Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
Spielkarten.«
»Was ist es dann?«
»Das Tarot der Gezeiten.«
Cayal brach in Gelächter aus. »Das ist nicht Euer Ernst!«
»Das ist alles, was heutzutage von Euch und Eurer Art geblieben ist, Cayal«, sagte Arkady spöttisch. »Nur das. Die historische Überlieferung der Unsterblichen. Schon recht jämmerlich, wie tief die Mächtigen gefallen sind, meint Ihr nicht auch?«
»Diese Karten sind nichts als ein Haufen abergläubischer Unsinn«, höhnte der Suzerain.
»Dann seid Ihr mit ihnen vertraut?«
»Ich bin schon sehr lange auf der Welt, Arkady. Es gibt nicht viel, das ich noch nicht gesehen habe.«
»Ich kenne einen Experten, der in diesen Dingen sehr bewandert ist und meint, diese Karten erzählen die wahre Geschichte der Unsterblichen.«
»Wenn er das behauptet, ist Euer angeblicher Experte ein Idiot.«
Arkady hielt eine Karte in die Höhe, damit Cayal sie betrachten konnte. »Die erste Karte des Tarot, wenn ich mich nicht irre. Dies ist Cayal, der unsterbliche Prinz. Er ist dargestellt in bunten, aber zerrissenen Kleidern, und er hält ein Vergrößerungsglas in der Hand. Zu seinen Füßen ruht eine Katze, im Hintergrund ist ein Palast auf einem Berg zu sehen, die Sonne …«
»Nichts davon trifft zu«, wandte Cayal ein.
Aber die Fürstin ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. »Nach der Legende des Tarot reiste Cayal, der unsterbliche Prinz, unablässig auf der Suche nach Glück und Erfüllung durch die Welt. Wozu dient übrigens das Vergrößerungsglas? Das wusste Tilly nicht.«
»Es ist nichts als Unsinn«, beharrte Cayal.
»Die zweite Karte ist die Zauberin« ‚fuhr Arkady fort. Sie schien von Cayals Reaktion eher belustigt als entmutigt. »Den Karten zufolge ist die nächste Person, der Ihr auf Eurer Reise begegnet, Arryl.« Die Fürstin griff nach dem Notizbuch auf ihrem Schoß und begann daraus vorzulesen. »Besessen vom Geist des Gezeitensterns, erhebt Arryl die eine Hand zur Sonne und zeigt mit der anderen auf den Boden, so ruft die Zauberin die Macht des Gezeitensterns herbei. Durch ihre magischen Kräfte tut sich vor Cayals Füßen der Boden auf, und vor dem unsterblichen Prinzen liegen alle Möglichkeiten des Universums ausgebreitet; all die Richtungen, in die er gehen kann, jede andere Wirklichkeit …«
»Was versucht Ihr zu beweisen?«, unterbrach Cayal sie ungeduldig.
»Na, Eure Unsterblichkeit«, erwiderte Arkady liebenswürdig. »Ich dachte, das wäre in Eurem Sinne.«
»Aber das ist doch lächerlich!«
»Und die Behauptung, unsterblich zu sein, ist das nicht?«, gab sie mit einer angehobenen Augenbraue zurück. »Dann wollen wir uns einmal die dritte Karte ansehen. Diala, die Hohepriesterin.«
»Verschont mich!«, stöhnte Cayal und wandte ihr den Rücken zu.
»Der unsterbliche Prinz setzt seine Reise fort«, las Arkady weiter aus ihren Notizen vor, »und trifft auf eine geheimnisvolle, verschleierte Dame, die zwischen zwei Säulen auf einer Lagerstatt ruht und vom Licht des Gezeitensterns bestrahlt wird. Sie ist die Seelenschwester der Zauberin …«
»Eine Schlampe ist sie«, berichtigte Cayal säuerlich.
»… die nicht mit Worten oder Argumenten überzeugt, sondern andere mit ihren Verführungskünsten manipuliert. Wo die Zauberin Geist und Verstand einsetzt, setzt sie ihren Körper ein, um den Vertrauensseligen in die Falle zu locken …«
»Wie ich schon sagte: eine Schlampe.«
Arkady las unbeirrt weiter. Warlock war sicher, dass sie es tat, um Cayal zu ärgern. Was für seltsame Spiele diese Menschen doch miteinander spielen.
»Sie ist die Hohepriesterin«, las die Fürstin laut, »und verblüfft Cayal dadurch, dass sie alles weiß, was es über ihn zu wissen gibt; seine Gedanken, seine Hoffnungen, Träume und seine Sünden. ›Da Ihr selbst meine tiefsten Geheimnisse kennt, Mylady, könnt Ihr mich nicht führen?‹, fragt er sie und setzt sich an ihre Lagerstatt. ›Die Zauberin hat mir unendlich viele Pfade und Möglichkeiten aufgezeigt, aber ich weiß nicht, welchen Weg ich einschlagen soll.‹ Zur Antwort holt die Hohepriesterin eine uralte Schriftrolle hervor und sagt: ›Alles, was du wissen musst, ist in dieser Schrift enthalten. Aber dafür musst auch du mir etwas geben.‹ ›Was wollt Ihr von mir?‹, fragt Cayal. ›Deine ungeteilte Aufmerksamkeit.‹ Also sitzt Cayal zu Füßen der Hohepriesterin und lauscht ihr, wie sie ihm im Licht des Gezeitensterns vorliest. Als sie geendet hat, weiß Cayal, welchen Weg er einschlagen muss …«
»Oh um
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