Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 3 - Der Palast der verlorenen Traeume
misstrauisch.
Loriny bekam keine Gelegenheit zu antworten, denn in diesem Augenblick kamen die Sklaven mit dem Essen. Sie hoben den Deckel vom Servierwagen, auf dem eine Auswahl an kaltem Fleisch und Früchten lag sowie eine Platte mit duftenden Käsesorten. Einen Augenblick später öffnete sich die Tür erneut, und eine Frau betrat den Raum. Sie trug ein Tablett mit einer Flasche Wein und drei Gläsern. Arkady musterte sie argwöhnisch. Sie war groß und dunkelhaarig, mit schönen exotischen Augen und einer schier unerträglichen Selbstgefälligkeit in der Ausstrahlung. Diese Frau war eindeutig keine Gesandtschaftsangestellte.
»Ihr hättet den Wein doch nicht selbst servieren müssen, Mylady«, schalt Loriny scherzhaft, als die Frau das Tablett auf einen Seitentisch stellte.
»Seid nicht töricht«, sagte die Frau mit einem Lächeln. »Als ich von Eurem Gast hörte, Lady Loriny, konnte ich es nicht erwarten, zu Diensten zu sein. Ich meine, man hat ja nicht jeden Tag Gelegenheit, die berüchtigte ungreifbare Arkady Desean kennen zu lernen.«
Arkady runzelte die Stirn. »Ihr scheint mir einen Schritt voraus zu sein, Mylady. Ihr wisst, wer ich bin, aber ich fürchte, ich kann das Kompliment nicht erwidern.«
»Oh, das tut mir leid, Arkady«, sagte Loriny verlegen. »Ich wusste nicht, dass Ihr einander noch nicht begegnet seid. Arkady Desean, dies ist … Lady Aleena Aranville. Sie ist die Cousine des neuen Fürsten von Lebec und seine Verlobte. Sie ist nach Senestra gekommen, um Euch zu suchen. Sie war es auch, die die Belohnung ausgesetzt hat.«
Ein Blick auf die künftige Lady Aranville, und Arkady wusste genau, wo sie stand.
Und wie vergeblich es war, dagegen anzukämpfen.
Loriny schien dies ebenfalls zu wissen. Sie schaute auf ihre Hände, unfähig, Arkady in die Augen zu sehen. »Es tut mir leid, Arkady. Aber mein Gatte ist dem König ergeben.«
»Und das bedeutet, dem Privatsekretär des Königs ergeben, meinem Verlobten«, lächelte Aleena. »Meine Freunde nennen mich übrigens Lyna.«
Arkady zögerte nur den Bruchteil eines Augenblicks. Jetzt konnte sie nichts mehr langfristig erschüttern. Lady Aranville hatte ihr durch die Preisgabe ihres wahren Namens soeben alles mitgeteilt, was sie über ihre Zukunft wissen musste. Sie lächelte die Unsterbliche an, fest entschlossen, ihr nicht die Befriedigung zu verschaffen, sie klein beigeben zu sehen. »Ihr habt Freunde?«
Loriny schnappte nach Luft. »Arkady …«
»Ach, Arkadys Manieren machen doch nichts, Mylady« sagte Lyna, den Blick auf Arkady geheftet, statt ihre Gastgeberin anzusehen. »Unsere frühere Fürstin hat ja nichts mehr als ihren Esprit. Und ich bewundere eine Frau, die sich nichts bieten lässt … zumal wenn sie unbewaffnet ist.«
Mieses Luder. Arkady hatte tatsächlich nichts in der Hand, um dieser Unsterblichen die Stirn zu bieten. Nichts Greifbares – außer der Kenntnis, die ihr Cayal über das verschafft hatte, was in Jelidien los war. »Wie geht es übrigens Eurem Liebhaber?«
»Lord Aranville geht es gut, danke. Er genießt es sehr, nun Fürst von Lebec zu sein. Und Privatsekretär des Königs.«
»Ich meinte Euren anderen Liebhaber. Kentravyon.«
»Arkady! Bitte!«, heulte Loriny entsetzt auf.
Lyna zuckte nicht mit der Wimper. Sie starrte Arkady lange an, als ihr die unverhohlene Kriegserklärung bewusst wurde. Ich kenne dich, sagte ihr Arkady damit. Ich weiß, wer du bist und was du bist, und hinter was du her bist.
»Ich bitte um Entschuldigung?«
»Kentravyon«, wiederholte Arkady. »Ich glaube, Ihr dachtet, er sei … Euch gegenüber erkaltet. Nun, Mylady, ich habe es aus zuverlässiger Quelle: Seine Brüder Cayal und Lukys waren unten, um ihn zu besuchen. Er ist beträchtlich … aufgetaut.«
Die Unsterbliche erbleichte. Arkady hatte keine Ahnung, ob sie die Dinge zum Besseren oder zum Schlechteren gewendet hatte, aber wenn diese Frau mit Jaxyn unter einer Decke steckte und nun wusste, dass Kentravyon wieder unter den Lebenden war, konnte diese Allianz sehr brüchig werden.
»Ich habe keine Ahnung, wovon Ihr sprecht«, sagte Lyna nach einer Schrecksekunde. Dann wandte sie sich an Loriny. »Mylady, bitte sagt Eurem Gemahl, dass ich seine Gastfreundschaft zu schätzen weiß, doch nun, da ich Lady Desean in meiner Obhut habe, müssen wir unverzüglich nach Glaeba aufbrechen. Wenn er so bald wie möglich alle Vorbereitungen dafür treffen könnte, wären ihm König Mathu und Königin Kylia sehr verbunden.«
Loriny
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