Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
für deine Hilfe«, antwortete Boots. »Und für das Essen.«
»Danke für die Gesellschaft«, gab der Alte zurück. Er sah Warlock an, beugte sich vor und bot ihm seine Hand. »Ich bin froh, dass wir uns kennengelernt haben, Warlock.«
»Ja, ich auch, Shalimar«, entgegnete er mehr aus Höflichkeit als aus echter Dankbarkeit für die Hilfe des alten Mannes. Warlock war noch immer nicht restlos überzeugt, dass dies keine verzwickte Falle war. Allerdings fiel ihm auch keine plausible Begründung ein, warum Menschen einen solchen Aufwand treiben sollten, bloß um ein paar herrenlose Sklaven aufs Glatteis zu führen.
»Vielleicht sehen wir uns wieder«, sagte der alte Mann. Seine Leibwachen hatten Lord Ponting das dritte Pferd übergeben und waren aufgesessen. »Aber vielleicht auch nicht. Ich nehme an, Aleki hat große Pläne mit euch.«
Warlock betrachtete den Edelmann und suchte nach bestätigenden Anzeichen für das, was Shalimar gesagt hatte, doch des Grafen Miene verriet ihm nichts.
Shalimar ruckte am Zügel und lenkte sein Pferd vom Hof. Er nahm Kurs auf die Straße nach Osten - weg von der Stadt. Lon und Tenry hefteten sich an seine Fersen.
Boots trat dicht an Warlock heran, der den Fortreitenden nachsah. »Weißt du was, ich glaube, ich werde den alten Mann vermissen.«
»Du meinst, du wirst das Essen vermissen.«
»Das auch.« Sie wandte sich an Aleki Ponting. »Werdet Ihr uns so gut versorgen, wie Shalimar das tat, Euer Lordschaft?«
Der Graf schien belustigt. »Ich bezweifle, dass es auf Amyrantha eine Menschenseele gibt, die euch so gut versorgt wie Shalimar.« Er streifte seine Handschuhe ab und entledigte sich seines Mantels. Es war heiß hier in der Sonne. Zwar hatte Shalimar die Crasii mit warmer Kleidung ausgestattet, doch die war in den Satteltaschen verstaut, und sie trugen beide noch die dünnen Baumwolltuniken, mit denen in der Stadt alle Crasii herumliefen. Der Mensch in seinem vornehmen Wollmantel musste vor Hitze fast umkommen. »Wie dem auch sei, ihr werdet bestimmt nicht verhungern. Hat er euch erzählt, wo wir hingehen?«
»Ins Verborgene Tal«, antwortete Warlock für sie beide.
»Und hat er euch noch mehr gesagt?«
»Eigentlich nicht.«
»Dann haben wir unterwegs eine Menge zu besprechen.«
Als ob damit alles gesagt wäre, machte Aleki kehrt und führte sein Pferd in Richtung Stall.
»Haben wir die Freiheit, unserer Wege zu gehen?«
Der Graf blieb stehen, wandte sich um und sah sie an. » Wollt ihr das?«
»Das ist keine Antwort.«
Lord Ponting kam ein paar Schritte näher. Seine Miene blieb freundlich, doch in seiner Haltung lag auf einmal etwas unterschwellig Drohendes. Mit Befremden stellte Warlock fest, dass ihn das irgendwie beruhigte. Wenn diese Leute den Plan hätten, ihm und Boots nur vorzugaukeln, sie würden ins Paradies geleitet, um sie in Wirklichkeit wieder zu versklaven, dann würde Aleki alles daran setzen, sie in Sicherheit zu wiegen. Doch der Graf von Summerton benahm sich wie ein Mann, der etwas zu verteidigen hatte. So wie Declan Hawkes die Folgen einer Weigerung ihrerseits klar benannt hatte, versuchte auch Aleki nicht, irgendetwas schönzufärben.
»Du und deine Freundin, ihr seid zunächst auf Treu und Glauben hier«, erklärte Lord Ponting und sah dem großen Crasii ins Gesicht. »Und sofern du dich dieses Vertrauens würdig erweist, Warlock, wirst du entsprechend behandelt. Die Gezeitenfürsten kehren zurück. Das bedeutet, dass jeder Mann, jede Frau und jedes Kind in Gefahr ist, von den Crasii ganz zu schweigen. Dir bietet sich hier eine Chance, die Crasii davor zu bewahren, dass sie erneut so missbraucht werden wie das letzte Mal, als die Unsterblichen Amyrantha beherrschten. Du solltest genug über eure Geschichte wissen, um zu begreifen, was das heißt.«
»Er meinte doch nur ...«, setzte Boots an und wedelte nervös, beunruhigt vom ernsten Ton des Edelmannes.
»Ich weiß, was er meint, Boots. Er will wissen, ob ihr Gefangene seid. Also lasst mich euch beruhigen. Euch beide. Ihr wollt gehen? Schön, dann geht jetzt, und viel Glück euch beiden. Aber eines sollt ihr wissen: Je näher wir dem Verborgenen Tal kommen, desto mehr haben wir zu verteidigen. Und ich kann euch versprechen, wir sind zu allem bereit, was nötig ist, um unsere Leute zu schützen. Wenn das bedeutet, dass wir euch jagen und töten müssen, ehe ihr Gelegenheit bekommt, unsere Geheimnisse zu verraten, dann tun wir auch das.«
6
Das Serail der glaebischen
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