht mal eine Therapie? Er scheint Unpünktlichkeit und fehlende Hausaufgaben für die größten Sünden unserer Zeit zu halten. Er sollte mal den Fernseher einschalten, um zu sehen, was wirklich schlimm ist.
Mr Perry schnappt sich den Entschuldigungsschein, einen riesigen Winkelmesser, auf den er groß seinen Namen geschrieben hat. »Geh zur Studienberatung«, sagt er und hält mir das Ding unter die Nase. »Nach der Stunde haben wir da ein Wörtchen miteinander zu reden.«
Ich nehme den Schein und klappe mein Heft zu. Widerspruch scheint nicht viel Sinn zu haben.
Ms Everman schaut auf, als ich ihr Büro betrete. Sie ist an dieser Schule die einzige Erwachsene, die sich für unsere Probleme interessiert.
»Hi Tobey«, sagt sie. »Willst du ein Bonbon?«
»Nein danke.«
»Bist du meinetwegen hier?«
»Irgendwie schon. Aber eher unfreiwillig«, erkläre ich.
»Klingt interessant. Setz dich.«
Ich lasse mich in einen riesigen Plüschsessel fallen. In Ms Evermans Büro ist alles voller Poster, Pflanzen und Stofftiere. Aus dem Radio schallt klassische Musik.
»Also«, sagt sie, »was ist passiert?«
»Ich bin zu spät zu Mathe gekommen und Mr Perry hat gesagt, ich soll hier auf ihn warten.«
Ms Everman legt die Stirn in Falten.
»Das hat er nur gesagt, weil du zu spät gekommen bist?«
»Ich hatte keinen Entschuldigungsschein.«
»Aha…«
»Bei Mr Perry braucht man immer einen Schein, sonst rastet er völlig aus.«
»Und warum hattest du keinen?«
»Weil ich einfach zu spät gekommen bin.«
»Und warum bist du zu spät gekommen?«
Um das zu erklären, müsste ich die ganze Sache mit Sara aufrollen. Wahrscheinlich würde Ms Everman mich sogar verstehen. Aber das ist mir jetzt doch zu peinlich. Also sage ich: »Ich habe rumgetrödelt.«
»Du hast doch eine Uhr.«
»Aber ich… ich war mit den Gedanken woanders.«
»Geht das in diesem Jahr so weiter?« Ms Everman nimmt einen von diesen Schaumstoffstressbällen in die Hand. »Schon letztes Jahr haben sich die Lehrer ständig bei mir beschwert, weil du deine Hausausgaben nicht erledigt hast.«
»Sie kennen mich doch. Ich kann Hausaufgaben nicht mit meinem Glauben vereinbaren.«
»Und woran glaubst du?«
»An den Dadaismus.«
»Der Dadaismus ist keine Religion«, sagt Ms Everman, »sondern eine Idee.«
»Ach, das wollten mir die Dadaisten die ganze Zeit verklickern!«
»Tobey, kannst du einen Augenblick ernst sein? Erklär mir mal, was du in den nächsten Monaten unternehmen wirst, damit du am Ende des Schuljahres ein vernünftiges Zeugnis in den Händen hältst.«
»Dasselbe wie letztes Schuljahr.«
»Und wie kommst du darauf, dass ein gutes College dich nehmen wird, wenn du nie deine Hausaufgaben machst?«
»Ich kriege immer mindestens ein C. Das wissen Sie genau.«
»Das weiß ich, Tobey. Was ich jedoch nicht weiß, ist, warum du
Weitere Kostenlose Bücher