Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
hatte, wenn man ein Königreich an sich reißen wollte. Natürlich vorausgesetzt, dass er Lyna wirklich trauen konnte, was noch abzuwarten blieb. Das Letzte, was er von ihr gehört hatte, war, dass sie sich auf dem Weg nach Elvere befand. Das konnte bedeuten, dass sie Arkady auf der Spur war oder aber auch, dass sie beschlossen hatte, sich mit Brynden zusammen zu tun. Letzteres hielt er jedoch für unwahrscheinlich. Brynden war ein selbstgerechter, unversöhnlicher Mistkerl. Lyna war in seinen Augen durch ihr früheres Metier als Hure unwiderruflich besudelt, auch wenn sie seit Jahrtausenden nicht einen Penny für ihre Gunstbezeigungen genommen hatte.
»Nein, Euer Gnaden. Nichts. Es gibt jedoch ein Sendschreiben von Lord Devale aus Port Traeker, der Euch zu Eurer Ernennung zum Fürsten von Lebec beglückwünscht und Euch seine ungebrochene Loyalität und Unterstützung zusichert.«
»Warum im Namen der Gezeiten sollte mich die Loyalität und Unterstützung von Devale interessieren?«
»Lord Devale ist unser Gesandter in Senestra, Euer Gnaden. Ich glaube, seine Gemahlin Lady Loriny ist außerdem eine Cousine der Desean-Familie.«
Aha, dann ergab das durchaus Sinn. Ungefähr einmal pro Woche erhielt Jaxyn eine ähnliche Mitteilung von irgendeinem Edelmann, von dem er noch nie gehört hatte und der ihm versicherte, ein loyaler Anhänger der Krone zu sein. Das hieß natürlich nicht, dass sie wirklich loyal waren, sondern nur, dass sie nicht mit Desean in einen Topf geworfen werden wollten. Der ehemalige Fürst von Lebec war als des Mordes Angeklagter gestorben und als Verräter wieder auferstanden. Sogar falls sie ihm heimlich Geld schickten, wollten diese Leute, dass die Öffentlichkeit glaubte, sie stünden felsenfest hinter dem neuen Fürsten von Lebec und unterstützten den Kurs des Königs vorbehaltlos. Alles andere wäre Hochverrat, und diese Männer waren tunlichst besorgt, nicht für Hochverräter gehalten zu werden – selbst wenn sie bis zum Hals in Verschwörungen steckten.
»Glaubst du, Devale weiß, dass Stellan noch am Leben ist?«
»Der Brief erwähnt Lord Desean überhaupt nicht.«
»Aber er ist der Anlass, da bin ich mir ganz sicher.« Jaxyn zuckte die Achseln und wandte sich wieder dem Stapel auf seinem Schreibtisch zu. »Setze einen Brief zur Unterschrift für mich auf. Schreib an Devale, der König weiß seine Unterstützung zu schätzen und hat nie an seiner Loyalität gezweifelt. Du weißt schon, was du schreiben musst … Gezeiten, wir müssen bestimmt schon zwanzig solcher Briefe verschickt haben.«
»Gewiss, Mylord. Was ist mit den restlichen Meldungen aus Lebec?«
Jaxyn seufzte erneut. Der Schreiber hielt die Briefe aus Lebec hoch, ein dickes Bündel Schriftstücke, jedoch nicht annähernd so groß und deprimierend wie der Stapel auf seinem Schreibtisch. »Ist irgendetwas Interessantes dabei?«
»Ich bin mir nicht sicher, was Euer Gnaden für interessant erachten.«
Verflucht seien diese elenden Viecher mit ihrem Verlangen, mir immer alles recht zu machen. Das erschwerte es manchmal ziemlich, eine klare Antwort aus ihnen herauszubekommen.
»Befindet sich etwas Unübliches in dem Stapel?«, änderte er seine Frage in der Hoffnung, eine brauchbare Antwort zu erhalten.
»Nur der Brief des Kerkermeisters von Lebec.«
»Was will er?«
Fleck durchwühlte die Briefe und zog das fragliche Schriftstück hervor. Er legte den Rest des Stapels auf dem Schreibtisch ab und öffnete den Brief. »Mein lieber Lord Aranville …«
»Ich will nicht, dass du mir den ganzen verdammten Brief vorliest. Sag mir einfach, was er will.«
Der Schreiber verstummte und überflog den Inhalt des Briefes. »Es scheint, der Kerkermeister wünscht zu wissen, wie mit Häftling zwei-acht-zwei zu verfahren ist.«
»Was ist so besonderes an Häftling zwei-acht-zwei?«
Der Canide las einige Sekunden lang weiter und schüttelte dann den Kopf. »Darüber sagt der Brief nichts, Euer Gnaden. Es heißt hier nur: ›Wie Euch bekannt sein dürfte, wird Häftling zwei-acht-zwei jetzt seit annähernd sieben Jahren nach dem Ermessen des ehemaligen Fürsten von Lebec gefangen gehalten. Bedingt durch das Hinscheiden des ehemaligen Fürsten würde ich gern Eure Absichten in Bezug auf die weitergehende Kerkerhaft dieses Mannes erfahren. Soll ich ihn weiter in Einzelhaft halten? Soll ich eine Gerichtsverhandlung anberaumen? Soll ich ihn freilassen?‹ Dann endet der Brief mit ›Ich hoffe, Eure Befehle in dieser heiklen
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