Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
...« Ihre Stimme verhallte, als wäre ihre Warnung sowieso fruchtlos.
»Außer wem?«
Sie zuckte die Schultern. »Ich wollte Declan Hawkes sagen, aber ich habe das Gefühl, dich zu warnen ist reine Zeitverschwendung.«
Ihr Vorschlag brachte ihn zum Lächeln. »Du denkst, die einzige Person, der ich in Glaeba trauen kann, ist dein alter Freund Declan Hawkes?«
Arkady teilte seine Belustigung nicht. »Was ich denke, Stellan, ist, dass Entenys und Inalas Tod kein Unfall war. Wenn ich damit recht habe, dann bist du als Zweiter in der königlichen Erbfolge eine Gefahr für alle, die eigene Pläne mit Glaeba haben, und sie werden vermutlich alles daransetzen, sich deiner zu entledigen. Kehre nach Hause zurück, wenn es denn unbedingt sein muss, trage deinen König und deine Königin zu Grabe, kröne ihren Erben, aber denk an meine Worte. Die Zukunft sieht anders aus, als du sie dir vorstellst. Schlimmer noch, sie bringt etwas, das du dir nicht vorstellen kannst. Vielleicht erkennst du sogar eines Tages, dass deine Freunde in Wirklichkeit deine Feinde sind, und ein Mann, den du jetzt für deinen Feind hältst, dein einziger wahrer Freund.«
Nach dieser ominösen Warnung verließ Arkady das Schreibzimmer. Stellan und Dashin starrten ihr nach, und in der unbehaglichen Stille, die ihr Abgang hinterließ, hallte als einziges Geräusch das Echo der Tür nach, die sie hinter sich ins Schloss geworfen hatte.
35
Lon Brandor und Tenry Crow, die beiden Leibwächter, die Aleki mit dem Schutz von Shalimar Hawkes betraut hatte — und die Shalimar losgeworden war, indem er sie unter einem Vorwand nach Caelum geschickt hatte -, warteten am festgesetzten Tag im Schankraum des Einsamen Wanderers am Stadtrand von Cycrane, wo Shalimar sie hinbestellt hatte. Sie waren überrascht, dass es Declan war, der sie dort traf, wunderten sich aber nicht weiter, als sie erfuhren, dass ihre Mission in Caelum nur eine Kriegslist gewesen war. Als altgediente Mitglieder der Bruderschaft des Tarot waren sie schon vor Wochen selbst daraufgekommen.
Aber sie waren derweil nicht untätig gewesen und konnten Declan alles über die Gerüchteküche in und um Cycrane erzählen. Thema Nummer eins war die bevorstehende Heirat von Prinzessin Nyah und dem gut aussehenden jungen Fürsten Tyrone, Sohn der gefürchteten Großherzogin von Torfall. Den Gerüchten zufolge erwartete jedermann in Caelum diese Eheschließung mit Sehnsucht. Vielleicht mit Ausnahme der Braut, die offenbar eine unerklärliche Abneigung gegen ihren Zukünftigen hegte.
Königin Jilna, die von ihrem Volk nicht als eigenständige Monarchin toleriert wurde, sondern nur als Mutter der rechtmäßigen Thronerbin, wurde derzeit immer unbeliebter, denn es wurde gemunkelt, dass sie ihrer Tochter diese Heirat aufzwang. Declan lauschte Tenrys Zusammenfassung der Geschehnisse in Cycrane und konnte nur den Kopf schütteln über die Mentalität dieser Leute. Sie schienen es völlig in Ordnung zu finden, ein zehnjähriges Kind mit einem Erwachsenen zu verheiraten, sorgten sich aber, dass das arme Kind seinen Bräutigam vielleicht nicht mochte.
»Ich schätze, niemand weiß, wer die Großherzogin von Torfall und ihr Sohn wirklich sind?«, fragte Declan und nahm einen Schluck von seinem schäumenden Ale. Nachdem er sich über eine Woche lang einen Weg durch das Tunnelgewirr von Maralyce' Mine gebahnt hatte, hätte er es vorgezogen, sich zuerst zu waschen und umzuziehen, aber Lon und Tenry hatten bei seiner Ankunft schon auf ihn gewartet.
Tenry sah sich um und vergewisserte sich, dass ihnen niemand zuhörte. »Niemand hat sie im Verdacht, unsterblich zu sein, wenn es das ist, was Ihr meint«, sagte er. Tenry war der ältere der beiden und führte meist das Wort. »Aber seit durchsickert, dass Prinzessin Nyah nicht gerade verliebt ist in Lord Tyrone, fangen die Leute doch an, sich zu fragen, wer sie eigentlich sind und woher sie kommen.«
»Und wo die kleine Prinzessin steckt«, fügte Lon hinzu.
Declan sah ihn an. »Wovon redest du?«
Tenry zuckte die Schultern. »Laut neuesten Gerüchten ist Prinzessin Nyah verschwunden.«
»Und das ist nur ein Gerücht?«
»Das weiß niemand so genau«, sagte Tenry. »Nach allem, was wir gehört haben, gab es neulich einen großen Trubel im Palast. Eine traditionelle Feierlichkeit, die sie hier immer vor einer königlichen Hochzeit veranstalten. Ich weiß nicht, worum es dabei ging, aber sicher ist, die kleine Prinzessin ist dort nicht aufgetaucht.
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