Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
durchdachte das kurz und nickte dann. Jaxyn war nicht wirklich überrascht. Vermutlich wusste sie nicht, wo sie sonst hin sollte. Seit sie alle sich zusammengetan hatten, um Kentravyon auf Eis zu legen -und das im wahrsten Sinne des Wortes –, wusste sie nichts Rechtes mit sich anzufangen. Für die Dauer der letzten Gezeitenhochstände war sie meist als Anhängsel mit Syrolees Sippschaft herumgezogen, doch sie war ihnen nicht ergeben oder auch nur sonderlich gewogen …
Oder doch? Ist sie deshalb hier? Hat Tryan sie als Spionin auf mich und Diala angesetzt?
Jaxyn wünschte, er hätte darüber nachgedacht, bevor er ihr einen Antrag machte …
Halt, es gab vielleicht eine Möglichkeit, dies zu seinem Vorteil zu nutzen, unabhängig davon, auf wessen Seite Lyna wirklich stand. »Selbstverständlich musst du mich nicht auf der Stelle heiraten. Eine Verlobung kommt mir vorerst genauso gelegen.«
Lyna zuckte unbekümmert die Schultern. »Wenn ich standesgemäß behandelt werde, wie es sich geziemt für die Verlobte des königlichen Sekretärs und neuen Fürsten von … na, wie auch immer dein Fürstentum heißt, jedenfalls kannst du dir ruhig Zeit lassen.«
»Ausgezeichnet. Es gibt da nämlich eine Aufgabe, für die ich jemanden brauche, dem ich trauen kann.«
»Was für eine Aufgabe?«, fragte sie und setzte sich wieder hin.
»Ich muss die Gemahlin des ehemaligen Fürsten von Lebec finden.«
»Warum?«
Weil ich sie haben will. Weil das Miststück mich herausgefordert hat.
»Weil ich sie benutzen kann, um Stellan Desean auszubremsen. Er drängt Tryan, uns den Krieg zu erklären, weil er glaubt, er hätte nichts mehr zu verlieren. Ich würde ihm diese Idee gern ausreden.«
Lyna schien ihm seine Gründe abzunehmen. Und Jaxyn selbst fand auch, dass es sehr plausibel klang. »Was habe ich damit zu tun?«
»Ich will, dass du sie für mich auftreibst. Sie war zuletzt in Ramahn, aber die Spur ist mittlerweile kalt. Du musst sie für mich finden und nach Glaeba zurückbringen. Lebendig.«
»Würde das nicht unserer Verlobung im Weg stehen, Liebster?«
Er schmunzelte und griff nach ihrer Hand, um sie galant zu küssen. »Du liebst doch teure Einkäufe, Lyna, und für meine Angebetete ist mir nichts zu kostbar. Nichts läge mir ferner, als Einwände zu erheben, wenn du nach dem vollkommenen Brautkleid suchst. Selbst wenn das bedeutet, dass du durch ganz Amyrantha reisen musst, um es zu finden.«
Lyna lächelte. »Du willst mir eine Einkaufsreise finanzieren?«
»Geld spielt keine Rolle, sofern du mir das Paket nach Hause bringst, das ich haben will.«
»Dann ist es abgemacht.« Sie warf einen raschen Blick über seine Schulter zum Eingang des großen Atriums und sah dann Jaxyn in die Augen. »Ein junger Mann nähert sich«, sagte sie warnend mit gesenkter Stimme. »Dunkles Haar, trägt eine kleine Krone.«
»Das wird Mathu sein, unser neuer König. Küss mich.«
Lyna tat es ohne Wenn und Aber, zu bewandert in der Kunst solcher Komplotte, um Wert auf Förmlichkeiten zu legen. Sie küsste ihn mit der ganzen Kunstfertigkeit, die ihr Beruf als Hure und mehrere tausend Jahre Übung ihr verschafft hatten. Es war schon sehr lange her, dass Jaxyn zuletzt mit Lyna geschlafen hatte. Ihr Kuss ließ ihn das ein wenig bedauern.
»Na, Ihr seid mir vielleicht ein stilles Wasser, Jaxyn Aranville«, rief Mathu aus.
Sie ließen voneinander ab, als der König vor ihnen stand. Lyna -ganz die versierte Schauspielerin – sah sehr beschämt aus, in so einer kompromittierenden Situation erwischt zu werden. Jaxyn fuhr auf und sah beiseite, als wäre er unaussprechlich verlegen.
»Gezeiten, es tut mir unendlich leid, Euer Majestät …«
»Es gibt doch keinen Grund, sich zu entschuldigen«, sagte der junge Mann mit einem breiten Grinsen. »Kylia sagte mir, Ihr erwartet verwandtschaftlichen Besuch, da dachte ich mir, ich begrüße Eure Cousine persönlich. Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass Eure Cousine Euch so nahesteht.«
Hinterhältiges kleines Miststück, dachte Jaxyn und lächelte den König an. Diala musste dasselbe gedacht haben wie Jaxyn selbst, als man ihm mitteilte, dass eine Aleena Aranville im Atrium wartete. Vermutlich hatte sie Mathu in der Annahme hergeschickt, eine echte Cousine von Aranville wäre aufgetaucht und Jaxyn würde soeben als Hochstapler entlarvt.
»Ich bin mehr als nur die Cousine von Lord Aranville, Euer Majestät«, sagte Lyna, senkte züchtig den Blick und machte einen sittsamen Knicks. »Wir
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