Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
Arkady waren gestern Abend zum Reden ins Schlafzimmer verschwunden. Bis die beiden Chamäliden bei Morgengrauen zu ihrem Wachtposten an den heißen Quellen aufbrachen, waren sie noch nicht wieder aufgetaucht. Sie nahm daher an, dass Declan schließlich bekommen hatte, was er wollte. Sie hoffte, dass er glücklich war, doch sie argwöhnte, dass sich die Dinge etwas zu leicht ergeben hatten, als dass sein Glück von Dauer sein konnte.
Genau genommen war es ja zwangsläufig vorübergehend, wenn man es genau bedachte. Denn Declan mochte jetzt unsterblich sein, aber Arkady war es nicht.
Natürlich änderte das nichts an der peinlich falschen Vorstellung, die Azquil über ihr Verhältnis mit ihrem ehemaligen Herrn zu haben schien. Tiji starrte Azquil an und stieß einen gereizten Seufzer aus. »Wie oft muss ich dir dämlichem Echsenkerl eigentlich noch erklären, dass Declan mein Freund ist … war? Ich hab nie mit ihm geschlafen und wollte das auch nie. Und er hat mich nie anders angesehen als …« Tiji zögerte und sagte dann, in der schmerzlichen Erkenntnis, dass es stimmte:»… als eine Sklavin. Er ist jetzt ein Gezeitenfürst, und er kann es mit jeder treiben, wie er will. Ich verspreche dir, darüber werde ich keinen Schlaf verlieren.«
»Aber seine Gegenwart bereitet dir solches Unbehagen …«
»Das kommt, weil er aus dem Nichts hier auftaucht und plötzlich … unsterblich ist. Und das bereitet mir kein Unbehagen, Azquil. Es bereitet mir Grauen!«
»Und deshalb willst du nicht mit mir kommen? Weil du dich vor einem früheren Herrn graulst? Gezeiten, es ist, als ob du noch eine Sklavin wärst.«
»Nein, bin ich nicht.«
»Bist du wohl, solange du dich noch nach den Wünschen deines Herrn richtest.«
Das war unfair. Und ein ziemlich unverfrorener Versuch, mit ihren Schuldgefühlen zu spielen. »Was? Du denkst, Declan will nicht, dass ich mit dir gehe?«
»Ich glaube nicht, dass er sich einen Kopf darum macht, ob du bei mir bist«, sagte Azquil. »Vielleicht freut er sich sogar für dich. Aber ich denke, dass es ihm wehtut, wie du ihn jetzt betrachtest.«
»Das kann ich auch nicht ändern. Er riecht wie ein Suzerain.«
Azquil nickte verständnisvoll. »Es ist ein Jammer. Jelidien ist ein sehr kalter Ort. Es wäre viel netter mit jemandem, der mir mein Bett wärmt.«
»Ach, deswegen wolltest du, dass ich mitkomme? Als Bettwärmer? Na, schönen Dank auch.«
Er beugte sich vor und züngelte ihr übers Ohr, dann blies er sanft auf die feuchte Stelle, was einen wohligen Schauer über ihren Rücken schickte. »Ich würde dich ebenfalls warm halten.«
Ungeduldig stieß sie ihn weg. »Du kriegst mich nicht rum, indem du mir einfach ins Ohr pustest, vergiss es.«
»Wir können aber doch ein bisschen Spaß haben, während ich es versuche«, sagte er.
»Gezeiten, du denkst immer nur an das Eine!«
»Stimmt nicht«, sagte er und setzte sich mit gekränktem Blick auf. »Ich denke viele tiefe Gedanken.«
Gegen ihren Willen lächelte Tiji. »Als da wären?«
»Ah … wie … zum Beispiel die beste Art, Flusshechte zu fangen.«
»Tja, das ist wirklich eine schwerwiegende existenzielle Frage.«
»Ich denke nach über … unzählige verschiedene Arten, sie zuzubereiten.«
»Wahrlich, du bist der Philosoph deines Volkes.«
Er grinste. »Wenn du mich liebtest, würdest du mit mir nach Jelidien kommen.«
»Wenn du mich liebtest, würdest du hier bei mir bleiben, Azquil.«
Das war nur so dahingesagt, doch sie verfielen beide in ein ungemütliches Schweigen. Obwohl sie nun die Gegenwart des anderen für eine Weile genossen hatten, hatte keiner von ihnen es bisher gewagt, anzudeuten, dass da mehr zwischen ihnen war als ein bisschen Spaß mit Mottengenuss.
Schließlich, nach einem unbeholfenen Schweigen, das sich viel zu sehr in die Länge zog, rutschte Azquil etwas näher und nahm ihre Hand. »Willst du wirklich, dass ich bleibe?«
»Ich will, dass du deinem Herzen folgst«, sagte Tiji. Damit kam sie der Frage, ob er sie liebte, so nahe, wie es ihr nur möglich war.
»Dann werde ich hierbleiben«, sagte er ohne Zögern. »Mit dir.«
»Aber du willst Jelidien sehen.«
»Dich will ich mehr.«
Sie wusste beim besten Willen nicht, wie sie darauf antworten sollte, also versuchte sie es gar nicht erst. Taten würden jetzt mehr als Worte sagen. Also küsste sie ihn, ihre Haut vor Lust flimmernd, als er sie in seine Arme nahm, und kribbelnd, als ob sie sich eine Motte teilten. Vielleicht war das die wahre Magie der
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