Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
Offiziell hieß es, sie fühlte sich nicht wohl. Inoffiziell wird gemunkelt, dass sie ihren Zukünftigen so hasst, dass sie weggelaufen ist.«
Declan lächelte über die Ironie der Situation. »Wenn das wirklich stimmt, dann ist die zehnjährige Thronerbin von Caelum wahrscheinlich die klügste Person in diesem ganzen verdammten Land. Habt ihr Ricard Li schon kontaktiert?«
»Wussten nicht, dass Ihr das möchtet. Ist er überhaupt Mitglied der Bruderschaft?«
Declan schüttelte den Kopf. »Aber trotzdem sollten wir ihn warnen, dass die Großfürstin von Torfall eine Hochstaplerin ist.«
»Das ist eher Euer Fachgebiet als unseres«, sagte Tenry. »Lon und ich haben eine Regel. Wir versuchen immer, die Landesgesetze einzuhalten, wenn wir im Ausland sind.«
»Das kann ich euch auch nicht verübeln. Was habt ihr jetzt vor?«
»Hängt ganz von Euch ab, Herr. Wenn es für uns hier nichts mehr zu tun gibt, und Ihr uns auch nicht mehr braucht, um den Alten zu beschützen, dann gehen wir ins Verborgene Tal zurück. Dort gibt es für uns immer etwas zu tun. Besonders jetzt, wo der alte König nicht mehr lebt.«
»Welcher alte König?«
»Enteny«, sagte Tenry. »Wen soll ich denn sonst meinen?«
»König Enteny ist tot?«.
»Seit über zwei Wochen.« Der ältere Mann musterte Declan stirnrunzelnd. »Er und Königin Inala. Habt Ihr's etwa noch gar nicht gehört?«
»Ich bin nicht ganz auf dem Laufenden.« Gezeiten, eine schöne Untertreibung.
»Kann man wohl sagen, Herr, wenn Ihr davon noch nichts wisst. Ein Unwetter auf dem See. Ein Glück, dass der Kronprinz nicht mit an Bord war.«
Declan war wie vom Blitz getroffen. Und dann überrollte ihn das Schuldbewusstsein wie eine hässliche große Welle. Er war der Erste Spion des Königs ... er hätte in Herino sein sollen ...
Und was könnte ein Erster Spion wohl gegen ein Unwetter ausrichten?, hörte er seinen Großvater fragen.
»Du hast recht. Ihr beiden müsst nach Glaeba zurück«, sagte Declan zu Tenry. Jetzt musste er erst einmal eine Weile allein sein, um diese Neuigkeiten zu verdauen. »Tut mir leid, dass man euch umsonst hergeschickt hat.«
»War nicht so schlimm«, meinte Tenry achselzuckend. »Haben uns Cycrane angesehen. Waren noch nie da.«
»Braucht ihr Geld?«
Tenry schüttelte den Kopf. »Lord Aleki hat uns gut ausgerüstet.«
Declan stand auf und streckte den Männern die Hand hin. »Dann wünsche ich euch Glück auf eurer Heimreise, Männer. Sagt Lord Aleki, dass ich nachkomme, sobald ich kann.«
»Schätze, Ihr werdet mehr Glück brauchen als wir«, erwiderte Tenry und schüttelte Declan die Hand. Dann gab er seinem Gefährten einen Klaps auf die Schulter. »Komm, Lon. Wenn wir uns ranhalten, schaffen wir noch die Morgenfähre über den See.«
Lon stand auf und schob seinen Stuhl zurück. Tenry schickte sich zum Gehen an, doch dann blieb er noch einmal stehen. »Seid besser vorsichtig hier auf der Straße, zumindest bis ihr Euch gewaschen und umgezogen habt. Die Stadtwache ist sehr intolerant, zwielichtiges Gesindel sehen die hier gar nicht gern. Und um ehrlich zu sein, Herr, so seht Ihr gerade aus.«
Declan rieb sich sein schmutziges, unrasiertes Kinn und nickte. »Danke für die Warnung, Tenry.«
»Dann sind wir mal weg, Herr, und Euch viel Glück.«
Declan sah sie gehen und trank den letzten Rest Ale aus. Er war immer noch zu bestürzt, um zu verarbeiten, dass Enteny und Inala tot waren. Ein Unwetter, hatte Tenry gesagt. Konnte das wahr sein? Oder kamen die Gezeiten schneller zurück, als sie gedacht hatten?
Schnell genug, dass Jaxyn und Diala schon nach dem glaebischen Thron greifen können?
Bei dem Gedanken wurde Declan schwindelig.
Die Bruderschaft war davon ausgegangen, dass sie noch Monate, vielleicht sogar Jahre hatten, bevor die Gezeitenfürsten sich gegen die menschliche Bevölkerung wenden würden.
So viel dazu ...
Er sah sich um. Was sollte er jetzt als Erstes tun? Sofort nach Hause zurückkehren, sich waschen und umziehen, oder versuchen, sich mit Ricard Li, dem Ersten Spion der Caelaner, in Verbindung zu setzen?
Da Tenry ihn in Bezug auf sein zwielichtiges Äußeres gewarnt hatte, beschloss er, sich zuerst zu waschen. Selbst wenn er Caelum sofort verließ, würde die Reise nach Herino Tage dauern. Und zu Hause konnte er jetzt sowieso nichts tun. Da er nun schon mal in Cycrane war, konnte er genauso gut etwas Nützliches tun, bevor er nach Glaeba ' zurückkehrte. Außerdem würde die Aufgabe, ein Bett für die Nacht
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